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Zwei Kinder die sich eine Klavierbank teilen und an der Klaviatur spielen.

Zwei Kinder beim Klavierunterricht. Foto: privat

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Die erste Musikschule macht das Licht aus?

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Zum Urteil von Herrenberg
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Das sogenannte Herrenberg-Urteil löst allerorten große Verunsicherung, Ratlosigkeit und Existenzangst aus. Denn dieses Urteil suggeriert, dass Honorarverträge an Musikschulen in Zukunft nicht mehr möglich sein sollen. Alle Lehrenden müssten festangestellt werden, was mit der Praxis des Musikschul-Alltages meistens kaum übereinstimmt und für eine kleinere Musikschule, die keine Förderung von der Kommune, dem Kreis oder dem Land erhält, aus den Gebühren nicht bezahlbar ist. Durch den bürokratischen Zufall einer Routineprüfung, die regelmäßig alle vier Jahre stattfindet, ist der Blick der Rentenprüfer nun ausgerechnet auf diejenige Brandenburger Musikschule gefallen, in der ich lange gearbeitet habe und heute noch dem Trägerverein vorstehe. Hintergrund ist die Verschärfung des Kriterienkatalogs der DRV zur Beurteilung des Beschäftigungsstatus im April 2023.

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Die Deutsche Rentenversicherung hat bei der kürzlich erfolgten Betriebsprüfung verkündet, alle Lehrkräfte seien ab dem Schuljahr 2024/2025 fest anzustellen. Damit nicht genug, sollen die Sozialversicherungsbeiträge für das gesamte aktuelle Schuljahr nachgezahlt werden. Es hat noch keine Statusprüfung stattgefunden. Die beauftragte Prüferin hat lediglich verkündet, Honorarbeschäftigungen seien nicht mehr möglich, es muss fest angestellt werden. Im Hinausgehen sagte sie: „Sie haben eine Angestellte (die Geschäftsführerin). Dann können sie doch auch 10 Angestellte haben“.  Das ist aber grob falsch und entspricht nicht der gültigen Gesetzeslage. Denn diese hat sich ja nicht geändert. Es ist nur ein Urteil in einem Einzelfall ergangen. Die DRV ist gerade dabei, den nicht subventionierten Musikschulbereich in den Abgrund zu prüfen. Die DRV befindet sich aber nicht im rechtsfreien Raum. 

Für eine nicht geförderte kleine Vereinsmusikschule, die nur von Gebühren lebt, ergibt sich eine erhebliche Mehrbelastung. Die Umwandlung einer Honorarkraft in ein Beschäftigungsverhältnis vom Modell „Mini-Job“ bedeutet, dass auf diesen Minijob (max. 538 Euro) Krankenversicherung, Rentenversicherung, Lohnsteuer, Berufsgenossenschaft und Insolvenzgeldumlage bezahlt werden müssten, rund 150 Euro pro Monat. Das ergäbe bei 20 Lehrern, was ungefähr der Menge der Lehrenden im Honorarvertrag der betroffenen Musikschule entspricht, eine Mehrbelastung von 3.000 Euro im Monat. Die Folge wäre eine drastische Gebührenerhöhung um 50 Prozent oder mehr und die Folge davon wäre wiederum eine Massenkündigungswelle zum Schuljahresende. Die Musikschule hätte dann Festanstellungen, aber kaum noch Schüler und damit auch nicht mehr genug Einnahmen. Sie müsste aber weiter Löhne und Sozialabgaben zahlen und auch Kündigungsfristen wären noch zu beachten. Der sichere Bankrott wäre unumgänglich. Die Kollegen, die so einen Vertrag annehmen, verlieren zudem die Möglichkeit, an zwei oder mehr Musikschulen zu arbeiten. Beim Midi-Job müsste die Musikschule 28 Prozent des Honorars an die Rentenkasse abführen. Auch hier würden die Gebühren drastisch steigen. Aber was am schlimmsten ist: die deutlich höheren Gebühren können sich Familien mit mittleren und kleineren Einkommen nicht mehr leisten. Das Ziel eines Bildungsangebotes für alle wäre damit unerfüllbar. Musikunterricht gibt es dann nur noch für Kinder mit reichen Eltern.

Alle Menschen, die das Musikschulwesen von innen kennen, wissen es: zum Betrieb einer kleinen oder mittleren Musikschule werden nur wenige fest angestellte Arbeitskräfte benötigt. Das ist bedingt a) durch den geringfügigen Grad der Auslastung der meisten Lehrkräfte und b) durch die ununterbrochen schwankenden Schülerzahlen sowie c) durch die schwankenden Schülerinteressen, denn Instrumente werden beliebter oder weniger beliebt. Die festangestellten Lehrkräfte könnten unter Umständen nicht ausgelastet werden und andere Arbeit ist nicht vorhanden. Außerdem gibt es abschreckende Einzelbeispiele, die sich langsam herumsprechen. Hier ein paar Beispiele: An einer großen Berliner Bezirksmusikschule werden die festangestellten Lehrer gezwungen, ab morgens 9 Uhr in der Musikschule anwesend zu sein. Sie haben dort nichts zu tun, und warten täglich, bis der Unterricht beginnt. Einer anderen Musikschule im Brandenburger Norden wurden 4 Stellen vom Landkreis angeboten, jedoch mit der Maßgabe, dass vormittags auch an Kitas und Grundschulen zu unterrichten sei. Besetzt werden konnten zwei der vier Stellen mit Pädagoginnen, die vorher nicht an der Musikschule gearbeitet hatten. Ganz weit im Norden verbot eine Musikschule dem Kollegium das Konzertieren in der eigenen Stadt mit der Begründung, dass sie nicht als Musiker eingestellt worden wären. Dabei ist Musik etwas Ganzheitliches: eigenes künstlerisches Tun und Unterrichten ist seit Jahrhunderten eine Einheit.

Die Kollegen, die an der Musikschule arbeiten, sind in der Regel keine Arbeitnehmer und verstehen sich auch nicht so, sondern sie sind als Künstler, Musiker, die zum Teil seit Jahrzehnten bewusst freischaffend leben und arbeiten und dies auch weiter tun wollen, um in den anderen Tätigkeitsfeldern (Konzerte, Tourneen, Privatschüler) flexibel zu bleiben. Aus solchen, meist terminlichen Gründen, ist es den Honorarlehrkräften möglich und gestattet, Unterrichtstermine umzulegen, auf andere Wochentage oder in die Ferien zu verschieben oder abzusagen. Sie müssen keine Vertretung benennen und keine Gründe angeben. Eine Blitzumfrage an der Musikschule ergab, dass von zwanzig Unterrichtenden drei eine feste Stelle für anstrebenswert halten. Das sind Kolleginnen und Kollegen, die tatsächlich nur unterrichten, leider mit Fagott und Cello Fächer mit geringen Schülernachfragen.

Für diese Klientel freiberuflicher Musiker, die auf den verschiedensten Standbeinen innerhalb der Musikberufe als Solisten, Ensemblemitglieder, Coaches, Produzenten und viele andere mehr stehen, schuf der Gesetzgeber die KSK, um Künstler im Auf und Ab des Marktgeschehens und den natürlichen Schwankungen des Musikmarktes abzusichern. Aber der festangestellte Musiker wird den Schutz durch die KSK verlieren, falls sie/er in der Musikschule einen Euro mehr verdient als mit ihrer künstlerischen Tätigkeit.

Und noch ein wichtiges Argument muss hier benannt werden: seit anderthalb Jahren existiert ja das europäische Gesetz zur Kündigungsfrist, das den Eltern das Recht zu einer Kündigung in 4-Wochen-Frist einräumt. Musikschule wird damit weniger planbar, die Schülerzahlen können gegebenenfalls von Monat zu Monat variieren. Diese schwankende Nachfrage kann nur durch Honorarkräfte ausgeglichen werden, festangestellte Kollegen müssten musikschulseitig dann evtl. für Stunden bezahlt werden, für die es keine Schüler gibt. 

Wir haben zum Glück ein fittes Steuerbüro und werden uns auch anwaltlicher Hilfe bedienen. Denn auch die DRV befindet sich nicht im rechtsfreien Raum. Aber wenn dieser Kampf verloren wird, bleibt dem Vorstand nur die Vereinsauflösung. Denn niemand aus dem Vorstand oder der Geschäftsführung kann das Risiko einer Haftung für festangestellte Kollegen übernehmen, zumal, wenn dann auch noch saftige Rückzahlungen drohen. Das Ergebnis einer Reform, die eigentlich die Musikschullehrer besser absichern sollte, wird also im konkreten Falle so aussehen, dass 20 Kolleginnen und Kollegen ihr sicheres 2.Standbnein verlieren und 500 Kinder in 8 Orten ihr Angebot auf musikalische Bildung, die in den Schulen immer mehr verkümmert. Es geht letzten Endes darum, Kinder und Jugendliche in die Welt der Musik einzuführen und ihr Leben durch dieses schöne Hobby zu bereichern. Und natürlich geht es auch um Nachwuchs für unseren eigenen Beruf, um die nächste Generation Musiklehrer.

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