Die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart war Ende Mai der Schauplatz des 49. Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“. Nach acht Tagen intensiven Musizierens auf hohem bis höchstem Niveau ging der Bundeswettbewerb am 1. Juni zu Ende.
Zufrieden blicken die Beteiligten zurück: „Wir sind mit hochgesteckten Erwartungen angereist. Schließlich sind wir in der Landeshauptstadt des ,Jugend musiziert‘-Vorzeigelandes, das vorbildlich in die musikalische Ausbildung investiert“, sagte Prof. Reinhart von Gutzeit, der Vorsitzende von „Jugend musiziert“. 2.251 Jugendliche hatten sich über 19 Landeswettbewerbe für die Bundes-ebene qualifiziert, auf Regionalebene waren im Januar dieses Jahres 21.778 Kinder und Jugendliche gestartet. Ausgeschrieben waren 22 Instrumental- beziehungsweise Vokalkategorien. Im 49. Bundeswettbewerb beurteilten 160 Juroren, in 29 Gremien eingesetzt, insgesamt 4.000 Musikbeiträge. Zusammengenommen waren dies rund 500 Stunden Musik, die unter reger Beteiligung interessierter Stuttgarter und weiterer Zuhörer von Nah und Fern präsentiert wurden.
Trotz dieses insgesamt positiven Fazits machten die Verantwortlichen von „Jugend musiziert“ in diesem Jahr die Auswirkungen der verkürzten gymnasialen Oberstufen vieler Bundesländer aus: „In den höheren Altersstufen scheint die Schule so viel Platz im Leben der Jugendlichen einzunehmen, dass die musikalische Ausbildung an Priorität verliert“, so von Gutzeit. Noch gibt es keine belastbaren Zahlen, die diese Vermutung untermauern könnten, „Jugend musiziert“ ist jedoch nicht die einzige Institution, die diese Entwicklung mit Sorge betrachtet. Auch aus anderen Verbänden, die sich mit Jugendkultur und kultureller Bildung beschäftigen, sind ähnliche Bedenken zu hören.
Wie viel Raum für die Schule?
Zufrieden zeigten sich die Veranstalter dagegen mit dem Ablauf des Bundeswettbewerbs. Wie wichtig gute Rahmenbedingungen für die Teilnehmer sind, hob Prof. Reinhart von Gutzeit hervor: „Für viele Teilnehmer ist der Bundeswettbewerb das größte Ereignis ihres musikalischen Jahres.“ Dabei beschrieb er die Atmosphäre als frei von negativem Konkurrenzdenken. ,Jugend musiziert‘ gelingt es in besonderer Weise den hohen Leistungsanspruch mit einem menschlichen Umgang zu verbinden“, so von Gutzeit. Dazu zählt etwa das persönliche Beratungsgespräch mit der Jury. Sie bewertet nicht das musikalische Können der Jugendlichen, sondern hilft den Teilnehmern mit Tipps und Ratschlägen für ihre weitere musikalische Karriere.
Außerdem ist der Bundeswettbewerb regelmäßig ein Treffpunkt für junge Musiker aller Couleur. „Jugend musiziert“ motiviert sie, sich zu Ensembles zusammenzufinden, um gemeinsam zu musizieren.
Welchen Reiz das gemeinsame Musizieren hat, lässt sich auch an Zahlen belegen: Knapp die Hälfte aller Teilnehmer nahm in einer Ensemblekategorie teil. 125 Musikerinnen und Musiker hatten sogar für bis zu drei Kategorien ein Wettbewerbsprogramm erarbeitet. „Viele Jugendliche finden sich hier zusammen und teilen gemeinsam wichtige Erfahrungen. Sie lernen, dass es sich leichter im Ensemble gewinnt, gemeinsam aber auch negative Erfahrungen besser verarbeitet werden“, so ein Juryvorsitzender.
Zufrieden ist man auch über die steigende Qualität in der Musical-Wertung, die nun schon zum vierten Mal auf Bundesebene stattfindet. Sie erhält immer mehr Zulauf. 129 Teilnehmer verzeichnete der 49. Bundeswettbewerb hier. Verglichen mit 56 Teilnehmern im 46. Bundeswettbewerb 2009 in Essen ein gewaltiger Zuwachs.
Preisträger im Konzert
Abendlicher Höhepunkt ab dem 2. Wettbewerbstag waren die Konzerte in der Liederhalle. Den Auftakt bildete am 26. Mai das Begrüßungskonzert der Stuttgarter Philharmoniker unter der Leitung von Radoslav Szulc. Als besonderes „Bonbon“, Ansporn für andere und Belohnung für eine hervorragende Leistung im Bundeswettbewerb 2011, hatten die Philharmoniker den Pianisten Marcel Mok eingeladen, den Solopart im 3. Klavierkonzert C-Dur op. 26 von Sergej Prokofjew zu übernehmen. Marcel löste mit seinem Engagement einen Sonderpreis ein, den er im Vorjahr für seinen 1. Bundespreis erhalten hatte. Die folgenden Abende waren gefüllt mit bravourösen Leistungen eben erst gekürter Bundespreisträgerinnen und -preisträger, oder, wie im Falle der Soiree „Ausgezeichnet!“, mit Preisträgern aus Mitgliedswettbewerben der European Union of Music Competitions for Youth (EMCY). In den drei Preisträgerkonzerten am 28., 30. und 31. Mai stellten sich insgesamt 53 1. Bundespreisträgerinnen und -preisträger 2012 noch einmal mit Ausschnitten aus ihren Wettbewerbsprogrammen dem Publikum vor – ein Bruchteil der insgesamt 439 ersten Bundespreise, die an herausragende Musikerinnen und Musiker bei „Jugend musiziert“ 2012 vergeben worden waren. 586 von ihnen erhielten einen zweiten, 695 einen dritten Bundespreis. Dazu kam eine Anzahl attraktiver Geldpreise, die von Stiftungen, Privatpersonen, Firmen oder Organisationen zur Verfügung gestellt wurden.
Geldpreise für die besten
Den Anfang machte die Sparkassen-Finanzgruppe, Hauptsponsor von „Jugend musiziert“ und zudem Stifter des mit 5.000 Euro dotierten „Sonderpreises für Familienensembles“. Die 15-jährige Cellistin Natalie und ihr 17-jähriger Bruder Daniel Hahn aus Taufkirchen in Bayern und erfolgreich in der Kategorie „Duo: Klavier und ein Streichinstrument“ kamen in den Genuss dieses Preises. Im selben Konzert wurden auch die beiden traditionsreichen Preise der Deutschen Stiftung Musikleben verliehen: Den Hans-Sikorski-Gedächtnispreis in Höhe von 1.500 Euro „für die beispielhafte Interpretation des Werks eines lebenden Komponisten“ erhielt der 15-jährige Hornist Lukas Meyerolbersleben aus Kiel für das Werk „Les trois roses du cimetière de Zaro“ von Andrés Valero Castells. Den Eduard-Söring-Preis, ein Jahresstipendium in Höhe von 6.000 Euro erhielten Louise Wehr, Violine (15)/Alexander Vorontsov, Klavier (16) in der Kategorie „Duo: Klavier und ein Streichinstrument“. Überreicht wurden die beiden Preise von der Präsidentin der Deutschen Stiftung Musikleben, Irene Schulte-Hillen. Eine Übersicht über alle Sonderpreise und Stifter, darunter die Jürgen-Ponto-Stiftung, die Bundesapothekerkammer, die Vetter-Stiftung, die Union Deutscher ZONTA-Clubs, findet sich unter http://www.jugend-musiziert.org/bundeswettbewerb/ergebnislisten/stifter…
Edgar Auer, Projektleiter von „Jugend musiziert“, betonte die engagierte Unterstützung durch die Landeshauptstadt Stuttgart, allen voran die des Direktors der Stuttgarter Musikschule Friedrich-Koh Dolge, und die außergewöhnliche Qualität der Wertungsorte, deren Spektrum von Schulen über die Musikhochschule bis hin zu professionellen Konzertsälen reichte. Sie hätten optimale Voraussetzungen für die Wertungen geboten, die fast durchgängig sehr gut besucht gewesen seien.
Am 1. Juni endete der Bundeswettbewerb in Stuttgart. In einem Festakt wurden herausragenden Teilnehmern Sonderpreise, Stipendien und Förderungen verliehen. Der 49. Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ in Stuttgart wird für eine Reihe von Teilnehmern ein entscheidender Schritt in ihrer musikalischen Ausbildung gewesen sein.