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Die Vitalisierung des Musiklebens

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Zum 60. Geburtstag von JUMU
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Jugend musiziert! Sie musiziert mit großer Leidenschaft, sie musiziert auf einem Level, der für die Gründer*innen vor 60 Jahren noch außerhalb ihres Vorstellungsvermögens lag. Und sie musiziert zunehmend auch gemeinsam in einer Qualität, die für auf „einsame Spitze“ fixierte Anhänger*innen ausschließlich solistischer Exzellenz eher überraschend, wenn nicht gar provozierend daherkommen dürfte. Jugend musiziert auch in erfrischender kultureller Vielfalt, die der Wettbewerb zwar noch nicht umfassend, aber zunehmend vollständig abbildet.

Wenn wir also den schönen, weit über unser Jumu-Netzwerk hinaus bekannten Namen Jugend musiziert zurecht weitertragen und pflegen wollen, müssen wir uns fragen, welche Musik – oder neudeutsch – welche Musiken die Jugend bewegen, wo Jugend musiziert Zugänge, Öffnung, Weiterentwicklung und Qualitätssteigerung fördern kann. Und dies ganz ausdrücklich im Bewusstsein für ein kulturelles Erbe, das immer von Öffnung, Dialog und Veränderung gelebt hat,“ blickt Prof. Ulrich Rademacher, Vorsitzender des Projektbeirates und Vorsitzender der Bundes-Jury von Jugend musiziert zum Jubiläum auf den Status Quo des großen Nachwuchsmusikwettbewerbs Jugend musiziert.

Vor 60 Jahren begann die Erfolgsgeschichte

Zunächst war der Wettbewerb für die Orchester-Instrumente ausgeschrieben, um dem deutschen Orchester-Nachwuchs in der Nachkriegszeit wieder auf die Beine zu helfen. Dann kam die Kategorie Klavier hinzu, zunächst solistisch, aber mit der Perspektive, als Begleit- und Partner-Instrument die Kammermusik zu bereichern. Es folgte die Erweiterung um Schlagzeug, Zupfinstrumente und Gesang, zunächst klassisch, dann auch als Musical-Kategorie. Im Geiste der UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt wurde der Wettbewerb für so unterschiedliche Instrumente wie Baglama und Hackbrett geöffnet. Und schließlich kamen die Pop-Kategorien E-Bass, E-Gitarre, Schlagzeug und Gesang hinzu.

Einführung des Punkte-Systems und des Drei-Jahres-Turnus

Zu Beginn gab es in jeder Kategorie und Altersgruppe, in Region, Land und Bund nur jeweils eine*n Gewinner*in. Die Einführung des bis heute gültigen Punktesystems auf allen drei Wettbewerbsebenen schaffte Raum für eine unbegrenzte Anzahl an exzellenten Leistungen nebeneinander und damit auch die Basis für eine wertschätzende Beratung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Jurys. So kann jeder Musiker und jede Musikerin ganz individuell nach ihrer Leistung bewertet werden, denn die Juroren können unbegrenzt die gleiche Punktzahl vergeben. Die Teilnehmenden werden also nicht mehr gegeneinander bewertet. Einen weiteren großen Schritt bedeutete die Einführung des Drei-Jahres-Turnus in der Abfolge der ausgeschriebenen Instrumenten- und Ensemble-Kategorien. Er eröffnet den einzelnen Instrumenten und der Stimme jährlich wechselnde Möglichkeiten der Teilnahme wie zum Beispiel Solo, Duo oder mit größerem Ensemble. Er entpuppte sich trotz größter Befürchtungen seitens einiger Hochleistungsfreaks nicht als der Anfang vom Ende der Exzellenz für das Solospiel – vielmehr entfesselte er eine enorme Leis­tungssteigerung in der Kammermusik.

WDR 3 Klassikpreis der Stadt Münster

Als Anschlusswettbewerb wurde vor 34 Jahren der WDR 3 Klassikpreis der Stadt Münster vom Westdeutschen Rundfunk und der Stadt Münster gestiftet. Er wird für die beste Interpretation eines Meisterwerkes der erweiterten deutsch-österreichischen klassischen Tradition verliehen.

WESPE und Jumu open

2007 wurde Jugend musiziert dann um den Anschluss-Wettbewerb WESPE, als Abkürzung für das sogenannte WochenEnde der SonderPreisE, erweitert. Das Wochenende bietet Raum für Neues, Unerhörtes und besonders Förderungswürdiges. Dazu zählt beispielsweise die Herausforderung, ein anspruchsvolles klassisches oder zeitgenössisches Werk in voller Länge vorzutragen, die Interpretation eines Werkes der klassischen Moderne, einer Komponistin, der verfemten Musik, einer Uraufführung oder die Präsentation eines selbst komponierten Stückes.

Die Einführung von „Jumu open“ orientierte sich an Gedanken wie: Was musiziert eigentlich die Jugend? Was würde die Jugend spielen, wenn man sie ließe? Wer würde sich angesprochen fühlen, wenn auch Elemente aus anderen Künsten, etwa von Tanz oder Malerei, willkommen wären? Jugend musiziert hat wertvolle, wegweisende neue Standards für Qualität in der künstlerischen Darstellung und der pädagogischen Arbeit gesetzt. Aber nicht ewig können die „Alten“ der Jugend zeigen, wo die Zukunft ist. „Jumu open“ ist ein Beispiel dafür, wie Jugend musiziert diese Balance meistert.

Die drei Ebenen und ihre jeweilige Bedeutung

Jugend musiziert konnte und kann seine prägende und das Musikleben in Breite und Spitze vitalisierende Wirkung nur als Wettbewerb erzielen, der in den Regionen zunächst den Akzent auf ein Begegnungsfest der musizierenden Jugend legt, der Kinder und Jugendliche, die die gleiche Leidenschaft teilen, zusammenführt und die Lebendigkeit der Musikszene vor Ort feiert. Der Leistungs- und Auswahl-Aspekt sollte erst auf der Landesebene an Bedeutung gewinnen. Der Bundeswettbewerb, das WESPE und der Kammermusikkurs offenbaren Spitzenleis­tungen und Förderperspektiven auf nationaler Ebene. In Zukunft wird es vor allem darauf ankommen, die regionale Ebene zu stärken und zu motivieren. Nur mit einer hochmotivierten Basis wird Jugend musiziert den Humus kultivieren können, auf dem immer wieder faszinierende Spitzenleis­tungen gedeihen und ein Musikleben ermöglichen, das von einem erwartungsfrohen, begeisterungsfähigen und kenntnisreichen Publikum getragen wird. Der Wettbewerb in den drei Ebenen von Jugend musiziert wurde von Beginn an ermöglicht durch die öffentliche Förderung durch Kommunen, Länder und Bund – hier in der Verantwortung des Bundesministeriums für Familien, Soziales, Frauen und Jugend – sowie die private Förderung durch die Sparkassen-Finanzgruppe, auf die sich Jugend musiziert bundesweit auf allen drei Ebenen verlassen kann. Institutionen, Unternehmen, Stiftungen – stellvertretend sei hier die Deutsche Stiftung Musikleben genannt – stiften attraktive Sonderpreise, die neben der „ideellen“ Anerkennung der musikalischen Entwicklung der Preisträger*innen kräftigen Schub verleihen.

Die deutschen Schulen im Ausland

Jugend musiziert ist nicht nur durch das weite Spektrum seiner Kategorien und Teilnahmemöglichkeiten von kultureller Vielfalt geprägt. Durch die Einladung der deutschen Schulen im europäischen Raum zur Teilnahme an Jugend musiziert – eingeschlossen die Mittelmeerländer Türkei, Israel, Palästina und Ägypten – gewann der Wettbewerb auch eine europäische und internationale Dimension. Jugend musiziert hat gegenüber Corona erstaunliche Resilienz bewiesen – mit Überzeugungskraft, Motivation, Leidensfähigkeit, kreativen Lösungen, Begeisterung und schließlich mit Liebe zur Musik und den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen. So konnte beim Bundeswettbewerb in Oldenburg das eigentlich ganz „Normale“ – also lebendige Musik in Echtzeit vor lebendigem Publikum und präsenter Jury, gepaart mit einem Fest der Begegnung – zur Sensation werden, die große Emotionen hervorrief. Und jede Menge Vorfreude auf das Jubiläumsjahr. 

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