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30 Jahre Celloretrospektive

Untertitel
Philipp von Morgen und Laura Konjetzky mit zeitgenössischen Kammermusikwerken
Publikationsdatum
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Musik der letzten 30 Jahre für die Besetzung Cello und Klavier, gespielt von Philipp von Morgen und Laura Konjetzky, wird in der Versicherungskammer Bayern dargeboten.

Den Programmbeginn macht das 2010 geschriebene „Orion“ von Dorothee Eberhardt in drei Sätzen. Zentral für dieses Werk sind die Betonung wiederkehrender Elemente, weitgefasste, fast zerbrechlich wirkende Kantilenen und zwischendurch markante Rhythmik, wodurch eine formale Zusammengehörigkeit spürbar wird. Fast volkstümliche Elemente bringt Rodion Schtschedrins „Belcanto in the Russian Mode“ (2008) hervor, welchen er anlässlich des Geburtstags von Mischa Maisky komponierte. Mit sanfter Stimmung und edler Melodik avanciert der Belcanto zu einem Höhepunkt des Abends, immer wieder mit höchst interessanten Skalen und jähen Unterbrechungen der Ruhe durch das Klavier, wobei doch stets die formale Geschlossenheit zu vernehmen ist. Vor der Pause gibt es noch eine Uraufführung der heute zu hörenden Pianistin Laura Konjetzky, „Verwischte Spuren im düsteren Traum“. Hierbei handelt es sich um aneinandergereihte Stimmungsbilder minimalistischen Stils, die jeweils durch repetitive Motivauskostung gekennzeichnet und durch jähe Einschnitte voneinander abgegrenzt werden. 2012 schrieb Vladimir Genin sein „Interlude II: Adagio con sordino“. Das vergleichsweise traditionelle Werk besticht durch zarte Verträumtheit und schier endlose Kantilenen des Violoncellos. In innerer Hektik braust die Serenade op. 13 (1986) von Detlev Glanert auf, deren düstere Grundhaltung bestehen bleibt trotz kontrastierender, fast nocturnehaft lyrischer Passagen. Frei nach Bachs Präludium BWV 686 schuf Johannes X. Schachtner 2013 sein Relief Nr. 3 „ich schrei aus tiefer Not“ in handwerklich bemerkenswerter Gewandtheit, so dass er die Bachvorlage spürbar langsam aus dem Nebel in die Erkennbarkeit hervortreten lassen kann. „Fast Forward“ ist ein weiterer musikalischer Streich von Moritz Eggert, der seine Neigung zu skurrilem Ideenreichtum unter Beweis stellt. Alle möglichen Techniken und Effekte würfelt er quer durcheinander und lässt in scheinbarer Strukturlosigkeit immer abstrusere Einfälle folgen, bis die Pianistin am Schluss ihre Noten beim Umblättern vom Pult zu reißen und wild im Raum zu verstreuen hat. Als im Programm vermerkte Zugabe geben die Musiker noch die Uraufführung des 1989 geschriebenen „Ritual Encore“ von Sandeep Bhagwati, eine prägnante und hochvirtuose Miniatur von belebender Frische, rhythmischer Prägnanz und traditionell- urtümlichem Flair. Der musikalische Vortrag zeichnet sich durch Sachlichkeit und gewollte Distanz zu den aufwühlenden Gefühlswelten der Werke aus. Philipp von Morgen lässt einen atmenden Bogen spüren, hat eine gefühlvoll-zarte wie klare Tongebung – verbunden mit manch unsauberer Intonation. Selbstbewusst tritt Laura Konjetzky auf mit schnittigem Rhythmus, durchgehendem Marcatospiel, robuster Kontur und Härte.

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