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Der Durst nach Klang

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24. Jugend-Kompositions-Wettbewerb Sachsen-Anhalt 2019 – ein Rückblick
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2019 stand Sachsen-Anhalt ganz im Zeichen des 100-jährigen Gründungsjubiläums des Bauhauses. 1919 in Weimar gegründet, 1925 aus politischen Gründen nach Dessau umgezogen und zu seiner Blüte gelangt und 1933 in Berlin unter dem Druck der Nationalsozialisten geschlossen, bestand das Bauhaus nur 14 Jahre. Trotz dieser relativ kurzen Wirkphase strahlt die legendäre Hochschule für Gestaltung bis in unsere Zeit aus.

Das Bauhaus war eine lebendige Ideenschule und ein Experimentierfeld auf den Gebieten der freien und angewandten Kunst, der Gestaltung, der Architektur und der Pädagogik. Und natürlich spielte auch die Musik eine Rolle.

So war es naheliegend, den nunmehr 24. Jugend-Kompositions-Wettbewerb im Zeichen des Bauhauses auszuschreiben. Seit seiner Gründung im Jahre 1994 ist der Wettbewerb mit dem Tonkünstlerfest Sachsen-Anhalt verknüpft. Mittlerweile fungiert das Musikalische Kompetenzzentrum Sachsen-Anhalt zwar als Veranstalter, aber in enger Kooperation mit dem Deutschen Tonkünstlerverband, Landesverband Sachsen-Anhalt.

Musik im Bauhaus

Bereits in Weimar schlossen sich Bauhaus-Angehörige zu einem Ensemble zusammen, das unter dem Namen Bauhauskapelle in kurzer Zeit zu einem wahren Geheimtipp wurde. Welche Resonanz die Auftritte auslös­ten, mag ein Artikel aus dem Berliner 8-Uhr-Abendblatt von 1924 belegen. Kole Kokk schrieb begeistert: „Sie sind die beste Jazzband, die ich je toben hörte, bis in die Fingerspitzen musikalisch. Niemals ist der Bananenshimmy besser gespielt worden, nirgends legt man die Mädchen von Java schmissiger hin …“

Aber nicht nur Jazz hatte im Bauhaus eine Heimstatt. So trat zum Beispiel der Bauhausmeister Lyonel Feininger selbst als Komponist in Erscheinung. Seine Werke, ausnahmslos Fugen, verfolgten allerdings lediglich den Zweck, seine Arbeit als Maler zu vervollkommnen. „Der Durst nach Klang ist mächtig in mir,“ schrieb Lyonel Feininger am 27. Mai 1914 aus Weimar an seine Gattin. Daran sollte sich Zeit seines Lebens nichts ändern. „Ich bin nicht vollständig, mir liegt ein Sinn brach und verquält, wenn ich keine Musik haben kann. Es ist mir so nötig zum Fortbestehen.“

Das Werk von Johann Sebastian Bach hat Feininger zeitlebens gewaltig beeindruckt und beeinflusst.

Ausschreibung und Preisvergabe

Ausgeschrieben in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, gab es 13 Teilnehmer*innen im Alter von 9 bis 21 Jahren, die sich dem Thema von sehr unterschiedlichen Seiten näherten. Der Wettbewerb richtet sich ausdrücklich an Teilnehmer, die am Tag des Einsendeschlusses keine Hochschulausbildung auf dem Gebiet der Komposition begonnen haben. Studierende im Hauptfach Komposition sind von der Teilnahme generell ausgeschlossen.

Die Jury, bestehend aus sieben Mitgliedern aus verschiedenen Landesverbänden, war sich diesmal recht zügig einig über die Vergabe der Preise.

Der erste Preis blieb in Sachsen-Anhalt und ging an die 16-jährige Magdeburgerin Emely Althea Ritoff für ihr Stück „Remind Me That I Don’t Want To Remember“ für Trompete, Viola, Violoncello und Kontrabass. Das Stück entstand im Sommerkurs der Komponistenklasse Sachsen-Anhalt 2019. Es wird in diesem Jahr eine weitere Aufführung durch die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie – in einer ihrer Konzertreihen – erleben, was Bestandteil des Ersten Preises ist.Ebenfalls in einem Ferienkurs der Komponistenklasse Halle entstand das eher jazzige Stück „Groove45“ von Max-Ferdinand Zeh (14 Jahre), für das er den Zweiten Preis erhielt. Wie der Titel zumindest den jugendlicheren Zuhörern verrät, ist es ein Groove für fünf Instrumente, nämlich zwei Trompeten, Posaune, Violoncello und Kontrabass.

Der Dritte Preis und auch der Verlagspreis ging an den Hamburger Schüler Johann Jakob Rahmstorf (14 Jahre) für „Kathedrale der Gegenwart: Das Bauhaus“. Er komponierte für zwei Trompeten, Posaune, Schlagzeug, zwei Violen, Violoncello und Kontrabass und nutzte damit alle für diesen Wettbewerb angebotenen Instrumente. Inspirieren ließ er sich durch Lyonel Feiningers Holzschnitt „Kathedrale“ (1919).

Mitbegründer des Wettbewerbs war der inzwischen verstorbene Münchner Verleger und Komponist Klaus Obermayer, der sich stets intensiv für die Belange des Nachwuchses einsetzte und den DTKV-Landesverband Sachsen-Anhalt seit seiner Gründung tatkräftig unterstützte. Dadurch entstanden auch zahlreiche persönliche Kontakte zu den Mitgliedern, die durch seine Witwe, Irmela Obermayer, fortgeführt werden. Sie ließ es sich nicht nehmen, nach Obermayers Tod 2009 die Geschehnisse im Landesverband Sachsen-Anhalt und um den Jugend-Kompositions-Wettbewerb weiter zu begleiten und stiftete den Förderpreis Klaus Obermayer, den beim 24. Wettbewerb Justus Behns (14 Jahre) erhielt. Der Schüler aus Halle/S. schrieb seine Komposition „Basso continuo“ während der Ferienkurse der Komponistenklasse Sachsen-Anhalt.

Preisträgerkonzert

Zur Jury gehörten Charlotte Seither, Komponistin aus Berlin; Christoph J. Keller, Komponist, DTKV, Landesverband Niedersachsen; Jens Klimek, Komponist, DTKV, Landesverband Sachsen-Anhalt; Johannes K. Hildebrandt, Komponist, DTKV, Landesverband Thüringen.

Babette Haag, Percussionistin aus München; Frank Helfrich, Musikwissenschaftler und Verleger aus Berlin sowie als koordinierendes und beratendes Mitglied Dr. Sigrid Hansen, Musikwissenschaftlerin aus Magdeburg und Vorsitzende des DTKV-Landesverbandes Sachsen-Anhalt.

Diese war sich dann auch darüber einig, dass das Stück der jüngsten Teilnehmerin Amelia Noomi ­Theis zwar noch keinen Preis erhalten kann, aber unbedingt aufführungswürdig ist. So erklang das Kunststück der Neunjährigen aus Halle für Viola, Posaune und Kontrabass als erfrischender Auftakt zum Preisträgerkonzert am 23. November im Schinkelsaal des Gesellschaftshauses Magdeburg.

Musiziert wurden die Werke der jungen Komponisten wie immer souverän und mit viel Empathie vom Dresdner Ensemble Sinfonietta unter der bewährten Leitung von Uwe Zimmermann. Das Ensemble begleitet den Kompositionswettbewerb schon viele Jahre und setzt sich intensiv für die jugendlichen Komponist*innen ein. Exemplarisch für Sinfonietta Dresden sind eigene Konzerte, in denen ein Spannungsfeld aus alter und neuer Musik erzeugt wird, um gewöhnliche „Hörmuster“ aufzubrechen. Natürlich gehört die Beschäftigung mit historischer Aufführungspraxis genauso dazu wie die Kenntnis moderner Spieltechniken, an denen sich natürlich auch einige der jungen Komponist*innen beim Wettbewerb ausprobierten.

Den nächsten Wettbewerb wird es 2021 geben und man darf auf das Thema und die Ideen der Jugendlichen bereits gespannt sein.

 

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