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Drei Personen vor einem Marimba. In der mitte die kleinere Antonia Körber in schwarzem Hemd und Mallets in beiden Händen. Rechts von ihr in blauem Hemd und ebenfalls mit Mallets Florenz Richter und links ihr Lehrer, Gregor Daszko. Im Hintergrund ein Jugend musiziert Aufsteller.

Dr. Gregor Daszko mit dem Schlagzeug-Duo Antonia Emilia Körber und Florenz Richter aus Gärtringen beim BW Jugend musiziert in Lübeck 2024 Fotos: Oliver Borchert/Jumu/DMR

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Ein Wettbewerbsjahr aus der Sicht eines Instrumentallehrers

Untertitel
Welche Eigenschaften sollten Kinder mitbringen, wenn sie an Jugend musiziert teilnehmen möchten?
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Dr. Gregor Daszko ist Musikpädagoge, Schlagzeuger und Perkussionist und hat als Solo-Schlagzeuger und Solo-Pauker unter anderem beim Stuttgarter Kammerorchester gearbeitet. Seit zwei Jahren leitet er die Städtische Musikschule in Altensteig und unterrichtet noch an seiner privaten Musikschule in Herrenberg. Seit vielen Jahren bereitet Gregor Daszko Schülerinnen und Schüler auf den Wettbewerb Jugend musiziert vor, war dort als Juror auf allen drei Ebenen tätig und seit zwei Jahren im Team des Bundeswettbewerbs in der Urkundenabteilung.

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Deutscher Musikrat (DMR): In welchen Funktionen sind Sie bei Jugend musiziert tätig?

Gregor Daszko: Seit 1996 bereite ich Schüler:innen auf Jugend musiziert vor. Dann habe ich beim Regionalwettbewerb und beim Landeswettbewerb als Juror mitgewirkt und beim 50. Bundeswettbewerb in Nürnberg kam ich zur Bundesebene, in die Bundesjury. Seit zwei Jahren, seit dem Bundeswettbewerb in Oldenburg, bin ich in der Urkundenabteilung tätig. Wir sammeln die Ergebnisse, überprüfen, ob alles richtig und nachvollziehbar ist. Dann erstellen wir die Urkunden, drucken sie aus und bringen sie zur Urkundenübergabe.

DMR: Wie kommt es zu einer Teilnahme eines Schülers oder einer Schülerin bei Jugend musiziert? Sprechen Sie als Lehrer die Schüler:innen an und schlagen vor, dass sie teilnehmen sollen, oder kommen Eltern oder Schüler:innen auf Sie zu?

Daszko: Es gibt beide Wege. Ich schaue mir die Schüler:innen daraufhin an, ob sie zum Wettbewerb passen. Meiner Einschätzung nach ist nicht jede:r Schüler:in geeignet. Man muss viel Ausdauer haben und leistungsbereit, aber auch ein wenig leidensfähig sein. Die Schüler:innen müssen dazu motiviert sein, beim Wettbewerb mitzumachen, auch mental. Ich habe auch Schüler:innen, die ich mir beim Wettbewerb nicht vorstellen kann. 

DMR: Gibt es Eltern, die unbedingt möchten, dass ihr Kind am Wettbewerb teilnimmt, Sie das aber gar nicht befürworten?

Daszko: Ja. Ich sage dann aber nicht einfach, dass es nicht geht oder dass das Kind nicht geeignet ist, sondern ich nenne die Voraussetzungen, die für eine Wettbewerbsteilnahme gegeben sein müssen. Dann stellen die Eltern entweder selbst fest, dass das für den Sohn oder die Tochter nicht passt. Oder ich spreche mit dem Kind und erläutere ihm, was eine Wettbewerbsteilnahme bedeutet. Man muss wirklich regelmäßig üben und regelmäßig am Unterricht teilnehmen. Wenn das Kind mehrere Instrumente spielt oder mehrere Sportarten betreibt, dann frage ich nach den Prioritäten. Ich möchte nicht, dass das Kind mit allem aufhört, aber es muss Prioritäten setzen, etwa wenn es zu einer Terminkollision kommt. Was passiert, wenn ein wichtiges Spiel mit der Fußballmannschaft ansteht und gleichzeitig ein Auftritt mit dem Musik-Ensemble? Was ist dann wichtiger? Solche Verhältnismäßigkeiten muss man schon am Anfang klären.

DMR: Geben Sie, wenn Sie Ihre Schüler:innen auf den Wettbewerb vorbereiten, zusätzliche Unterrichtsstunden oder findet die Vorbereitung in dem normalen Stundendeputat statt?

Daszko: Der Umfang ist unterschiedlich, auch der Zeitaufwand. Wir treffen uns aber auf jeden Fall zusätzlich. Es bleibt nicht bei dem regulären Unterricht. Je dichter am Wettbewerb, desto notwendiger sind die Zusatztermine und auch Auftritte. 

DMR: Gibt es vor jeder Wettbewerbs­ebene Zusatzstunden?

Daszko: Ja, auch noch vor dem Bundeswettbewerb, obwohl natürlich das Programm mehr oder weniger wasserdicht ist. Aber es gibt immer etwas, was man noch verbessern kann oder wo ich noch irgendwelche Tipps geben kann. Die Kinder sind in ständiger Entwicklung.

DMR: Spielen die Teilnehmer:innen das ganze Jahr über das gleiche Programm? Bei allen drei Wettbewerbs­ebenen?

Daszko: Ja. Ich versuche aber immer, nach jeder Wettbewerbsebene noch etwas anderes zu spielen. Drei bis vier Wochen vor der nächsten Ebene wird dann das Wettbewerbsprogramm noch mal aufgerollt. Meine Schüler:innen, die bei Jugend musiziert in der Ensemblewertung spielen, spielen zudem auch noch ein Solo-Programm. Wir hatten zum Beispiel in diesem Jahr vier Wochen nach dem Bundeswettbewerb einen internen Musikschulwettbewerb, bei dem sie dann mit ihrem Solo-Programm auftraten.

DMR: Sie hatten eben gesagt, dass Sie auch versuchen Auftragsmöglichkeiten zu schaffen, also Konzerte vor dem Wettbewerb.

Daszko: Wir organisieren Vorspiele, quasi als Generalprobe für den Wettbewerb und bei Anfragen nach musikalischen Umrahmungen schicke ich vor allem die Wettbewerbsanwärter hin, damit sich die Kinder schon öffentlich mit ihrem Programm präsentieren können und daran gewöhnen können, auf der Bühne zu stehen und vor anderen zu spielen.

DMR: Wie werden die Zusatzstunden finanziert? Durch die Musikschule oder durch die Eltern?

Daszko: Die Wettbewerbsvorbereitung gehört zu den Aufgaben einer Musikschullehrkraft. Ich habe an unserer Musikschule eingeführt, dass eine Lehrkraft eine Monatsstunde zusätzlich bekommt, wenn sie eine:n Schüler:in für Jugend musiziert vorbereitet. Das ist eine freiwillige Leistung der Musikschule, mit der ich die Lehrkräfte zusätzlich motivieren möchte, Schüler:innen für den Wettbewerb vorzubereiten. In der Regel machen das die Lehrkräfte, die sich sowieso schon stark engagieren. Man kann niemanden dazu verpflichten.

DMR: Begleitet die Lehrkraft sein:e Schüler:in auch zu den Wettbewerben?

Daszko: Ja, es gehört dazu, dass man die Schüler:in bei den Wettbewerben betreut, besonders in meinem Fall beim Schlagzeug. Da ist die Logistik immens wichtig. Der richtige Aufbau der Instrumente ist die halbe Miete. Und so muss ich ein Auge darauf haben, wie die Instrumente aufgebaut werden, auch mit welchen Schlägeln die Schüler:innen spielen, mit weichen, schweren, leichten und so weiter. Wenn man dann bei dem Akus­tiktest im Wertungsraum feststellt, dass die Akustik ganz anders ist, dann muss man andere Schlägel nehmen oder anders anschlagen. Oder die Balance zwischen tiefen und hohen Tönen anders umsetzen. Dann muss der Lehrer Tipps geben.

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