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Pianistin mit Kurzhaarfrisur und stark geschminkten Lippen. Schaut aufs Klavieraufgestützt in die Kamera.

Kann nicht lange still sitzen – Mariko Sudo. Foto: Rebecca ter Braak

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Ausnahmepianistin und engagierte Musikbotschafterin

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Die Pianistin Mariko Sudo im Porträt und Interview
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Mariko Sudo wurde im Jahr 1984 als Tochter deutsch-japanischer Eltern in Deutschland geboren. Bereits mit fünf Jahren begann sie das Klavierspielen und entwickelte rasch ihr enormes Talent. Mit zwölf Jahren nahm sie dann jährlich am Meisterkurs „Russische Schule“ mit Prof. Vitaly Margulis in Freiburg teil, ebenso wie an Meis­terkursen von Jura Margulis, Bernd Glemser, Paul Badura-Skoda and Dirk Mommertz – wo wohl auch ihre Liebe zur Kammermusik entbrannte.

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Bis 2003 studierte sie in Köln bei Leontina Margulis und an der Anton-Rubinstein-Akademie in Düsseldorf. Ihr exzellentes Klavierspiel ist auf Tourneen durch das europäische Ausland zu hören, begleitet von Auftritten auf Festivals wie zum Beispiel dem Brahmsfestival in Aachen, der Sommerakademie in Montepulciano, der Muziek Biennale Nieder­rhein – sogar in der Carnegie Hall in New York debütierte sie im Jahr 2011. Ihre Arbeit als Solistin hat sie mit vielen Ensembles und Orchestern zusammengebracht, darunter mit den Duisburger Philharmonikern. Aber sie spielte immer auch in Kammerorches­tern.

Mariko Sudo hat zahlreiche Preise gewonnen. Hier seien beispielhaft genannt: im Jahr 2008 der Felix- Mendelssohn-Bartholdy-Preis der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (mit ihrem damaligen Klavier-Quartett), sowie der Kammermusikpreis der „Freunde Junger Musiker e. V.“ in Berlin.

Stipendien führten sie ebenfalls durch das europäische Ausland, hier sei die Stiftung „Yehudi Menuhin Live Music Now“ genannt. Als DAAD-Stipendiatin absolvierte sie 2013 ein Masterstudium bei der Pianistenlegende Menahem Pressler an der „Jacobs School of Music“ der Indiana University in Bloomington (USA). Mit dem Ruhrgebiet und speziell mit Essen verbindet sie die Folkwang-Hochschule Essen/Duisburg. Hier konnte Sudo bei Arnulf von Arnim und Dirk Mommertz ihr profundes Können erweitern, festigen.

Ein weiterer Mosaikstein im Bild der Kammermusik. Diese Studien beendete sie 2009. Im Jahr 2022 rief Mariko Sudo mit ihrem Team im Kunsthaus in Essen eine neue, unter anderem vom DTKV-NRW geförderte, Reihe ins Leben, den „Kunsthaus-Salon“. Hier wurde in regelmäßigen Abständen unterschiedlichen Ensembles und musikalischen Genres zwischen Jazz und Klassik eine Bühne geboten. Die zweite Spielzeit des „Kunsthaus-Salons“ startete im September diesen Jahres, wiederum am ersten Donnerstag im Monat, um 19.30 Uhr. Am 5. Oktober fand ebenda ein wunderbares Konzert statt, bei dem Mariko Sudo selbst in die Tasten griff. Als „Duo NADA“ brachte Sudo mit ihrer Partnerin Lena-Maria Kramer (Sopran) „unerhörte und ungehörte Lieder des 20. und 21. Jahrhunderts“ hauptsächlich amerikanischer KomponistInnen zu Gehör. Der Abend spiegelte Stimmungen in „vertonten Gedichten“ in einer ganzen Bandbreite von dem deutschen Kunstlied sehr ähnlichen Klängen bis hin zu einer John Cage-Einlage. Der Abend gestaltete sich enorm kurzweilig, war sehr nah und spielerisch im Vortrag. Ebenso boten die Einblicke in Entstehungsgeschichtliches durch die interessanten, locker dargebrachten Moderationen der beiden Künstlerinnen einen verbindenden und Sinn schaffenden Blick auf das ganze vorgestellte Spektrum der Musik. Eine Freude, wenn man dabei sein konnte.

Der nächste Kunsthaus-Salon-Termin findet im November, am 2. November 2023 statt. Unter dem Titel: Wein, Weib & Cello – „Erst trink ein bisschen Alkohol mit mir!“ treten dann Katja Heinrich  (Gesang) und Florian Hoheisel (Cello) auf.

Weitere Informationen und Termine unter:

https://www.kunsthaus-essen.de/portfolio/salon/

https://marikosudo.com/

Mariko Sudo im Interview mit Cordula Schlößer-Braun

Cordula Schlößer-Braun: Frau Sudo, Sie sind in Deutschland aufgewachsen, haben aber durch Ihr Studium und Ihre Konzertreisen viel von der Welt gesehen. Was hat sie letztlich ins Ruhrgebiet – nach Essen – „verschlagen“?

Mariko Sudo: Nach meinem dreijährigen Masterstudium in den USA hatte ich verschiedene Angebote, meine akademische Laufbahn an einer anderen Universität in einer der Metropolen des Landes fortsetzen zu können. Ich stand vor dem Scheideweg, entweder auf lange Sicht dort zu bleiben, oder zurück nach Deutschland zu gehen.

Ich musste nicht lang überlegen: Der Drang, zurück auf den europäischen Kontinent zu gehen, war größer. Ich habe einfach gespürt, dass ich aufgrund meiner kulturellen und familiären Wurzeln nach Deutschland gehöre. „Back to the roots“, wie man so schön sagt.

Mit Essen verbinden mich meine starken persönlichen Beziehungen mit FreundInnen und KollegInnen aus Folkwang-Hochschulzeiten. Meine damaligen KommilitonInnen sind heute praktisch mein Berufsnetzwerk. Außerdem hat das Ruhrgebiet im Vergleich zu anderen Großstadtgebieten mit seiner spannenden und vielfältigen freien musikalischen Szene viel zu bieten, sowohl im Sinne von Arbeitsangebot als auch persönlicher Entfaltungsmöglichkeit.

Schlößer-Braun: Die Musik lebt nicht nur aus sich heraus, sondern auch von Begegnungen, die durch sie stattfinden. Hatten Sie eine besondere Begegnung, die vielleicht wegweisend für Sie war und würden diese mit uns teilen?

Sudo: Es fällt mir nicht leicht, mich auf eine besondere Begegnung festzulegen. Sicher waren die Begegnungen mit allen meinen langjährigen Lehrern wegweisend. Jedoch sei an dieser Stelle diejenige mit Robert Levin beim Salzburger Meisterkurs im Jahr 2009 genannt. Diese Begegnung veränderte maßgeblich mein Leben, in musikalischer wie persönlicher Hinsicht.

Schlößer-Braun: Junge Musiker*innen haben oft in Ihrer Jugend Zweifel, oder einfach eine schwere Zeit. In der Pubertät hören viele, auch sehr begabte Jugendliche, mit dem Unterricht auf. Hatten Sie auch so eine Phase? Haben Sie einen Tipp, um diese Zeit zu überwinden?

Sudo: In dieser von persönlicher Unsicherheit geprägten Phase ist es sicher hilfreich insgesamt eine gute und unterstützende Umgebung zu haben. Wichtig ist aber, sich irgendwann selbst klar beantworten zu können, ob man diesen arbeitsintensiven und sicher steinigen Weg der Musik wegen gehen will. Ich kann mich noch gut an diesen Moment als damals 13-Jährige erinnern. Natürlich ist gerade das Pianist-Sein enorm konkurrenzbehaftet. Mir persönlich hat es dabei immer geholfen, mich so wenig wie möglich mit anderen zu vergleichen und an die eigene Individualität zu glauben.

Mein Professor an der Folkwang-Hochschule, Arnulf von Arnim, hat es passend formuliert: „Die innere Notwendigkeit muss größer sein als der äußere Druck.“

Schlößer-Braun: Wie sind Sie als junge Musikerin auf den DTKV aufmerksam geworden?

Sudo: Der DTKV ist mir schon lange ein Begriff gewesen. Nach Abschluss meines Studiums auf dem Weg in die Selbständigkeit als Musikerin lag es nahe, in diesen nationalen Verein einzutreten, der eben diese Freiberuflichkeit unterstützt, fördert und mit gro­ßer Bekanntschaft in diesem Land quasi beschützt.

Schlößer-Braun: Engagieren Sie sich in der Verbandsarbeit? Oder sehen Sie sich vielleicht eher als so etwas wie eine „Botschafterin für die Musik“ – vielleicht speziell für die Kammermusik?

Sudo: Klar, ich sehe mich auf jeden Fall als Botschafterin für die Musik. Sowohl von der Bühne aus, als auch im Dialog mit meinen Schülern. Die Kammermusik, oder das Miteinander-Musizieren liegt mir dabei besonders am Herzen.

Schlößer-Braun: Spüren Sie in Ihrer Arbeit immer noch die Auswirkungen der Corona-Krise? Wie gehen Sie gegebenenfalls damit um, was geben Sie vielleicht anderen Künstler*innen mit auf ihren Weg?

Sudo: Ich bin sicher nicht jemand, der lange still sitzen bleiben kann. Ich habe die Pandemie auch dafür genutzt, um eigene und neue Ideen zu entwickeln, beziehungsweise weiterzuentwickeln, wie etwa die Musik-Talkshow „Piano Late Night“ oder neue Konzertprogramme und -konzepte. Also kann ich nur dazu raten, Dinge einfach anzugehen und nicht lange zu zögern.

Schlößer-Braun: Sie haben in Wuppertal und in Essen im Kunsthaus Konzertreihen ins Leben gerufen, die Sie nicht nur organisieren, sondern bei denen Sie auch selbst ab und an zum Einsatz kommen. Das freut das Publikum natürlich, jedoch: Es sind sehr kleine Bühnen, wenn man bedenkt, dass Sie schon in der Carnegie Hall spielten. Was ist die Motivation hierfür?

Sudo: Mir ist die persönliche Nähe zu meinem Publikum deutlich wichtiger als die Anonymität der Masse. Musik ist für mich ein Medium, um Menschen auf Augenhöhe zu bewegen. Kleinere Räumlichkeiten erlauben es mir, hier mit dem Publikum auf Tuchfühlung zu gehen. Moderierte Konzerte zum Beispiel, bei denen ich mein Publikum nicht nur ansprechen, sondern auch anschauen kann, sind daher nicht mehr wegzudenken. Auch bei meinem Talkshow-Format „Piano Late Night“ steht der Künstler mit seinem persönlichen Hintergrund im Mittelpunkt.

Schlößer-Braun: Neben Ihrer persönlichen künstlerischen Arbeit unterrichten Sie auch weiterhin. Was ist das Besondere für Sie hieran?

Sudo: In anderen Menschen die Begeisterung für Musik im Allgemeinen und für das Musizieren am Klavier im Besonderen zu entfachen, ist eine schöne Aufgabe und gleichzeitig eine große Verantwortung. Ich selbst hatte das große Glück, in all meinen Lehrern großartige musikalische Wegbegleiter gehabt zu haben. Vieles von dieser positiven und reflektierten Erfahrung möchte ich weitergeben und anderen durch individuelle Arbeit mit sich in Bezug auf das Instrument ebenso zu ermöglichen.

Schlößer-Braun: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Sudo: Ich plane nie Großes. Großes entsteht ja bekanntlich im Kleinen. Ich mag die Vielseitigkeit des Pianistendaseins. Ich halte immer die Augen und Ohren offen und lasse mich gern von guten Begegnungen inspirieren. Bis jetzt bin ich meistens ganz gut so gefahren, also mache ich einfach mal weiter so.

Schlößer-Braun: Ich danke Ihnen sehr für das Interview und wünsche Ihnen alles Gute für Ihre weiteren Vorhaben.

 

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