1987 war es, bei dem ersten internationalen Kongress von Gesangspädagogen in Straßburg, da entstand die Idee zu einem eigenen Fachverband. Gründerinnen und Gründern ging es um eine fundierte Ausbildung junger Sängerinnen und Sänger. Grundlage dafür ist das Wissen um die besonderen physiologischen und psychologischen Voraussetzungen des Singens.
Gegründet wurde der Bundesverband Deutscher Gesangspädagogen e.V. (BDG) dann 1988, erzählt Marilyn Schmiege, Opernsängerin und Hochschulprofessorin a.D. und seit 2014 Verbandspräsidentin.
Dass das Instrument bei Sängerinnen und Sängern deren eigener Körper ist, bringt beim Auftritt auch eine ganz eigene Herausforderung mit sich, erzählt Schmiege: „Sänger sind die einzigen Musiker, die das Publikum beim Vortrag direkt anschauen. Sie müssen den Text technisch und inhaltlich vermitteln; das erfordert eine gute Atmung, Artikulation und Darstellung.“
Gleichzeitig liefern wissenschaftliche Einzeldisziplinen wie die Phoniatrie oder die Neurologie laufend neue Erkenntnisse. Für Pädagoginnen und Pädagogen ist es daher wichtig, sich auf dem Laufenden zu halten uns zu wissen, was den Erhalt einer gesunden Singstimme fördert: „Unterstützend für Achtsamkeit und das Vermeiden von Fehlhaltungen können beispielsweise Alexandertechnik, Feldenkrais oder Qigong sein. Unsere Stimmlippen sind nur zwischen einem und eineinhalb Zentimetern lang und reagieren empfindlich auf Überanstrengung oder falsche Anspannung“, erläutert Marilyn Schmiege. „Im schlimmsten Fall kann es zu dauerhaften Stimmschäden kommen.“
Auch Logopäden gehören dazu
Vereinfacht gesagt setzt sich der BDG für gesunden Gesang ein. Unter seinen etwa 1.300 Mitgliedern finden sich daher nicht nur Gesangsprofessoren und -dozenten an Musikhochschulen und Universitäten, Lehrkräfte an Musikschulen und selbständige Gesangspädagog/-innen als ordentliche Mitglieder, sondern auch Logopäden, Kirchenmusiker, Sprachtherapeuten oder Phoniater als fördernde Mitglieder. Dazu kommen korporative Mitglieder wie Verlage und andere Institutionen.
„Die Mitgliedschaft im Bundesverband deutscher Gesangspädagogen soll als Merkmal für kompetenten und qualifizierten Gesangsunterricht wahrgenommen werden, das ist unser Ziel“, erklärt Präsidentin Schmiege. „Dementsprechend müssen Neumitglieder das Studium der Gesangspädagogik abgeschlossen haben. Problematisch ist, dass es in der Gesangspädagogik keinen einheitlichen Ausbildungsstandard gibt.“
Auch aktive Sänger mit abgeschlossenem Gesangsstudium und Unterrichtserfahrung können als ordentliche Mitglieder in den BDG aufgenommen werden. Zudem finden sich unter den Mitgliedern Quereinsteiger wie Kirchenmusiker oder Chorleiter, die pädagogisch tätig sind. Allerdings wird, wer kein gesangspädagogisches Abschlusszeugnis vorweisen kann, auf die jeweilige pädagogische Erfahrung hin geprüft.
Fortbildungen sind Pflicht im Berufsverband
Seit 2018 wird der BDG als Berufsverband und damit als berufsständische Interessenvertretung anerkannt. „Seither gibt es eine Fortbildungspflicht für die ordentlichen Mitglieder“, betont Marilyn Schmiege.
Zu dem alljährlichen Kongress und den bundesweiten Fortbildungen des Verbandes kommen unter dem Titel „BDG vor Ort“ regionale Fortbildungen – beispielsweise zu den Themen Phoniatrie oder Stimmphysiologie – an mittlerweile 13 Orten in Deutschland. Mit seinem Zertifizierungssystem, das an die Standards von Ärzten und Logopäden angelehnt ist, hofft der BDG zudem auf eine offizielle Anerkennung. So könnten beispielsweise auch Logopäden bei den BDG-Fortbildungen Fortbildungspunkte sammeln.
Schließlich legt der BDG seit Juni 2005 die Fachzeitschrift für Gesangspädagogik „Vox Humana“ auf, die viermal im Jahr erscheint. Hier geht es um neue Erkenntnisse in der Stimmphysiologie, in Methodik und Didaktik sowie den Austausch aus der pädagogischen Praxis wie Rezensionen von Fachbüchern und -DVDs. Seit 2019 wird „Vox Humana“ gemeinsam mit dem Österreichischen (EVTA-Austria) und dem Schweizer Gesangspädagogenverband (EVTA-Schweiz) herausgegeben.
Kooperation ist unerlässlich
Auch vor der Entscheidung zum Berufsverband standen die Mitglieder des BDG schon untereinander über die „Vox Humana“ und die Fortbildungen des Verbandes in Kontakt. Seit 2018 sucht der BDG verstärkt die Kooperation mit anderen Berufsverbänden im Musikbereich, etwa dem DTKV. Hier haben die Gesangspädagoginnen und -pädagogen bereits einige schon bestehende Angebote des DTKV übernommen, wie die Berufshaftpflichtversicherung und die Honorarstandards. Außerdem dürfen BDG Mitglieder die Unterrichtsverträge des DTKV beziehen.
Marilyn Schmiege hofft außerdem auf die Möglichkeit, künftig auch die Erstrechtsberatung sowie die KSK-Beratung durch den DTKV für den BDG in Anspruch nehmen zu können. Der DTKV seinerseits gewinnt durch die Kooperation neue Mitglieder. Schon jetzt sind etwa 17 Prozent der BDG- Mitglieder gleichzeitig Mitglieder im DTKV.
Auch darüber hinaus ist das Netzwerk des BDG weit verzweigt: Gute Kontakte gibt es zu vielen Institutionen: zur Stiftung „Singen mit Kindern“ – zu dessen Vorstandsmitgliedern DTKV-Präsident Cornelius Hauptmann gehört –, zum Leipziger Symposium für Kinder- und Jugendstimme sowie zur Akademie für gesprochenes Wort (die die Stuttgarter Stimmtage ausrichtet) und zum der Freiburger Institut für Musikermedizin.
Dazu kommen als Verbände der Deutsche Chorverband, der deutsche Bundesverband für Logopädie, der deutsche Bundesverband der Atem- Sprech- und Stimmlehrer/-innen, der National Association of Teachers of Singing, das Wiener Symposium zur Sänger- und Schauspielerstimme und der Internationaler Verband für Integrative Stimmtherapie und Stimmpädagogik.
Für Präsidentin Marilyn Schmiege steht fest: „Unser Ziel ist es, als Berufsverband zu einer Art Qualitätssiegel zu werden: Wer eine Gesangslehrkraft für sich oder seine Kinder sucht, sieht sich zuerst unter den Mitgliedern des BDG um.“
Weitere Informationen
www.bdg-online.org und
www.voxhumana-online.org