Seit vor vielen Jahren das Deutsch-Französische und das Deutsch-Polnische Jugendwerk begründet wurden, ist der AMJ bei beiden als Zentralstelle für die deutschen Jugendchöre geführt. Und ganz selbstverständlich gab es auch von Anfang an enge Kontakte zur Zentralstelle für internationalen Ensembleaustausch beim Deutschen Musikrat, heute Abteilung Musik beim Goethe-Institut.
Die Geschäftsstelle des AMJ ist also bestens informiert darüber, wie man Begegnungsveranstaltungen zwischen deutschen und ausländischen Jugendchören organisiert. Für viele bedeutet das ja zunächst einmal die Frage: Wie bekommen wir finanzielle Unterstützung? Das ist wahrlich kein einfaches Geschäft. Jedes Jugendwerk hat seine eigenen Richtlinien und Antragsprozeduren; und da, wo es keine spezielle Förderstelle gibt, ist wieder alles ganz anders. Und das Dumme ist: Wenn man als Chor seinen Antrag erst einmal eingereicht hat und es ist ein Fehler drin, dann ist der Antrag abgelehnt – und zwar in der Regel endgültig. Genau da hilft der AMJ. Er kennt die Regeln genauestens und kann Chorleiterinnen und -leiter oder Chororganisatorinnen und -organisatoren eingehend beraten. Es gibt eigens eine Stelle für eine Bildungsreferentin (Katrin Kleinschmit), die beim Weg durch den Paragraphendschungel hilft. Mindestens 4 Programmtage – Alter zwischen 12 und 26 Jahren – im Programm genau die richtige Mischung zwischen musikalischem Anspruch und Jugendbegegnung – alles wird erklärt, mitgeplant und in Antragsform gebracht. Völlig klar: Es geht hier nicht um die Organisation von Konzertreisen. Vielmehr wird eine Gelegenheit der beteiligten Jugendlichen auf beiden Seiten geschaffen, sich gegenseitig so gut wie möglich kennen zu lernen.
Für das musikalische Programm gibt’s Tipps, die eigentlich selbstverständlich sind: jeder Chor sollte nicht versuchen, unbedingt schon etwas aus der Musik des Partnerlandes vorführen zu wollen, sondern sein eigenes Land gut darstellen. So lernen beide die jeweils andere Kultur und Tradition kennen. In gemeinsamen Proben können dann beide vom anderen lernen. Und das geschieht mit vollem Respekt vor der Andersartigkeit des anderen! Das „Begleitprogramm“ sollte kein lästiges Beiwerk sein. Auch hier steht im Mittelpunkt, neue Informationen zu bekommen – in diesem Fall über Land und Leute, über Lebensumstände und Freizeitgewohnheiten der Partner. Deshalb ist es nicht nur sparsam sondern beste Grundvoraussetzung für interkulturelles Lernen, wenn die Gäste nicht etwa in der DJH oder gar im Hotel wohnen sondern in den Familien des jugendlichen Gastgeberchores. Aus vielen Erfahrungen weiß man beim AMJ, dass die Jugendlichen selbst großes Interesse an diesen persönlichen Begegnungen haben – leider müssen sie sich ab und an erst gegen die „nur“ musikalisch interessierten Erwachsenen durchsetzen.
Manchmal berichten Chorleiter/-innen von nicht erwarteten Problemen bei internationalen Begegnungen. Mauersbergers „Wie liegt die Stadt so wüst“ wurde in einem Konzert in Jerusalem nicht besonders freundlich aufgenommen, und es dauerte, bis die Deutschen merkten, dass es keine glückliche Wahl war, dieses Stück im Repertoire zu haben. Oder: Deutsche Gasteltern waren sehr erstaunt, als ein Gastchor mit wirklich bedürftigen Kindern vom Balkan sehr schöne Kleidung, „die unsere Kinder nur wenig getragen haben“, als Gastgeschenk ablehnten – ihr Ehrgefühl gebot ihnen das. Wären ihnen die Sachen offiziell als neu geschenkt worden, sie hätten sie gern genommen, so benutzt sie auch schon waren.
Um solche offenkundigen Pannen zu vermeiden, bietet der AMJ seit vielen Jahren spezielle Austauschprogramme für Chorleiter/-innen an. Sie wurden unter anderem mit Israel, Ungarn oder den USA durchgeführt. Eine Gruppe von deutschen Chorleitern und Chorleiterinnen fährt zunächst ins Partnerland. Dort trifft man sich 10–15 Tage lang mit Kolleginnen und Kollegen. Konzert- und Probenbesuche stehen auf dem Programm. Ein Jahr später erfolgt ein Gegenbesuch. Während dieser Treffen können Begegnungsveranstaltungen von Chören ausgiebig vorbesprochen und geplant werden. 2008 beginnt wieder ein solches Chorleiter-Austausch-Programm – diesmal mit Lettland.