Banner Full-Size

75 Jahre Tonkünstlerverband München

Publikationsdatum
Body

In diesem Jahr feiert der Münchener Tonkünstlerverband sein 75-jähriges Jubiläum und es ist sicher nicht zu viel gesagt, wenn man die Geschichte dieses größten Regionalverbands nicht nur Bayerns, sondern Deutschlands, als außerordentlich erfolgreich bezeichnet.

Die Vorgeschichte geht zurück auf das Jahr 1861. Damals wurde in Leipzig der „Allgemeine deutsche Musikverein“ gegründet; zu den Gründungsmitgliedern gehörte unter anderem der Komponist Franz
Liszt. Aus dieser Keimzelle aller heutigen deutschen Tonkünstlerverbände entstanden zunächst vier regionale Vereinigungen: in Dresden, Berlin, Hamburg und München. Sie schlossen sich 1874 zum „Verband deutscher Tonkünstlervereine“ zusammen. 1903 erfolgte schließlich die deutschlandweite Gründung des „Zentralverbands deutscher Tonkünstler und Musiklehrer“; der Begriff „Zentralverband“ wurde nach dem ersten Weltkrieg umbenannt in „Reichsverband“.

Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde dieser aufgelöst und die einzelnen Landesverbände in die „Reichsmusikkammer“ überführt.

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs erfolgte die Neugründung als „Verband deutscher Tonkünstler und Musiklehrer“ (VDTM); seit 1993 gilt die heutige Bezeichnung Deutscher Tonkünstlerverband (DTKV). Im Zuge dieser Neugründung des Bundesverbands entstanden auch nach und nach die einzelnen deutschen Landes- und Regionalverbände. So begann die Historie des Münchner Verbands fast unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der NS-Zeit: am 30. März 1946 initiierten Joseph Haas und Bertil Wetzelsberger die Gründung des Tonkünstlerverbands München. Erster Vorsitzender wurde der Dirigent Hans Rosbaud, seinerzeit Chefdirigent der Münchner Philharmoniker und erklärter Anwalt und bedeutender Interpret zeitgenössischer Musik.

Diese zu fördern, war von Anbeginn eines der zentralen Themen des Verbands; so hatte 1946 auch bereits das von Hans Mersmann und Wolfgang Jacobi gegründete und heute nach wie vor aktive „Studio für Neue Musik“ seine Arbeit aufgenommen und präsentierte neben Komponisten wie Hindemith, Reger, Bartok, Debussy und Strawinsky auch zahlreiche Uraufführungen.

Es blieb nicht bei dieser einen Konzertreihe: Im Rahmen des „Musikforum München“ entstanden weitere Reihen, die die Vielfalt des Münchener Musiklebens wesentlich bereicherten. Auf diese Weise wurden zudem zahlreichen Münchener Musiker*innen Auftrittsmöglichkeiten geboten, wobei bereits in den Fünfzigerjahren auch Werke von Komponistinnen aufgeführt wurden – also zu einer Zeit, als das noch alles andere als selbstverständlich war.

1948 wechselte Hans Rosbaud als Chefdirigent zum Südwestfunk-Symphonieorchester nach Baden-Baden; an seiner Stelle übernahm nun Heinrich Knappe, damals Professor für Dirigieren an der Musikhochschule, für die folgenden drei Jahre den Vorsitz.

Auf ihn folgten 1951 der Komponist Wolfgang Jacobi, der den Verband zehn Jahre leitete, und der Musikwissenschaftler Wilhelm Zentner, der sogar zwölf Jahre lang 1. Vorsitzender war; eine Zeit, in der sich der Verband weiter stabilisierte. Aus dem Münchener Musikleben war er nun schon lange nicht mehr wegzudenken und die Mitgliederzahl betrug 1961 bereits 732.

Die nun folgenden Jahre unter Fritz Büchtger (1973–75) und Peter Jona Korn (1975–79) brachten zeitweise diverse Unstimmigkeiten innerhalb des Vorstands, die zum Austritt vieler Mitglieder führten. Unter Günther Weiß (1979–83) und seinen Nachfolgern Kurt Christian Stier (1983–97); Richard Gartenmaier (1997–2003) und Gunther Joppig (2004–07) wurden diese Probleme allerdings wieder behoben und die Verbandsgeschichte verlief im Großen und Ganzen kontinuierlich.

Der aktuelle 1. Vorsitzende, Edmund Wächter, renommierter Flötist und Dozent, übernahm die Leitung im Jahre 2007. Allein die Tatsache, dass er nun bereits vierzehn Jahre den Verbandsvorsitz innehat (parallel dazu ist er auch Präsidiumsmitglied im Bundesverband deutscher Tonkünstler), zeigt bereits, mit welch hohem Geschick Edmund Wächter die Münchener Tonkünstler betreut. Die Mitgliederzahl stieg von 981 zu Beginn seiner Ägide auf aktuell 1275! Damit ist der Münchener Verband mit großem Abstand die mitgliederstärkste regionale Tonkünstlervereinigung Deutschlands.

Schwerpunkte der Tätigkeit von Edmund Wächter und seinen Vorstands­kolleg*innen sind zunächst die „klassischen“ Themen des Verbands: die Pflege der zeitgenössischen (nicht nur) bayerischen Musik, das soziale Engagement, die Instrumental- und Gesangspädagogik und das Veranstalten von Konzerten. All diese Themen wurden aber nicht nur einfach weitergeführt, sondern ausgebaut und durch neue Initiativen ergänzt. Vor allem die Jugendarbeit bekam einen wesentlich höheren Stellenwert. Zum Münchener Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“, der bereits seit 1965 vom Verband veranstaltet wird, kam 2015 das Jugendensemble für Neue Musik Bayern „JU[MB]LE“, das interessierten Jugendlichen Gelegenheit gibt, unter kompetenter Leitung neueste musikalische Werke und Bereiche kennenzulernen. Neben dem musikalischen Leiter Johannes X. Schachtner steuerten mittlerweile zahlreiche weitere jüngere Komponist*innen Werke für das Ensemble bei. Auch die Zahl der veranstalteten Jugendkonzerte für Schüler*innen der Verbandsmitglieder wurde kontinuierlich ausgebaut und liegt nun bei rund fünfzig Konzerten pro Jahr.
Ein weiteres Grundthema der Verbandsarbeit war und ist bis heute die soziale Komponente. Besonders während der ersten Jahre, als die Nachwirkungen des Krieges noch überall spürbar waren, traten renommierte Künstler*innen häufig unentgeltlich auf, um bei der Linderung der sozialen Nöte zu helfen und dem jungen Verband Profil zu verleihen. In der derzeitigen, durch die Corona-Epidemie stark geprägten Lebenssituation vieler Musiker*innen ist dieses Thema gerade wieder besonders aktuell, weshalb sich der Vorstand der Tonkünstler München hier in enger Zusammenarbeit mit seinem Dachverband, dem Verband bayerischer Tonkünstler, engagiert.

Im Jahre 2020 gelang es Edmund Wächter, einen Teil des ehemaligen Steinway-Hauses für den Verband anzumieten; darin enthalten ist auch der „Rubinstein-Saal“, der sich mit guter Akustik und ca. 100 Plätzen als ideal für die zahlreichen Konzertveranstaltungen erweist. An dieser Stelle der Hinweis, dass dort unter dem Titel „75 Jahre Tonkünstler München“ vom 19. bis 26. September 2021 bei freiem Eintritt täglich Konzerte stattfinden, die das ganze Spektrum der Verbandsarbeit zeigen. Nähere Informationen dazu unter www.tonkuenstler-muenchen.de

Trotz der aktuell schwierigen Situation, die viele freiberuflich tätige Mitglieder der Tonkünstlerverbände besonders hart trifft, kann der Münchner Tonkünstlerverband nicht nur mit Stolz auf die letzten 75 Jahre zurückblicken, sondern auch mit Optimismus nach vorne schauen. Dafür ist ihm unter der Leitung seines aktiven Vorsitzenden Edmund Wächter weiterhin eine so glückliche Hand zu wünschen, wie in den letzten Jahren.

Und natürlich die herzlichsten Glückwünsche zu 75 Jahren erfolgreicher Verbandsgeschichte!
Ulrich Nicolai, 1. Vorsitzender des Verbands bayerischer Tonkünstler

Print-Rubriken
Unterrubrik