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Der Geist der armenischen Musik

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Konzertabend „Heimat im Herzen“
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München. Reisen heißt, seinen Horizont erweitern, neue Kulturen kennenlernen. Bei dem Konzertabend „Heimat im Herzen“ der Komponistin Narine Khachatryan Ende Juni in der Kirche St. Agnes in München war die Anfahrt kurz und dennoch konnte man Armenien aus dem persönlichen Blickwinkel der Komponistin musikalisch näherkommen und den Geist einer reichen Musiktradition erleben.

Auf dem Programm standen demnach vor allem Werke Narine Khachatryans für unterschiedliche Besetzungen, aber auch traditionelle Lieder vergangener armenischer Komponisten. Eine wunderbare Gegenüberstellung, denn wie es in der Moderation von Stella Ghambaryan hieß: Für Khachatryan sei die armenische Musik, vor allem die geistliche, die Nabelschnur ihrer Kompositionen. Und das konnte man absolut nachvollziehen; viel mehr sogar: Die Musik der zeitgenössischen Komponistin wurde so erst recht verständlich. So öffneten traditionelle und geistliche Lieder unter anderem des Begründers der armenischen Klassik Komitas Vardapet oder des mittelalterlichen Mönchs Grigor Narekatzi die Ohren für die hörbare Weite und Ruhe einer grünen armenischen Berglandschaft oder für den typischen tetrachordischen, stark melismatischen Tonvorrat. Gesungen hat diese Lieder Narine Khachatryan selbst, begleitet von Carl Seebode an der Orgel.

Beim Eröffnungsstück „Diskurs a4“ Streichquartett Nr. 1 zeigte das Zentaur Quartett mit Katharina Schmauder, Annette Fritz, Marc Kaufmann und Caio de Azevedo auf eine klanglich sehr feinfühlige, homogene und begeisternde Art, wie das Thema, das die Viola anfangs vorschlug, zum Diskurs wurde. Der Landschafts-äquivalente Kontrast von lichtdurchfluteten Stellen mit Haltetönen in der hohen Diskantlage und erdiges Atmen der untersten Saiten zog sich wie hier durch sämtliche Kompositionen Narine Khachatryans.

Das zweite Streichquartett wirkte thematischer. So bereitete im ersten Satz eine sehr harmonische Wende im sonst freitonalen Stück eine Passage vor, in der Narine Kachatryan Komitas Varapet zitierte: Katharina Schmauder sang hier als erste Violine aus dessen Heiliger Messe „Jesus Christus, du allein bist der Herr,...“. Gesungen hat an diesem Abend auch der Pianist Dmitrij Romanov in der Uraufführung „Reflections“ für Klavier solo. Auch durch diesen textlosen Gesang wirkte das ganze Werk wie eine Art klangliche Meditation. Seufzer-Sekunden, Akkordbrechungen und die Lagen des Klaviers reflektierten abermals Lichtstrahlen und Grabestiefe.

Seine Virtuosität stellte Romanov in der „Toccatta“ bei schwindelerregenden Sprüngen und Läufen heraus, die er mit Bravour meisterte. Dieses Stück wie auch „Aquarell“, einem ruhigeren klanglichen Stück für Klavier solo, hatte Narine Khatchatryan mit erst 18 Jahren komponiert.

Eine weitere Uraufführung zeigten die zwei klanglich berührenden Cellisten Philipp Morgen und Graham Waterhouse mit den „Variationen“, bei denen ein klar vorgestelltes Thema stark rhythmisch und melodisch variiert wurde.

Den krönenden Abschluss bot das Stück „Lacrima“ für dreizehn Streicher im Fünf-Viertel-Takt, wobei sich die dreizehn eigenständigen Stimmen phasenweise zu homogenen Gruppen formierten. Wieder war in der ersten Violine die Melodie eines geistlichen armenischen Liedes gesetzt. „Lacrima“, lateinisch für die Träne, hörte man in der Tragik, bei kreischenden, weinenden Geigen, Seufzer-Sekunden und dann: Ein sanftes Ende eines Konzertabends, der zum Hinhören und Innehalten anhielt.

 

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