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Auf dem Weg zum Wertungsspiel: Ronja Ramisch und Jana Morgenstern, die späteren Preisträgerinnen der Irino-Foundation. Foto: privat
Auf dem Weg zum Wertungsspiel: Ronja Ramisch und Jana Morgenstern, die späteren Preisträgerinnen der Irino-Foundation. Foto: privat
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Es hat gut geklappt

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WESPE-Wochenende der Sonderpreise in Freiburg
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Viele Wochen, ja Monate, hatte „Jugend musiziert“ das Ereignis geplant, und dann fand WESPE – Wochenende der Sonderpreise von Donnerstag, 16. September bis Samstag, 19. September tatsächlich statt, auf der Basis strenger Hygienevorgaben. Das gesamte mit den Planungen befasste Team war sehr gespannt, wie die umfangreichste WESPE aller Zeiten über die Bühne gehen würde, denn nicht zuletzt dank zahlreicher Sonderpreise im Gesamtwert von 32.000 Euro war der Zulauf der Teilnehmer*innen enorm: Rund 600 hatten sich für die Teilnahme beworben, etwa 300 Musiker*innen wurden schließlich zu WESPE 2020 zugelassen.

Einmalig hatte sich WESPE 2020 für Regionalpreisträgerinnen und -preisträger „Jugend musiziert“ mit 24 und 25 Punkten geöffnet, denn alle Regionalwettbewerbe hatten ja stattgefunden, bevor im März Covid-19 bundesweit und noch weiter alle Aktivitäten zum Erliegen brachte. Nach einer Bewerbungsphase im Juli und einer Prüfung der eingereichten Werke hatten rund 300 Musiker*innen eine Zulassung erhalten, flankiert von einem umfangreichen Hygienekonzept, dem zugestimmt werden musste, wollte man an WESPE teilnehmen. Auch harte Brocken beinhaltete dieses Konzept, denn weder Eltern, Geschwister noch Lehrkräfte durften die Gebäude betreten, in denen die Wertungsspiele stattfanden. WESPE war buchstäblich exklusiv offen für Nachwuchsmusikerinnen und –musiker.

Mit der Hochschule für Musik Freiburg und dem daran angegliederten Freiburger Institut für Musikermedizin (FIM) waren zwei Partnerinstitutionen gefunden, die ihr Know-how in den Dienst des Wettbewerbs stellten. Dennoch blickten die Organisatoren von WESPE am Donnerstag, 16. September, mit durchaus gemischten Gefühlen den ersten Teilnehmern entgegen, die sich dem Haupteingang der Hochschule näherten. Würde der akribisch aufgestellte Abhol-Zeitplan angenommen werden? Jede*r Musiker*in hatte ein Zeitfenster erhalten, zu dem er sich vor der Tür der Hochschule einzufinden hatte. Dort galt es, ein Kontaktformular auszufüllen, um dann, nach gründlichem Händewaschen, von einem Koordinationshelfer in den Einspielraum gebracht zu werden, während alle Begleitpersonen vor den Türen der Hochschule bleiben mussten.

Auch auf allen Wegen innerhalb der Hochschule und dem Ensemblehaus, dem zweiten Wertungsort, zwischen Einspiel- und Wertungsraum ebenso wie zu den Waschräumen und zurück wurden die Teilnehmer begleitet, Mund-Nase-Bedeckung war im ganzen Haus obligatorisch, nur auf der Bühne durften die Masken zum Musizieren abgenommen werden. Keineswegs galt die Maskenpflicht übrigens nur für die Teilnehmer*innen, auch die Jury und das 25-köpfige Helferteam bewegte sich mit Maske und in gebührendem Abstand zueinander in den Räumen.

Erstes Aufatmen am Ende des ers­ten Tags: Die Regelungen wurden von allen klaglos akzeptiert, ja mehr noch, sie wurden befürwortet, denn das Glück, endlich wieder live auf einer Bühne zu musizieren, hatte mehr Gewicht als über Hygieneregeln zu lamentieren.

Hygienisch sauber musizieren

Von Donnerstag, 16. September, bis Samstag, 19. September bewerteten sechs Jurygremien in sieben Kategorien insgesamt 157 Beiträge von Solist*innen und Ensembles mit bis zu 13 Personen. Auch dies eine Herausforderung vor dem Hintergrund einer zu vermeidenden Infektionsgefahr. Der technische Leiter der Hochschule Freiburg, Christof Burger, hatte mit seinem Team jedoch in den Wochen zuvor alle Veranstaltungsräume vermessen und mit Bodenmarkierungen versehen, was für die Platzierung der Ensembles und Instrumente sehr nützlich war. Überdies waren im gesam­ten Haus sogenannte CO²-Ampeln installiert, Messgeräte von der Größe eines Mobiltelefons, die die Qualität der Raumluft überprüften und mittels Leuchtanzeige die Lüftungsaktivitäten des Personals unterstützten. Auch in Dr. Manfred Nusseck, dem Leiter des Forschungsprojekts „Stimmliche und mentale Gesundheit für Lehrkräfte“ am FIM, der die Ampeln betreute, Messdaten sammelte und die Ergebnisse dokumentierte, hatte „Jugend musiziert“ einen umsichtigen und fürsorglichen Ansprechpartner.

Man hätte so sehr möglichst vielen Personen den Genuss echter, selbstgemachter Musik gegönnt. So waren es aber zunächst die Jurorinnen und Juroren, die zuhörten, bewerteten, bewunderten und diskutierten. Wie sehr auch die gestandenen Profis sich von den Leistungen der jungen Leute berühren ließen, sah man an zahlreichen leuch­tenden Augen und der üppigen Preisvergabe: 57 Beiträge wurden schließlich mit einem Sonderpreis ausgezeichnet, was auf insgesamt 134 Urkunden dokumentiert wurde. (Alle Ergebnisse unter www.jugend-musiziert.org)

Da die Personenzahl im Konzertsaal der Hochschule aufgrund der Hygienevorgaben gedeckelt werden musste und die Anzahl der auszuzeichnenden Musiker*innen hoch war, entschloss sich die Wettbewerbsleitung, am Samstagnachmittag zu zwei statt nur einem Abschlusskonzert, im Abstand von einer halben Stunde, um für ausreichend Lüftung zu sorgen. So fanden alle Sonderpreisträger*innen im Konzertsaal Platz und konnten von Mitgliedern der Jury ausgezeichnet werden. Beide Konzerte wurden – auch das eine Premiere – als live-Stream gesendet. Während im Saal hingebungsvoll konzertiert wurde und das Können der jungen Leute sich wie ein Zauber auf die Zuhörer*innen übertrug, saßen Eltern und Lehrkräfte vor den Türen der Hochschule und verfolgten auf Handy oder Laptop aufmerksam das gestreamte Konzert. Ihre Bereitschaft sich den Anordnungen zu beugen und ihren Kindern gleichzeitig die Selbstständigkeit zuzutrauen, WESPE „allein“ durchzustehen, verdient nicht nur höchste Anerkennung, sie symbolisiert andererseits auch die Idee von WESPE, nämlich ein/e autonome Künstler*in und mündige Interpret*in zu sein oder es doch zumindest zu wagen.

„Jugend musiziert“ muss sichtbar bleiben

„Jugend musiziert“ dankt allen Stifter*innen der WESPE-Sonderpreise, denen, die dem Wettbewerb seit Anbeginn mit der Vergabe ihres Sonderpreises Attraktivität verleihen, und ebenso denen, die 2020 ihren für den Bundeswettbewerb gedachten Sonderpreis für WESPE umwidmeten.

„Jugend musiziert“ dankt auch allen Jurorinnen und Juroren, die sich für dreieinhalb Tage in die künstlerische Klausur der Hochschule begaben, um die musikalischen Leistungen der WESPE-Teilnehmer angemessen zu würdigen. Und nicht zuletzt gilt der Dank auch dem Rektorat der Hochschule, Prof. Dr. Ludwig Holtmeier und Prof. Christoph Sischka, und den beiden Leitern des FIM, Prof. Dr. Claudia Spahn und Prof. Dr. Bernhard Richter, die mit ihrem Fachverstand „Jugend musiziert“ nach Kräften unterstützten und alle Verantwortlichen in ihrem Tun ermutig­ten. Für die Veränderung eines Parameters hat WESPE tatsächlich schon gesorgt: Aufgrund der Ergebnisse, die die Messungen der CO²-Ampeln in den Veranstaltungsräumen erbracht haben, wird das FIM die Häufigkeit der Lüftungspausen neu justieren.

Welches Fazit lässt sich darüber hinaus ziehen? Können die Erfahrungen bei WESPE womöglich sogar in Teilen hilfreich für die Durchführung von Regionalwettbewerben „Jugend musiziert“ 2021 sein? Die Auswertung steht erst ganz am Anfang. Klar ist, dass es auf eine neue Weise anstrengend wird, für alle. Vertraute Routinen müssen in Teilen verlassen oder zumindest hinterfragt werden. Gliechzeitig ist Gesundheit ein hohes Gut, das niemand leichtfertig aufs Spiel setzen will. Aber deutlich wird auch, dass alle bei „Jugend musiziert“ in der Verantwortung Stehenden gefragt sind, wenn alle wollen, dass „Jugend musiziert“ weiterhin sichtbar und hörbar bleibt. Wo jedoch so viele kreative Köpfe versammelt sind wie in diesem traditionsreichen Projekt wird es immens viele gute Ideen geben. Gehen wir’s also an, jetzt! 

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