Bernd-Christian Schulze ist Dozent für Klavier an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Zu seiner künstlerischen Vielseitigkeit gehören eine internationale Konzerttätigkeit, zahlreiche Uraufführungen zeitgenössischer Werke für Klavier und Sprecher mit dem „duo pianoworte“ sowie umfangreiche Rundfunk- und Fernsehsendungen und vielfach mit Preisen ausgezeichnete CD-Produktionen. Von 2011 bis zum April 2021 war er als Vertreter des DTKV ehrenamtliches Mitglied im Präsidium des Landesmusikrates Niedersachsen und Vorsitzender des niedersächsischen Ausschusses für Neue Musik, seit 2016 ist er auch Mitglied im Landesausschuss „Jugend musiziert“ Niedersachsen.
nmz: Was waren die Schwerpunkte während Ihrer Mitarbeit im Präsidium des Landesmusikrates?
Schulze: Der Landesmusikrat (LMR) ist die wichtigste Vertretung der Musikverbände gegenüber dem niedersächsischen Kultusministerium, beziehungsweise dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Insgesamt ging es um viele Themen, die für das niedersächsische Musikleben von Bedeutung sind. Dazu möchte ich zunächst einmal sagen, dass mich die musikalische Vielfalt und die Bandbreite in unserem Bundesland persönlich begeistert hat – ich habe in den letzten zehn Jahren wirklich sehr viel dazugelernt.
Besonders arbeitsintensiv waren die Erstellung eines Musikentwicklungsplanes für Niedersachsen und die Fusion zwischen Landesmusikrat, Landesmusikakademie und Musikland Niedersachsen. Darüber hinaus bestanden wichtige Schwerpunkte in der Begabungsförderung durch die vielen Landesjugendensembles, dem Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ und der Einrichtung der vokalen und instrumentalen C-Ausbildungen.
Neben zahlreichen Präsidiumssitzungen und Klausurtagungen spielte aber auch die Arbeit in den Ausschüssen eine wichtige Rolle, wobei ich den Ausschuss „Neue Musik“ selbst geleitet habe. Hier ging es vor allem um die Vermittlung von Neuer Musik insbesondere in den allgemeinbildenden Schulen. Hervorzuheben wäre auch der Kongress „Mehr Zeit für Musik“, der auf Anregung des DTKV vom Landesmusikrat zur Integration von Instrumentalunterricht in den schulischen Ganztagsbetrieb initiiert und durchgeführt wurde.
nmz: Gab es auch Aspekte, die speziell den DTKV betreffen?
Schulze: Neben dem Verband der Musikschulen (VdM) ist der DTKV im LMR-Präsidium eigentlich der einzige Verband, der die professionellen Musikausübenden und Musikpädagogen im klassischen Bereich vertritt. Hier war es immer wieder wichtig, die Freiberufler als außerschulische und möglicherweise auch schulkooperative Bildungsanbieter für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene zu etablieren. Des Weiteren wäre zu nennen die Problematik der Lehraufträge an den niedersächsischen Hochschulen und dann seit über einem Jahr natürlich: Corona, Corona, Corona. Hier ging es darum, immer wieder das aktuelle Geschehen aus Sicht der Soloselbstständigen aufzuarbeiten und gegenüber dem Ministerium zu kommunizieren. Das Verhalten der Politik gegenüber den Kulturschaffenden während der Corona-Krise hat mich allerdings ehrlich gesagt sehr enttäuscht.
Das gilt nicht nur für die mangelnde Unterstützungsbereitschaft in finanzieller Hinsicht bei einem gleichzeitig bestehenden Berufsverbot. Darüber hinaus ist durchaus die Frage angebracht, ob vor dem Hintergrund zahlreicher Studien und Konzepte nicht mehr Öffnungen im kulturellen Bereich möglich gewesen wären. Auf jeden Fall möchte ich mich aber an dieser Stelle für die stetige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der DTKV-Landesvorsitzenden Friederike Leithner bedanken.
nmz: Welche Arbeitsfelder sind zukünftig aus Ihrer Sicht für den Landesmusikrat besonders wichtig?
Schulze: Viele Aufgaben ergeben sich mit Sicherheit dadurch, dass mit oder nach dem Rückgang der Pandemie in allen Bereichen der Musik „aufgeräumt“ werden muss. Da ist eine vielfältige Kulturlandschaft bedroht, die über Jahrzehnte gewachsen ist. Wir alle erleben momentan mit Corona ein Stück Zeitgeschichte und der gesamte Musikbereich wird sich in diesem Zusammenhang möglicherweise nachhaltig verändern. Insbesondere aus Sicht des DTKV besteht die Frage, ob es auch in Zukunft ausreichend junge Menschen gibt, die sich den Weg in ein Musikstudium und einen Beruf vorstellen können, der von der Politik offenbar so wenig unterstützt wird. Hier gilt es, die Augen (und Ohren) aufzuhalten und mit Weitblick zu denken. Es ist mehr als deutlich geworden, dass im Landesmusikrat zusätzlich zum Amateurbereich dringend ein Ausschuss für die professionelle Musikszene benötigt wird. Dem neuen Präsidenten Lothar Mohn und seinem Team wünsche ich dabei ganz herzlich gutes Gelingen!
Interview: Gunter Sokolowsky