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Haydns Klaviertrio als rauschendes Tanzfest

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Musikalischer Nachwuchs aus ganz Europa beim Euro Debut der EMCY
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Kleine Kinder überreichten die Blumen beim Euro-Debut in Marl und auch der Veranstalter Bruce Wadsworth freute sich über den hohen Anteil junger und jüngster Musikfreunde im Publikum. Rekordverdächtig ist das Euro-Debut, einem europäischen Kulturprojekt im idealtypischen Sinne: diejenigen, die hier ausgewählt wurden, gehören zum Besten aus der vielfältigen Wettbewerbslandschaft für den vorprofessionellen Musik-Nachwuchs aus ganz Europa, und das sind nicht weniger als etwas 50 Wettbewerbe – die Gesamtzahl der Teilnehmer geht weit in den Millionenbereich hinein.

Das in Marl geborene Euro-Debut hat sich mittlerweile zu einer Euro-Debut-Tour unter dem Motto „Young Musicians of Europe“ gemausert, der sich die Städte Münster, Bonn, Monheim, Iserlohn und Remscheid als weitere Aufführungsorte angeschlossen haben. 20 Jahre jung ist Joanna Kaniews ka aus Warschau. Sie ist begeistert, hier mit ihrem Alkemia Trio vor einem großen Publikum zu spielen, und staunt, wie das von der EMCY aufgebaute internationale Netzwerk für junge, hochbegabte Musikerinnen und Musiker durchorganisiert ist. Zusammen haben die drei Musikerinnen vom Alkemia-Trio schon in der Vergangenheit in Deutschland für Furore gesorgt, als sie sich bei den Internationalen Sommerkursen der Jeunesse Musicale in Weikersheim hervorragend profilieren konnten.

Beste Bedingunen

In Marl herrschen an diesem vorfrühlingshaften Sonntagnachmittag ideale Bedingungen, um das Beste zu geben: die drei Warschauerinnen sorgen mit Haydns Klaviertrio G-Dur – vor allem mit dem Rondo am Schluss – für eine echte Überraschung. Zwischen Haydns Affinität zum Balkan und dem osteuropäisch eingefärbten, jugendlichen Temperament dieses Trios entsteht eine derart zündende Chemie, dass man sich auf ein rauschendes Tanzfest versetzt fühlt – so viel impulsives, jubelndes Musikantentum kann für jeden Klassik-Musiker nur leuchtendes Vorbild sein! Auch in Schostakowitschs Klaviertrio Nr. 1 c-Moll scheint der Spaß immer mehr zuzunehmen, je akrobatischer die Herausforderungen für dieses junge Trio sind.

Etwas schwächer behauptet sich bei diesem Konzert die Oboistin Tatyana Malyarova aus Russland. Sie wurde dem schwärmerischen Gestus von Schumanns Romanzen op. 94 nicht wirklich gerecht; Antonio Pascullis Variationen über Verdis Sizilianische Vesper arteten zu einer etwas überspannt wirkenden Technikdemonstration aus, die allerdings das Staunen über die hohe, extrem präzise Virtuosität der jungen Musikerin lehrt. Sie wurde beim Internationalen Mrawinksy Wettbewerb für junge Bläser zur „besten russischen Oboistin“ gekürt.

Dennoch bleibt die Frage, ob die Wahl gerade eines solchen Stücks in die richtige Richtung geht, um interpretatorische Reife und damit beseeltes Musizieren zu fördern.

Aus Finnland kommt Lilli Maijala und sie spielt Viola. Und wie! Ihr vielfach preisgekröntes Spiel (Nordic Viola Competition, Helsinki, Viola Wettbewerb beim Europäischen Klassik-Festival Ruhr, diverse Kammermusikpreise) ist von Wärme und tiefer Empfindung durchglüht. Mühelos und geschmeidig machen ihre Finger auf dem Griffbrett alles, um der Musik zu dienen – das erstaunt bei einer Musikerin, die sich noch im Werden befindet.

Die Bundespreisträgerin von „Jugend Musiziert“, Lisa Schulz, war ihre profunde Partnerin am Flügel in einer durchdacht interpretierten Sonate von Johannes Brahms. Richtig stark erstrahlen, mitnehmen und aufwühlen konnte das Spiel der beiden nach der Pause in einem Rondo aus der Feder ihres einstigen Landsmannes Jean Sibelius. Weiter so!

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