Es heißt, der Klang des Saxophons käme dem der menschlichen Stimme am nächsten. Dass sie ihr Saxophon zum Singen bringen kann, bewies Verena Richter am 12. März 2012 in der Versicherungskammer Bayern.
Es heißt, der Klang des Saxophons käme dem der menschlichen Stimme am nächsten. Dass sie ihr Saxophon zum Singen bringen kann, bewies Verena Richter am 12. März 2012 in der Versicherungskammer Bayern. In der Kammerkonzertreihe „Studio für Neue Musik“ des Tonkünstlerverbandes München stand zeitgenössische Konzertliteratur für Tenor- Alt- und Sopransaxophon im Mittelpunkt. Begleitet wurde die Saxophonistin Verena Richter von Dimitrij Romanov am Klavier. Die Saxophonistin und Philosophin Verena Richter und der in Moskau geborene Pianist und Komponist Dimitrij Romanov scheinen auf den ersten Blick eher verschieden – aufgeweckt-lebendig gegen vornehm zurückhaltend –, doch ab dem ersten gemeinsamen Ton ist klar, dass dies eine musikalisch einheitliche Verbindung ist. Bereits beim Eröffnungswerk, den „Drei Arabesken“ für Altsaxophon und Klavier von Dimitrij Romanov, zeigte sich der ausgewogene musikalische Dialog, von zärtlich bis aggressiv, mit stets anmutiger Tonfarbe von Verena Richter. In der folgenden Hölderlin-Sonate für Klavier solo von Dieter Acker konnte Dimitrij Romanov zeigen, wie virtuos er das Tasteninstrument beherrscht. Sehr farbenreich zeigt sich das Werk mit kraftvollen, gegeneinander abgehobenen tiefen Klangfeldern und kontrastierenden hohen Einwürfen. Anschließend kam das Sopransaxophon zum Einsatz in Graham Fitkins „Gate“. Über die flirrenden Klänge des Klaviers breitete sich der warme Ton des Instruments und zog das Publikum unweigerlich in seinen Bann. Das ausgesprochen anspruchsvolle Stück, stark an Minimal Music orientiert, gelang Richter vortrefflich – die Klavierbegleitung dabei immer den Charakter des Saxophons unterstützend, ohne dominant hervorzutreten. Der Uraufführung des Abends, Dorothea Hofmanns „Ikarus“ für Tenorsaxophon und Klavier, war ein kurzer Einführungstext vorangestellt. Die Sonate zeichnet die Handlung der griechischen Mythologie über den Sohn Daidalos’ nach. Über die drei Sätze und den beschließenden Epilog entwickeln sich eine bestechende Dramatik und wunderschöne Melodiebögen, die Richter mit viel Feingefühl umsetzte. „Shaping the Curve“ des englischen Komponisten Michael Nyman kam leicht und schwingend daher, bevor es im letzten Stück des Programms dann wieder spieltechnisch fordernd zur Sache ging. Die Sonate für Altsaxophon und Klavier von Edison Denisov, lässt keinen Effekt aus, der mit diesem Blasinstrument möglich ist: von Multiphonics bis zum Slap, bei dem die Zunge unter das Blatt gelegt und wie beim Schnalzen losgelassen wird, sodass ein knallender kurzer Ton zu hören ist. Verena Richter zeigte die unterschiedlichsten Facetten des Saxophons. Ein musikalischer Hochgenuss – und nicht zuletzt durch ihre lockere Art auf der Bühne war der Funken auf das begeisterte Publikum übergesprungen.