Banner Full-Size

Erfahrungen im internationalen Konzertbetrieb

Untertitel
Die EMCY bleibt auch in Pandemiezeiten aktiv
Publikationsdatum
Body

Eigentlich wollte die EMCY (European Union of Music Competitions for Youth) ihr 50. Jubiläum im Jahr 2020 so richtig feiern. Grund genug gab es: Was Eckart Rohlfs, damals Projektleiter des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“, 1970 mit einigen sehr engagierten Gleichgesinnten in Europa aus der Taufe gehoben hatte, hat sich im Lauf der Jahrzehnte zu einer großen Gemeinschaft von nationalen und internationalen europäischen Jugendmusikwettbewerben entwickelt.

Ein bisschen magisch sei der Start gewesen, schreibt Rohlfs in der Jubiläumsbroschüre. Die ersten Schritte wurden ohne Statuten, ohne Gremien und auch ohne Finanzierung gemacht. Heute vereint die EMCY zahlreiche nationale und internationale Jugendmusikwettbewerbe aus ganz Europa. Viele junge Musikerinnen und Musiker haben davon profitiert, nahmen an Wettbewerben in anderen Ländern teil, wurden zu Konzerten über ihre eigenen nationalen Grenzen hinaus eingeladen, lernten bei international besetzten Kursen neue Freunde und Freundinnen kennen – und erfuhren nicht nur theoretisch, dass Musik völkerverbindend ist und auch über Sprachgrenzen hinaus Kommunikation ermöglicht. Wann wäre das wichtiger gewesen als heute!

„Eigentlich“ also… Corona machte ein Fest vor Ort unmöglich. Die EMCY hat sich aber nicht ins Schneckenhaus zurückgezogen, obwohl natürlich gerade weite Reisen zu Konzerten, Kursen, Begegnungen ausfallen mussten. Das Netzwerk aber hat Bestand: online traf sich das board der EMCY regelmäßig, auch die Vertreter der Mitglieder, die über den Stand der Dinge in ihrem Land informierten: Wettbewerb abgesagt, per Video realisiert – oder sogar in Präsenz unter Einhaltung diverser Hygieneregeln durchgeführt. Information, Austausch, gegenseitige Unterstützung gehört auch zu den Zielen der EMCY.

Über die Projekte der einzelnen Mitglieder hinaus, zu denen junge Musikerinnen aus anderen Ländern eingeladen werden, hat die EMCY – mit ihrer sehr rührigen Generalsekretärin Sophie Duhnkrack bis 2021 und ihrer nicht minder engagierten Nachfolgerin Manuela Matran – diverse eigene Projekte entwickelt und für die Finanzierung gesorgt.

„Brandnew“ heißt eines dieser Projekte: Hier wird der Frage nachgegangen, wie die jungen Preisträgerinnen und Preisträger von heute auch in 20 Jahren noch ein Publikum haben. Ziel ist es, innovative und digitale Konzertformate zu entwickeln.

Ein anderes Projekt heißt „Musical Storytelling“. Es hat sich eine inklusive europäische Gesellschaft auf die Fahnen geschrieben. Oft hören die jungen (privilegierten) Musikerinnen und Musiker von Menschen am Rand der Gesellschaft, von Benachteiligten, Migranten oder Geflüchteten oder auch Menschen mit Behinderung, haben aber wenig Chancen für persönliche Begegnungen. „Storytelling“ will solche – musikalischen – Begegnungen ermöglichen und damit das (Kennen)lernen von Menschen, die um ihre gesellschaftliche Teilhabe kämpfen müssen. Zuletzt fanden Begegnungen in Litauen und Luxemburg statt.

Ganz aktuell hat die EMCY gemeinsam mit der UGDA Music School Luxemburg die „Discover Music Tour“ (DMT) organisiert. Hier werden Preisträger/-innen aus verschiedenen Ländern zusammengebracht, um – teils solistisch, teils als Ensemble – ein Konzertprogramm zu erarbeiten und damit durch mehrere Länder, vor allem Luxemburg und Deutschland zu touren. Neben der musikalischen Begegnung machen die Spieler/-innen auch Erfahrungen im internationalen Konzertbetrieb. Am 1. März 2022 starteten Nicole Biegniewska aus Schweden (Violine), Xinyue Gao aus China (Klavier) und die deutsche Cellistin Lea Reutlinger ihre Tour, die Konzerte in Luxemburg, Köln und Iserlohn umfasste. Neben Solostücken spielten die drei gemeinsam Klaviertrios von Dmitri Schostakowitsch und Sergei Rachmaninow.

Sie habe an einem Wettbewerb in Luxemburg teilgenommen, berichtet Lea Reutlinger, und sei anschließend zu diesem Projekt eingeladen worden. Für sie neu war, dass die kammermusikalischen Werke ohne Lehrer einstudiert wurden, so dass alle Beteiligten, die sich vorher gar nicht kannten, mitreden mussten und durften. „Das war auf jeden Fall eine neue Erfahrung. Es war sehr bereichernd, weil man lernen konnte, das selbst zu erarbeiten. Jeder konnte sich einbringen, es ist etwas anderes, als wenn man so ein Werk mit einem Lehrer erarbeitet. Jetzt kam alles nur von uns. Das muss man erst lernen, aber es hat sehr gut funktioniert“, berichtet Lea Reutlinger. Die Konzerte jedenfalls waren sehr erfolgreich. „Es hat sich im Lauf der Konzerte auch noch etwas entwickelt“, berichtet die junge Cellistin. Die drei Musikerinnen werden weiterhin Kontakt halten – und wer weiß – vielleicht auch wieder miteinander Musik machen.

Einige der Konzerte waren der Ukraine gewidmet. Das Motto, das Paul Scholer, seit vielen Jahren Präsident der EMCY und Leiter der UGDA Music School, ins Programm schrieb: „Make Music, not War.“

Die EMCY hat sowohl Mitglieder in Russland als auch in der Ukraine. In diesen Tagen und Wochen sind die Gedanken der Verantwortlichen bei den Kolleginnen und Kollegen im Kriegs- und Krisengebiet. Und wir hoffen, dass Paul Scholers Worte Früchte tragen!

 

Print-Rubriken
Unterrubrik
Tags