Die Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ vermittelt zahlreiche Bundespreisträgerinnen und -preisträger im Anschluss an die Wettbewerbsphase zu Konzertauftritten. Veranstalter vertrauenauf die Qualität der Teenager, die sie vor großem Publikum präsentieren. Die beiden Musiker im Alter von 14 und 11 Jahren haben heute bei uns zur Probe gespielt und wir waren hingerissen.“ – Da war er wieder, der Satz in einer Mail, der das Team der Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ regelmäßig schmunzeln lässt. Aber welche Geschichte steckt hinter solch einer euphorischen Mail?
Zunächst muss man wissen, dass der bundesweite Wettbewerb „Jugend musiziert“ nie als reines „Event“ geplant worden war, sondern vom Start weg Perspektiven mitdachte, die heute mit dem Begriff „nachhaltig“ bezeichnet werden. „Jugend musiziert“ erschöpfte sich also nicht in kunstvoller Organisation, Planung und Durchführung, auch wenn diese Bereiche mit allergrößter Sorgfalt in Angriff genommen wurden und werden. Schon allein die Tatsache, dass bis heute am Ende der Wettbewerbstage nicht einfach nur über „Gewinner“ und „Verlierer“ berichtet wird, sondern eine Ergebnisliste, die über Punkte, Prädikate und Preise informiert, ist ein Indiz für den unbedingten Willen, die im Wettbewerb erbrachte Leistung detailliert, und damit vergleichbar darzustellen und sie in öffentliche Wertschätzung zu überführen.
Als im Rahmen der 7. Generalversammlung des Deutschen Musikrates im Jahr 1962 die Einführung eines dreistufigen Muskikwettbewerbs für Jugendliche skizziert wurde, meldete das Bundesministerium für Familien- und Jugendfragen, wie es damals hieß, umgehend Interesse an, dieses Projekt zu fördern. 54 Jahre später ist daraus eine institutionelle Verbindung geworden, «Jugend musiziert» ist fester Bestandteil in der Abteilung 5 des Bundesjugendministeriums, es gehört zum Referat 502, „Jugend und Bildung“, Referatsleiter ist Peter Josephs. «Jugend musiziert» ist damit als pädagogisches Projekt auf höchster bundespolitischer Ebene dokumentiert, als gesellschaftlich und politisch anerkanntes Projekt gehört es zum Kanon kultureller Jugendbildung in Deutschland.
In jener denkwürdigen Generalversammlung wurden auch zum ersten Mal die Ziele des neuen Wettbewerbs formuliert: Verbesserung der musikalischen Ausbildung vor der musikalischen Berufsausbildung, Anregung für das eigene Musizieren, Förderung des musikalischen Nachwuchses, Auslese musikalischer Frühbegabungen“. Diese Ziele gelten bis zum heutigen Tag. Zu ergänzen wäre inzwischen noch das Schlagwort „Standortbestimmung“: Was kann ich, wie schneide ich im Vergleich zu anderen ab und, ganz wesentlich: Kann ich auf den Punkt das, was ich Zuhause monatelang geübt habe, auf einer Bühne und vor einer Jury, so gut oder gar so gut wie noch nie präsentieren?
Nach der Leistungsreise
Gewogen und für gut befunden, könnte man also in Abwandlung der bekannten Redensart sagen. Kinder, Jugendliche, ihre Eltern, die Lehrkräfte, alle, die sich auf den Wettbewerb „Jugend musiziert“ einlassen, werden mit Transparenz und Ermutigung belohnt, zumindest in den meisten Fällen. Für Monate taucht man ins Wettbewerbsgeschehen ein, denn zu absolvieren ist ein anspruchsvoller Parcours, bestehend aus Regional- Landes- und Bundeswettbewerb, ein Wechselbad aus Zufriedenheit, Ehrgeiz und Selbstkritik. Tröstlicher und anspornender ist es, wenn man als Ensemble bei „Jugend musiziert“ einsteigt. In Glück und Unglück ist man dann nicht allein. Mitte des Jahres endet die musikalische Leistungsreise, die mit der Anmeldung im November des Vorjahres begonnen hatte. Hier greift nun, was eingangs mit nachhaltig beschrieben wurde. Denn mit den Mitteln eines Wettbewerbs, nach Beurteilung, Aussprache und Bewertung, sind der aktuelle Leistungsstand und das Potenzial der jungen Musikerinnen und Musiker auf der Ergebnisliste abzulesen.Sie ist das brauchbarste Hilfsmittel, um im Anschluss an den Wettbewerb individuelle Förderangebote zu machen. Eine Vielzahl von Stiftungen und Institutionen hat sich „Jugend musiziert“ angeschlossen und bewegt sich zum Teil seit Jahrzehnten im Fahrwasser des Wettbewerbs. Die Zusammenarbeit mit ihnen ist vertrauensvoll und routiniert, die Förderungen für die Bundespreisträgerinnen und -preisträger bewegen sich mindestens auf dem Niveau, dem sich auch der Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ selbst verpflichtet hat.
Erfreulich oft melden auch neue Institutionen ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit „Jugend musiziert“ an. Besteht sie im Angebot eines Konzertauftritts als Solist mit einem Profiorchester, wird in den ersten Anbahnungsgesprächen deutlich, welches Renommee „Jugend musiziert“ bundesweit hat, auch wenn dem Bewerber natürlich zunächst nicht immer klar ist, wie „Jugend musiziert“ im Detail funktioniert. Ein hohes Niveau aller mitwirkenden Nachwuchsmusikerinnen und -musiker wird vorausgesetzt, die Qualität der Jurygremienarbeit ist unbestritten.
Experiment und Wagemut
Und doch gibt es ihn, den leisen Zweifel, der dem Anfang der Zusammenarbeit innewohnt. Und er ist nachvollziehbar. In dem Satz, mit dem dieser Artikel beginnt, klingt er an. Formuliert wurde er im vorliegenden Fall von einem Konzertveranstalter. Der hatte sich an die Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ gewandt und um Empfehlungen für ein Kammerkonzert gebeten. Neben der versteckten Info, die beiden sehr jungen Musiker, die ihm vorgeschlagen worden waren, zur Sicherheit einmal probespielen zu lassen, spricht jedoch vor allem eine ungeheure Begeisterung aus der Mail. Ja, „Jugend musiziert“ ist ein Amateurwettbewerb, es sind Schüler, deren musikalische Meisterschaft die Zuhörer immer wieder in Staunen versetzt, die aber andererseits gerade erst die ersten Schritte auf die großen Konzertbühnen setzen und sich eben bei Lampenfieber nicht wie ein Profi in eingeübte Techniken flüchten können. Vieles erleben und durchleben die jungen Leute zum allerersten Mal, und diese Frische ist es, die Zuschauer berührt und begeistert.
So geschehen in einem anderen Fall. Im vergangenen Jahr hatte sich das Kammerorchester der TU Darmstadt an die Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ gewandt, um im Bundeswettbewerb 2016 einen Sonderpreis zu etablieren. Er bestand aus einem Konzertauftritt als Solist mit dem Kammerorchester der TU.
Auf Vorschlag der Bundesjury erhielt den Sonderpreis die damals 14-jährige Antonia Hadulla aus Traunstein, die in der Altersgruppe III im Fach Kontrabass einen 1. Bundespreis mit Höchstpunktzahl erhalten hatte. Vor drei Wochen, am 18. März und am 19. März, wurde der Preis an zwei Abenden eingelöst. Unter der Leitung von Arndt Heyer spielte Antonia mit dem Kammerorchester das Concerto für Kontrabass und Streicher von Gordon Jacob. Ist es eine Überraschung, dass Stefanie Steinert im „Darmstädter Echo“ die schönsten Prophezieungen ausspricht?
„… man hat das Gefühl, dass Hadulla eins ist mit ihrem Instrument. Den Bass leicht zu sich gewandt, wiegt sie sich mit ihm. Mit anmutigem bis forschem Bogenstrich verzaubert die junge Solistin die Hörer mit Jacobs interessantem Werk, dessen Dunkelheit, aber auch Zartheit sie souverän mit geschmeidigem und immer wieder differenziertem Ton herausarbeitet. Großer Beifall ist der Lohn für die Jungstudentin des Mozarteums Salzburg, der eine große musikalische Zukunft bevorsteht.“
Dieses Schlüsselerlebnis führt im Falle des Darmstädter Kammerorchesters zu einer langfristigen Partnerschaft. Viele der seit langem bestehenden Kooperationen haben als wagemutiges Experiment begonnen. Die Struktur von „Jugend musiziert“ zur Entdeckung herausragender Musikerinnen und Musiker bewährt sich offenbar weiterhin. Allen unseren aktuellen und künftigen Kooperationspartnern dankt „Jugend musiziert“ für ihr Vertrauen.