Zum zweiten Mal nach 2000 unternahmen Bundespreisträger “Jugend musiziert“ auf Einladung der „Meerim Foundation“ eine Konzertreise nach Kirgistan. Im August 2002 nahmen die Pianistin Frederike Möller und die Geigerin Wiebke Corßen als deutsche Mitwirkende am Musikfestival „Stars of Issyk-Kul“ teil. Beide sind Preisträgerinnen “Jugend musiziert“ auf Landes- und Bundesebene. Hier ist ihr Reisebericht.
Zum zweiten Mal nach 2000 unternahmen Bundespreisträger “Jugend musiziert“ auf Einladung der „Meerim Foundation“ eine Konzertreise nach Kirgistan. Im August 2002 nahmen die Pianistin Frederike Möller und die Geigerin Wiebke Corßen als deutsche Mitwirkende am Musikfestival „Stars of Issyk-Kul“ teil. Beide sind Preisträgerinnen “Jugend musiziert“ auf Landes- und Bundesebene. Hier ist ihr Reisebericht. Ein Musikfestival in Kirgistan? Was hat man sich darunter vorzustellen und wo liegt das überhaupt? Für uns stellten sich noch viel mehr Fragen als wir das Angebot bekamen, als deutsche Delegation am Festival für Volks- und Klassische Musik „Stars of Issyk-Kul“ teilzunehmen.Durch die russische Delegation „Neue Namen“, die uns im Juli einen Aufenthalt in Russland verbunden mit der Teilnahme an Meisterkursen ermöglicht hatte, hatten wir von dem Festival erfahren. So lud uns die „Meerim Foundation“, eine kirgisische Stiftung, die sich für Kinder und Jugendliche einsetzt, mit ihrer Schirmherrin, Frau Akajewa, vom 3. bis 11. August 2002 zum ersten Musikfestival dieser Art in dem ehemals sowjetischen Staat ein.
Vorerst blieb diese Reise aber nur eine Idee, denn die Veranstalter kamen zwar für die Unterkunft, nicht aber für den Flug auf. Dank des Deutschen Musikrats, der uns unterstützte, und des freundlichen Entgegenkommens der kirgisischen Botschaft, die uns sofort mit Visa weiterhalf, flogen wir dann tatsächlich im August in das zehn Flugstunden entfernte Land zwischen Kasachstan und China.
Vor Beginn unserer Reise hatten wir keine Vorstellung davon, was uns erwarten würde und waren sehr überrascht, als sich herausstellte, dass es sich um ein richtiges Staatsereignis handelte. Schon am Flughafen wurden wir mit einem riesigen Banner willkommen geheißen und gleich in die Diplomatenlounge des Airports gebracht. Im Laufe der Woche bat uns die Schirmherrin zum Dinner, Fernsehinterviews mussten gegeben werden und als deutsche Delegation war es natürlich uns vorbehalten, bei Eröffnungs- und Abschlusszeremonie die deutsche Flagge auf die Bühne zu tragen. Zudem befand sich überall Security und unser Transport vollzog sich ausschließlich mit Polizeieskorte. Wir gaben ein Konzert in der Philharmonie in der Hauptstadt Bishkek, verbrachten den größten Teil der Woche aber am fünf Busstunden entfernten Issyk-Kul, einem 200 km langen See, umgeben von Bergen und Gletschern. Hier fanden noch mehrere Wohltätigkeitskonzerte und schließlich die Abschlussveranstaltung statt.
Wir trafen dort ein buntes Gemisch von Musikern aus aller Welt: Viele Musikerinnen und Musiker aus verschiedenen russischen Schulen, ein Duo aus Israel, eine Abordnung des Konservatoriums von Lausanne, ein italienischer Pianist, ein ungarischer Geiger, Tempeltänzerinnen aus Indien, eine malaysische Rockband, folkloristische Blumenmädchen aus Weißrussland, ein Sänger aus Aserbaidschan und eine Tanztruppe aus Kamerun. Gerade sie machten großen Eindruck auf uns „Klassiker“, weil sie solch eine spürbare Freude im Umgang mit ihrer afrikanischen Musik vermittelten.
Wir gewannen die Einsicht, dass in anderen Kulturkreisen Volksmusik einen viel höheren Stellenwert hat als bei uns. So gibt es beispielsweise in Indien spezielle Musikschulen, in denen die Kinder schon mit vier Jahren beginnen, sich ernsthaft mit der unnotierten Musik des indischen Volkstums auseinander zu setzen.
Wir trafen also eine Menge Leute, mit denen wir bis heute in Kontakt stehen, hatten Unterricht bei Pädagogen des Tschaikowsky-Konservatoriums, nahmen an interessanten Konzerten teil, rezitierten aus dem Land der „Dichter und Denker“ Eichendorff-Gedichte, übten am Klavier des hoteleigenen Kindergartens, überzeugten uns vom warmen Wasser des Issyk-Kul und hatten, weil unser Flug erst am folgenden Tag ging, die Möglichkeit uns am Ende der Woche vom Flair der Hauptstadt, die ihre sowjetische Vergangenheit (stalinistische Prachtbauten, breite Prospekte) mit einem asiatischen Lebensgefühl vermischt, bezaubern zu lassen. Wiebke spielte außerdem im ‚Interorchestra‘, zusammengesetzt aus Festivalteilnehmern, dessen kirgisischer Dirigent seine Mühe hatte, die Taktzahlen in alle Sprachen zu übersetzen, aber als er beim Konzert dann einen echten kirgisischen Volkstanz erklärte, war davon nichts mehr zu merken. Musik als Weltsprache eben.
Es bleibt die Erinnerung an ein Land voller Berge und einem tollen See, wir haben es nur bedauert, am Ende doch nicht auf einem Esel durch die Steppe geritten zu sein. Dafür hat jede von uns im Laufe dieser ziemlich ausgefallenen Reise neben neuen Freunden eine Duopartnerin gefunden, mit der es sich wunderbar Beethoven-Sonaten spielen lässt.