Die meisten Freiberufler werden vollkommen unvorbereitet ins Berufsleben geworfen. Oftmals gleiten sie Stück für Stück in ihren Tätigkeitsbereich hinein und sehen sich dann plötzlich konfrontiert mit Themen, die das finanzielle Auskommen überhaupt erst ermöglichen. Um die „einfachsten“ zu nennen: Angebote ausarbeiten, Rechnungen stellen oder eine Steuererklärung abgeben. Generell bleiben Fragen um das Finanzielle unliebsame Gesellen, manche davon ganz und gar auf der Strecke. Wenn Sie nun heimlich nicken und sich ertappt fühlen, dass es Ihnen genau so ging oder noch ergeht, so reihe ich mich gerne ein, blicke selbst zurück auf manch einen Faux Pas und gestehe Lücken in meinem Wissen um wirtschaftliche Angelegenheiten.
Abhilfe schaffen will der Saxophonist und Inhaber der Musik-Vermittlungsagentur Viviendo Music Consulting Philipp Schoof. Im Rahmen eines dreiteiligen Seminars mit voneinander losgelösten Themenfeldern zu „Unternehmerischem Selbstbewusstsein für Künstler*innen“, dessen erste zwei Blöcke bereits an zwei Samstagen über den Tonkünstlerverband Bayern online stattfanden, vermittelte er die Wichtigkeit, sich frühzeitig mit dem Thema Geld in all seinen Facetten auseinanderzusetzen. Im ersten Teil behandelte er das Unentbehrliche, also steuerliche Aspekte, Buchführung und EÜR, ebenso Rechtliches, sprich, welche essentiellen Punkte in einen Vertrag sollten und wie man diesen überhaupt erstellt. Schoof sprach aber vor allem auch über eine betriebswirtschaftliche Kalkulation einer fairen Stundenpreisberechnung. Hier galt die Devise: Nicht einem Bauchgefühl vertrauen, sondern unternehmerisch denken und rechnen, auf ein faires Auskommen bedacht sein! Der zweite Teil drehte sich dann darum, mehr aus seinen künstlerischen Tätigkeiten herauszuholen, sich einerseits fürs Alter, andererseits für den Schadensfall abzusichern. Schoof erklärte, wie sich ohne Hilfe ein erfolgreicher Antrag für die Künstlersozialkasse ausfüllen lässt und über welche Versicherungen Kunstschaffende nachdenken sollten – hierunter fallen unter anderem solche für Musikinstrumente, aber auch Rechtsschutz, ebenso eine speziell auf Musiker*Innen ausgelegte Berufsunfähigkeitsversicherung. Auch die GEMA und ähnliche Verwertungsgesellschaften wurden erklärt und deren Pro und Kontra abgewogen. Schoof empfahl, einen Wahrnehmungsvertrag bei der „Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten“, kurz GVL, abzuschließen: Dieser sichert Künster*innen einen Anteil der Gelder aller Zweitverwertungen, sprich Ausstrahlungen und Verbreitungen von Ton- oder Videoaufnahmen. Einen Themenblock widmete Philipp Schoof Berufsverbänden, welche Vernetzung fördern, darüber hinaus oftmals weitere Vorteile bieten.
Bezogen auf das umfangreich behandelte Thema der Versicherungen darf hier exemplarisch angefügt werden, dass in der Mitgliedschaft des Tonkünstlerverbandes Bayern e.V. bereits eine Berufshaftpflichtversicherung und eine Veranstaltungs-Haftpflichtversicherung inkludiert sind, es zudem bei Kooperationspartnern nennenswerte Rabatte gibt beispielsweise für Instrumentenversicherung, Spezial-Unfallversicherung mit Fokus auf die für ausübende Künstler*Innen zentrale Gliedertaxe.
Ein Blick auf die Teilnehmer*Innen des Seminars beweist: Diese Themen betreffen uns alle. Von Noch-Studierenden bis zu Renter*Innen waren alle Altersgruppen vertreten, auch mischten sich reine Freiberufler, Orchestermusiker*Innen und sonstige Festangestellte – oder welche, die parallel in verschiedenen Bereichen wirken. Man lernt nicht aus auf diesen Gebieten, vor allem durch die ständig wechselnden Situationen und sich ändernden Zahlen und Grenzen. Wie auch eine regelmäßige Auffrischung des Erste-Hilfe-Kurses als Schutz für Andere essenziellen Wert besitzt, so empfiehlt sich „Unternehmerisches Selbstbewusstsein“ quasi als Eigene-Hilfe-Kurs.
Fortbildungs-Tipp
7.5.2022: „Unternehmerisches Selbstbewusstsein für Musikschaffende – Online Workshop Teil III“ mit Philipp Schoof (Steuerbefreiungen, Belege)