Auch in diesem Jahr hatten die Jurys beim Bundeswettbewerb in Lübeck und beim National-Wettbewerb in Peking wieder die spannende Aufgabe, unter den ersten Preisträger:innen diejenigen auszuwählen, die zu einem gemeinsamen Kammermusik-Kurs in die Musikakademie Kloster Michaelstein und zu zwei Konzertreisen in Deutschland und China eingeladen werden. Da musste nicht nur die Leistung passen, sondern auch Selbständigkeit, soziale Kompetenz und Alter. Dass die Instrumente dann auch noch interessante und in der knapp bemessenen Zeit mit Spielspaß einzustudierende Programme ermöglichen sollten, war vielleicht der anspruchsvollste Aspekt in der Vorbereitung. So musste zum Beispiel das ursprünglich geplante Forellenquintett mangels Kontrabass wieder aus dem Programm gestrichen werden.
Zehn Chinesen ohne Kontrabass
In diesem Jahr ergab sich mit der Auswahl der Preisträger ein seltener Schwerpunkt auf Kammermusik für Blasinstrumente. Dies hat für die Arbeit des Kammermusik-Meisterkurses ein anspruchsvolles Repertoire, wie unter anderem Klughardts Bläserquintett, mit den jungen Musiker:innen ermöglicht. Drei Solist:innen teilten sich die Violin-Solopartien in Bachs Doppelkonzert für Violine, Oboe, Streicher und Basso Continuo. Ein Fagottkonzert von Vivaldi stand ebenso auf dem Programm wie Duo-, Trio-, Quartett-Literatur für wechselnde Besetzungen. Besetzungen, die sich in dieser Konstellation vor Ort zum ersten Male begegneten. Bei einem gemeinsamen Museumsbesuch in Kloster Michaelstein konnten historische Instrumente wie Cembali, Hammerflügel, Traversflöten und ein Barockcello unter der fachkundigen und lebendigen Anleitung des Akademieleiters Peter Grunwald bewundert, gehört, und sogar ausprobiert werden. Überhaupt wandelten die jungen Musiker:innen auf musikhistorischen Pfaden: mit dem Besuch der Thomaskirche und des Bach-Museums in Leipzig ebenso wie dem Konzert im Mendelssohn-Haus in Leipzig, aber auch mit den beiden Open-Air-Konzerten zur Eröffnung des Beethoven-Festes Bonn.
Kammermusikalisch betreut wurde der Kurs von der Bratschistin Anette Slaatto, dem Geiger Prof. Helge Slaatto, dem Flötisten Prof. Dirk Peppel und Prof. Ulrich Rademacher für die Klavierkammermusik und die Einstudierung der Barockensembles. Die Teilnehmenden empfanden es als besonders bereichernd, die Lehrenden auch immer wieder als Mitspielende in den Ensembles zu erleben. Tagsüber trat man vor allem musikalisch in einen Dialog. Es war für die Betreuenden rund um die – nicht nur zweisprachig souveräne – Leiterin des Gesamtprojektes Ulrike Kniesner sehr schön zu beobachten, dass sich dieser Dialog in den Pausen und abends bei Fußball und Tischtennis fortsetzte.
Jugend musiziert dankte in den Grußworten zu den Konzerten allen Unterstützern und Förderern, an erster Stelle dem Auswärtigen Amt, das diesem Kultur- und Jugendaustausch auch innerhalb der neuen deutschen China-Strategie große Bedeutung zukommen lässt. Der Dank galt aber auch den Eltern der jungen Musiker:innen sowie den sprachlich, musikalisch und pädagogisch brillanten Übersetzer:innen für die tatkräftige Unterstützung!
Der deutsch-chinesische Preisträgeraustausch findet in diesem Jahr bereits zum neunten Mal statt. Die Verantwortlichen auf beiden Seiten befinden sich schon jetzt in der Planung für das kommende Jahr, in dem das 10-jährige Jubiläum des China Youth Music Competition selbst und der erfolgreichen Kooperation mit Jumu mit einigen besonderen Akzenten begangen werden soll. Geplant ist etwa ein besonderer Fokus auf die Förderung neuer Musik. Hier bietet ja Jugend musiziert – das Vorbild für den chinesischen Partnerwettbewerb – mit den WESPE-Sonderpreisen für die beste Interpretation eines eigenen Werkes oder eines für den Wettbewerb komponierten Werkes eine perfekte Vorlage. Diese könnte ergänzt werden durch die Einbeziehung von Instrumenten der traditionellen chinesischen Musik in Wettbewerb und anschließenden Austausch.
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