„Jugend musiziert“ und Pop-Musik. Bis vor einigen Jahren schienen die beiden Welten nahezu unvereinbar. Zumindest aus der Sicht der Erwachsenen, die den Regional-, Landes- und Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ planten. Die Jugendlichen hatten die Linie nie so streng gezogen, in ihren persönlichen Playlists lebten angesagte Titel aus der Rock- und Popmusik von jeher in friedlicher Ko-Existenz mit faszinierender Kammermusik. Nicht zuletzt aus der Politik wurde an „Jugend musiziert“ der Wunsch herangetragen, mit dem Wettbewerb auch ein möglichst breites Spektrum der Jugendkultur abzubilden. So diskutierten, prüften, verwarfen und entwickelten in intensiven Gesprächen und über viele Jahre hinweg die Verantwortlichen aller Wettbewerbsebenen ein Konzept, die Pop-Musik in die gewachsene Struktur von „Jugend musiziert“ zu integrieren.
Viele der Parameter, die in den „klassischen“ Kategorien von „Jugend musiziert“ eine Rolle spielen – stilistische Vielfalt, authentisches und ausdrucksvolles Musizieren, eine gute Bühnenpräsenz, handwerkliches Können – galten und gelten ebenso für das Musizieren im Pop-Bereich. Mit dieser Überzeugung im Gepäck und nicht zuletzt mit den positiven Erfahrungen, die im Rahmen einer mehrjährigen Pilotphase in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin gewonnen worden waren, fand die Pop-Literatur Eingang in die Solisten-Abteilung von „Jugend musiziert“: gesungen, gespielt auf der Gitarre, dem Bass oder dem Drum Set.
Seither werden die Beiträge aus der Pop-Musik bei den Preisträgerkonzerten ebenso bejubelt wie die virtuos gespielten Werke anderer und früherer Musikepochen. Erst jüngst wieder, beim Bundeswettbewerb in Kassel be-trat nach einem Alte Musik-Ensemble eine Pop-Sängerin die Bühne und zog die Zuhörer mit zwei selbst geschriebenen Songs in ihren Bann.
Der Solist macht die Musik
In allen Bundesländern veranstalten die Landesausschüsse „Jugend musiziert“ nach dem Bundeswettbewerb noch einmal Konzerte für die Bundespreisträgerinnen und -preisträger ihres Bundeslandes. So auch Berlin, das in Sachen Pop-Musik seit 2010 insofern einen eigenen Weg geht, als dort das Konzert „Jumu rockt“ angeboten wird. In diesem Jahr sind es speziell die Kategorie „Gesang (Pop)“ und die nur im Berliner Landeswettbewerb veranstaltete Kategorie „Band (Rock und Pop)“. Zu hören sind dort Singer/Songwriter, Kinder-Bands, die Pop-Musik mit Klarinette, Cello und weiteren Instrumenten machen bis zu ausgewachsenen Rockgruppen. Auch hier spielt Selbstkomponiertes eine wichtige Rolle.
Die Einführung der vier Pop-Kategorien bei „Jugend musiziert“ war am Anfang begleitet von dem Wunsch, die Pop-Musik auf lange Sicht auch als Ensemble, vulgo: Band, zuzulassen. Gute Argumente sprachen bis heute dagegen: zum einen gibt es bereits eine Reihe hervorragender, etablierter und renommierter Band-Wettbewerbe, da wollte man sich, mit einer hohen Kompetzenz auf dem klassischen Parkett ausgestattet, vor dem Vorwurf des Dilletantismus auf dem der Pop-Musik schützen. Zum anderen war die Idee bestechend, dass der gute Sound einer Band nur dann entstehen kann, wenn die einzelnen Mitglieder der Band ihr Instrument virtuos beherrschen. Ohnehin spielen bis zu zwei Begleiter auch bei den Pop-Kategorien auf der Bühne eine Rolle.
Aber „Jugend musiziert“ lässt Spielräume zu. So kommt es also, dass sich in Berlin auch Bands mit bis zu acht Musikern am Landeswettbewerb beteiligen können und auch bei „Jumu rockt“ zu hören sind.
Wenn in Berlin Konzerte mit „Jugend musiziert“-Preisträgern veranstaltet werden, werden auch dort Beiträge der bekannten Kategorien mit denen aus der Pop-Musik gemischt. Aber, so Eva Blaskewitz, Geschäftsführerin des Landesausschusses Berlin, „ein Pop-Konzert hat natürlich eine andere Atmosphäre, wir veranstalten diese Konzerte in Clubs – dieses Jahr zum dritten Mal im SkyLiveClub, auf der Event-Etage des Musikhauses JustMusic. Es gibt da ganz andere technische Möglichkeiten, neben dem Tontechniker ist ein Lichttechniker im Einsatz, das Publikum kann wahlweise sitzen oder stehen, es gibt Getränke und Snacks. Die Stimmung dort ist einfach lockerer als in den üblichen Preisträgerkonzerten im Berliner Rathaus.“
Alles unter einem Dach
Dennoch ist es den Organisatoren ein Anliegen, „Jumu rockt“ unter dem Dach von „Jugend musiziert“ zu veranstalten. Dazu wird wird „Jumu rockt“ als Preisträgerkonzert von „Jugend musiziert Berlin“ präsentiert und auch mit dem Jumu-Logo gelabelt. Pressemitteilungen, Flyer, Einladungsschreiben und ausgelgete Info-Materialien vor Ort weisen ebenfalls darauf hin.
Ob es spießig ist, sich als Pop-Musiker mit einem Bundespreis bei „Jugend musiziert“ zu outen? Eva Blaskewitz hat dazu von den Berliner Pop-Musikern keine Rückmeldungen. Aber sie ist sicher, dass der Wettbewerb auch in diesem Bereich ein Motor für die musikalische Entwicklung sein kann. Hochwertige Sonderpreise speziell für die Pop-Kategorien, wie es sie beisielsweise im Bundeswettbewerb 2016 gegeben hat, können ein weiterer Ansporn sein. So wie eben auch der Auftritt in einem angesagten Berliner Club: 8. Juli, 19.00 Uhr, SkyLiveClub, Just Music, Oranienstraße 140-142, 10969 Berlin. Der Eintritt ist frei.