[...] Das Förderkonzept der Musikwerkstatt ist auf drei Klangkörper angelegt: das Kinderorchester Isartal, die Sinfonietta Isartal und die Neue Philharmonie München. [...]
Ein wenig ist Sergiu Celibidache an allem schuld. Als der Dirigent die Münchner Philharmoniker übernahm, forderte er als Erstes: mehr Probenzeit. „So hat er selbst aus Knüllern wie ‚Bolero‘ etwas Spannendes gemacht“, erinnert sich der Klavierpädagoge Franz Deutsch. Das Prinzip, „mit intensiver Arbeit dem Wesen der Musik immer näher zu kommen“, hat Deutsch zutiefst beeindruckt. Es war einer der Beweggründe, warum er 2005 gemeinsam mit weiteren engagierten Instrumentalpädagogen in Icking, 20 Kilometer südlich von München, die „Musikwerkstatt Jugend e.V.“ gegründet hat: einen gemeinnützigen Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, „junge musikalische Talente umfassend zu fördern, im Wissen, dass Musik die ganzheitliche Entwicklung des Menschen besonders unterstützt“.
Das Förderkonzept der Musikwerkstatt ist auf drei Klangkörper angelegt: das Kinderorchester Isartal, die Sinfonietta Isartal und die Neue Philharmonie München. Das Kinderorchester Isartal versammelt Kinder zwischen sieben und elf Jahren, denen die Violinpädagogin Barbara Hubbert die elementaren Erfahrungen im Zusammenspiel vermittelt. Im Jugendorchester, der Sinfonietta Isartal, spielen etwa 30 junge Musiker zwischen 11 und 16 unter der Leitung von Gerd Herbig und Johannes Zahn. Das Ensemble soll begabte Musikschüler an anspruchsvolle Orchesterliteratur heranführen. Die Neue Philharmonie München umfasst bis zu 90 Musiker zwischen 15 und 25 Jahren, zumeist „Jugend Musiziert“-Preisträger und Musikstudenten. Knapp acht Jahre nach Gründung der Musikwerkstatt bringt dieses dreigliedrige System laut Franz Deutsch die ersten „Eigengewächse“ hervor: Musiker, die alle drei Orchesterstufen durchlaufen haben und ihr Instrument nun auch studieren. Besonders bemerkenswert ist die Erfolgsgeschichte der Neuen Philharmonie München, die jährlich zu drei intensiven Probenphasen zusammenkommt. Über die Jahre wuchs das Einzugsgebiet des Orchesters von der Region München bis nach Spanien oder Rumänien.
Besonders für Musikstudenten, so Deutsch, „bietet das Ensemble Anreize, die sie in kaum einem Hochschulorchester finden“. Dazu zählen Konzertreisen, etwa nach Frankreich oder Italien, Zusammenarbeit mit renommierten Solisten wie Michael Korstick und Proben mit erfahrenen Dozenten wie dem Musikprofessor Peter Sadlo. Bei der Auswahl der Dirigenten setzt die Musikwerkstatt auf Vielfalt, um durch unterschiedlichste Einflüsse die ganze Musikerpersönlichkeit zu bilden. Unter dem erfahrenen Pädagogen Ulrich Weder „wurde detailliert gearbeitet und ein Wir-Gefühl geschaffen“, unter dem jungen Mahler-Spezialisten Yoel Gamzou wurden „bezahlte Aushilfen abgeschafft und eine Orchesterethik eingeführt“, mit dem Alte-Musik-Spezialisten Gerhart Darmstadt haben die Musiker „Bachs Matthäuspassion mit musikwissenschaftlichem Hintergrund einstudiert“, sagt Franz Deutsch.
So hat sich der Anspruch der Neuen Philharmonie München immer stärker professionalisiert. Und so verwirklicht sich auch die Leitidee der Musikwerkstatt Jugend, wonach „die Musik in ihrer intellektuellen, emotionalen und spirituellen Dimension erschlossen“ werden soll. In einer Zeit, in der das Effizienzdenken alle Lebensbereiche erfasst hat, ist eine solche Erfahrung ein kostbares Gut.