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Berauschende Technik, große Leidenschaft

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Tonkünstler-Ensemble im Spiegelsaal Schloß Rheinsberg
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Im bis auf den letzten Platz gefüllten, Konzertsaal des Schlosses Rheinsberg konnte das Tonkünstler-Ensemble Berlin, wie seit Jahren, die Besucher mit Werken von Komponisten aus der Zeit Friedrichs II. begeistern. Nicht nur die regionale Presse war zu diesem besonderen Event gekommen, sondern vor allem interessierte Forscher und Kenner des 18. Jahrhunderts aus ganz Deutschland, um an diesen Tagen im Schloss und im Kavaliersgebäude die Vorträge des Fridericianischen Symposiums zu verfolgen, die über neueste Erkenntnisse informieren.

Die Musik von und um den Kronprinzen und späteren König gehört natürlich dazu, und auch hier gibt es immer wieder spannende Entdeckungen zu machen. Angereist waren mit dem Tonkünstler-Ensemble aus Berlin die Flötistin (Leiterin und Gründerin des Ensembles) Dr. Adelheid Krause-Pichler, der Oboist Andreas Wenske, die Cembalistin Sabina Chukurova, die Violoncellistin Regine Daniels-Stoll sowie als Gast eine Schülerin der Flötistin, Tanja Urban- Kiebel.

Im Mittelpunkt des Konzerts standen neben einer Oboensonate von Christoph Schaffrath, sowie einer Flötensonate von Friedrich II., Kammermusikwerke, die vermutlich in den Hauskonzerten der Musiker in Rheinsberg gespielt wurden, da sie am Hofe nicht sonderlich beliebt waren. So erklärte die Flötistin, dass eine Trio-Sonate von Quantz, die sie mit ihrer Schülerin, begleitet mit Cembalo und Cello, vortrug, ganz offensichtlich zur Übung des rhythmischen Gefühls des Kronprinzen gedient haben muss, denn die Stimmen der beiden Flöten laufen permanent parallel. Man weiß aus zeitgenössischen Berichten, dass Friedrich nicht übermäßig sicher im Rhythmus war, weshalb er nur mit seinen ihm lange bekannten Musikern spielte, die seine Stärken und Schwächen kannten, manchmal mit der dirigierenden Hand Quantz’ im Hintergrund.  

Einer dieser Instrumentalisten am Hof war Johann Gottlieb Janitsch, der 1737 einen musikalischen Cirkel in seinem Haus gründete, um Werke von sich und seinen Kollegen aufzuführen. Von ihm war die wunderbare Sonata da camera B-Dur für 2 Flöten, Oboe, Cembalo und Cello zu hören, ein Stück, in dem sich alle Instrumente auf komplizierte Weise miteinander verflechten. Beachtenswert war auch ein kurzes, aber originales Trio der Schwester Anna Amalia von Preußen, die ebenfalls  Kompositionsunterricht nahm und eine beachtenswerte Musikaliensammlung hinterließ. Carl Heinrich Graun, der Bruder des Violinisten Johann Gottlieb Graun, gehörte zu den Komponisten, die nach 1740 in Berlin zur Blüte der Staatsoper beitrugen, aber natürlich auch für die Kammermusik bei Hofe Stücke schrieben. Neben der Flöte, die von Friedrich II. besonders geliebt wurde, war die Oboe das eigentliche Modeinstrument der Zeit. Johann Joachim Quantz selbst war zunächst Oboist an der Dresdner Hofkapelle bevor er sich bei Friedrich II. als Flötenlehrer und Flötenbauer verpflichtete. Die Trio-Sonate von Graun demonstrierte eindrücklich, wie wunderbar die Klänge von Flöte und Oboe, begleitet von Cembalo und Cello miteinander verschmelzen. Die preußische Sonate Wotquenne Nr, 48 in E-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach konnte alle Klangmöglichkeiten des großen Cembalos mit mehreren Registern aufzeigen, ein Werk voller Virtuosität und Dramaturgie, das von Sabina Chukurova mit berauschender Technik und großer Leidenschaft vorgetragen wurde. Der berühmte Bach-Sohn war als Cembalist fast 30 Jahre im Dienst des preußischen Hofes und veröffentlichte in dieser Zeit auch sein bedeutendes Lehrbuch über das Clavierspiel.

Das Tonkünstler-Ensemble Berlin hat sich in den letzten Jahren insbesondere mit den Interpretationen der preußischen Musik des 18. Jahrhunderts  einen Namen gemacht. Die Musiker spielen stilistisch versiert auf neuen Instrumenten und schlagen so die Brücke zum Verständnis dieser Zeit. Adelheid Krause-Pichler, die bereits mehrere CD’s mit Solo- und Ensemblewerken eingespielt hat, gilt als ausgewiesene Spezialistin für den Stil der Aufklärung. Über den Hofkomponisten Wilhelmines von Bayreuth, Jakob Friedrich Kleinknecht hat sie in ihrer Dissertation geforscht und arbeitet nun an einer Bio­graphie über die jüngste Schwester des Königs Anna Amalia von Preußen. Auch die Flötensonaten des Bachschülers Kirnberger, dem Lehrer der Prinzessin sind von ihr auf CD eingespie­lt. Der Oboist Andreas Wenske, ehemaliger Solo-Oboist der Neubrandenburger Philharmonie, spielt seit Jahren solistisch mit verschiedenen Ensembles. In dieser Besetzung (Flöte, Oboe, Cembalo, Cello) ist eine CD mit Werken Vivaldis erschienen. Sabina Chukurova ist mehrfache Preisträgerin renommierter Wettbewerbe, auch sie hat sich auf die Musik des 16. bis 18. Jahrhunderts spezialisiert. Regine Daniels-Stoll war als Cellistin „Erasmus-Stipendiatin“ in Paris, in den Orchestern Frankfurt/Oder, Weimar und Cottbus gastiert sie des Öfteren und widmet sich zudem der pädagogischen Arbeit.

Der „Märkische Kurier“ beschrieb die beeindruckende Atmosphäre am Konzertabend: „Durch die Scheiben schien die Abendsonne und der Spiegelsaal des Rheinsberger Schlosses füllte sich mit Menschen. Flöte, Cembalo, Cello und Oboe brachten am Samstagabend herrliche kammermusikalische Klänge in den reichverzierten Saal ….. mit den fridericianischen Klängen im Ohr verließen die begeisterten Besucher den Spiegelsaal.“

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