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Begabtenförderung der besonderen Art

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Das Julius-Stern-Institut feiert den 200. Geburtstag seines Namensgebers – Leiterin Prof. Anita Rennert im Gespräch
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neue musikzeitung: In welcher Weise wird in 2020 an den 200. Geburtstag des Namensgebers des Julius-Stern-Instituts erinnert?

Anita Rennert: Ursprünglich waren das ganze Jahr über Konzerte und Veranstaltungen mit jungen Studierenden und international erfolgreichen Alumni des Instituts ge­plant, da wir nicht nur den Geburtstag unseres Namensgebers, sondern auch die Gründung des ehemaligen Stern’schen Konservatoriums vor 170 Jahren feiern wollten. Viel Musik, Ausstellungen, eine große Geburtstagsparty mit Jungstudierenden, Eltern, Lehrenden und Freunden des Instituts und vielen anderen besonderen Formaten.
Durch die Corona-Beschränkungen ist nun alles abgesagt, und wir hoffen, dass einiges im nächsten Jahr nachgeholt werden kann. Was aber geblieben ist und spätestens zum Gründungstag des Konservatoriums im November erscheinen wird ist eine illustrierte Chronik für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die den Lebensweg Julius Sterns und des Instituts in Bildern und Worten beschreibt – nach Erscheinen in jeder Buchhandlung und online zu kaufen!

nmz: Gibt es im Institut wichtige und einzigartige Sparten oder Ausbildungsbereiche für die Berliner Musik­landschaft?

Rennert: Die einzigartige Besonderheit unserer Institution ist die professionelle Ausbildung von hochbegabten Kindern und Jugendlichen schon während des Besuchs einer allgemeinbildenden Schule ihrer Wahl. Zudem ist wohl einzigartig, dass unsere Jungstudierenden mit den „erwachsenen“ Hauptfachstudierenden der UdK in den gleichen Klassen ausgebildet werden, sich kennen – und voneinander lernen. Zudem biete ich zahlreiche Konzertformate an, um ständige Auftrittsroutine zu proben. Es gibt interne und öffentliche Veranstaltungen in den Sälen der Universität und zahlreiche Konzerte im Berliner Musikleben, und diese Möglichkeiten sind ein unschätzbarer Gewinn für unsere kommenden Profis!
Ein sehr aktiver Freundeskreis des Instituts unterstützt und fördert gesellschaftliche Kontakte und hilft auch unkompliziert mit finanziellen Förderungen. Dies ist eine große Hilfe für die Familien.

nmz: In welchem Alter dürfen begabte Schüler*innen an der Aufnahmeprüfung teilnehmen und welche Kenntnisse sind erforderlich?

Rennert: Wir nehmen Jungstudierende ab neun Jahren auf, wenn sie über die notwendigen Voraussetzungen verfügen. Sie müssen in ihrem Hauptfachinstrument eine außergewöhnliche Begabung zeigen, den Test in Musiktheorie und Gehörbildung bestehen und schon kleine künstlerische Persönlichkeiten sein. Immerhin werden sie fortan von renommierten Hochschulprofessor*innen wöchentlich 90 Minuten unterrichtet. Die meis­ten Jungstudierenden bereiten sich auf ein professionelles Musikstudium vor, jedoch entscheiden sich manche nach ihrer Zeit am Julius-Stern-Institut doch für ein anderes Studium und wählen den Lebensweg als Ärztin oder Mathematiker…

nmz: Wieviel Wert wird auf Ensemblespiel beziehungsweise Orchester gelegt?

Anita Rennert: Kammermusik, Ensemblespiel in jeder Besetzung und vor allem Orchester sind ein wesentlicher Faktor im Ausbildungskanon. Das Orchester des Julius-Stern- Instituts ist international anerkannt. Konzertreisen führten die jungen Musiker*innen in den letzen Jahren unter anderem nach Wien, Moskau, Brüssel, nach Israel, in das Sultanat Oman und mehrmals nach Griechenland.

nmz: Gibt es für die organisatorische Arbeit dieser vielen Aktivitäten Unterstützung im Institut?

Rennert: Natürlich habe ich professio­nelle Hilfe durch das Künstlerische Betriebsbüro der Fakultät und Unterstützung bis hinauf in die Universitätsleitung, aber der Großteil der vielfältigen Aufgaben obliegt mir als Leiterin des Instituts. Ich bin Lehrerin, Organisatorin, Konzertagentin, Ansprechpartnerin, Moderatorin, Texterin, Prüfungsvorsitzende und vieles, vieles mehr.

nmz: Nennt man das Frauenpower?

Rennert: Ich tue das, was für eine effektiv funktionierende Einrichtung getan werden muss! Und ich bin da in guter Tradition: Am Stern´schen Konservatorium konnten im 19. Jahrhundert schon Frauen studieren – eine völlige Neuerung. Die Sängerin Jenny Meyer leitete das Konservatorium Ende des 19. Jahrhunderts und auch meine Vorgängerinnen am Julius-Stern-Institut waren immer erfolgreiche und engagierte Frauen.

nmz: Werden die Karrieren berühmter ehemaliger Schüler*innen dokumentiert? da gibt es inzwischen ja viele berühmte Namen!

Rennert: Die Geschichte des Julius-Stern-Instituts ist in der nmz-Ausgabe 5/20 auf Seite 21 von dem Historiker Dietmar Schenk detailliert nachzulesen und weitere Informationen sind auf unserer Website zu finden: www.julius-stern-institut.de. An einer Dokumentation arbeiten wir seit einiger Zeit, und vieles finden Sie dann in unserer demnächst erscheinenden „Chronik“!

nmz: Danke für das informative Gespräch.  

 

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