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Eigene Klangsprache auf das Instrument übertragen

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Niedersächsische Komponisten im Porträt: Christoph J. Keller
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Seit Herbst 2010 berichten wir regelmäßig über niedersächsische „Neue Musik“ und stellen deren Autoren vor. Dazu haben 2010 in Hannover und Ende Mai 2012 in Lüneburg Konzerte mit Werken von Violeta Dinescu, Peter Florian, Christoph J. Keller, Ronald Poelman, Gerhart Schäfer, Helmut W. Erdmann und Rudolf Suthoff-Groß stattgefunden.

Unser Vorhaben, Ihnen diese unsere niedersächsischen Komponisten aus dem Deutschen Tonkünstlerverband (DTKV) nacheinander vorzustellen, wollen wir heute vorerst abschließen und stellen unseren Lesern in dieser Ausgabe Chris-toph J. Keller vor. Er wurde 1959 in Geldern am Niederrhein geboren. Seine Eltern förderten das Musizieren ihrer Kinder sehr. Mit etwa fünf Jahren erhielt er ersten Klavierunterricht. Als es etwa 1970 im Ort eine Kreismusikschule gab, konnte er weiterhin Klavier-, aber auch Cello-, Gehörbildungs- und Musiklehreunterricht nehmen. Aber auch das Orgelspiel erlernte er und es begeisterte ihn zu vielen Improvisationen, welche er auch am Klavier praktizierte. Bereits als Zehnjähriger hat er angefangen, kleine tonale Sätze oder Sonatinen aufzuschreiben. Als Jugendlicher musste er dazu noch die richtige Notation erlernen, denn „… es sollte ja auch so klingen, wie ich es mir innerlich vorgestellt hatte“, beschreibt Keller seinen damaligen Weg zur Komposition. Bereits in seiner Jugend fasste er den Entschluss, die Musik zu seinem Beruf zu machen.
Keller studierte ab 1978 an der Musikhochschule in Saarbrücken die Fächer Schulmusik und Musikerziehung. Diese Zeit nutzte er zur musikalischen Selbstfindung, ohne Wesentliches zu komponieren. Das „Studio für neue Musik Saarbrücken“ gab ihm wichtige Impulse, das Interesse an der Neuen Musik weiterzuentwickeln. Danach absolvierte er bis 1985 ein Konzertreifestudium mit dem Hauptfach Klavier bei Jean Micault.

Einige Jahre lang unterrichtete er schon während des Studiums an der Musikschule des Landkreises Saarlouis und ab Oktober 1985 bekam er eine hauptamtliche Klavierlehrerstelle an der Musikschule der Stadt Oldenburg, wo er die Fächer Klavier, Kammermusik und Musiktheorie lehrte. Gemeinsam mit seiner Frau Jutta (Fachkombination Blockflöte und Gesang an der Carl von Ossietzky-Universität) fand er so seine neue Wirkungsstätte.
Zwischen 1985 und 1990 erfüllten Klavier-, Kammermusik- und Liederabende in Italien, Frankreich und Deutschland sein Wirken mehr als die Komposition.

Seit l997 ist Christoph J. Keller als freischaffender Komponist, Pianist und Musikerzieher in Oldenburg tätig. Sein Wissen über sowie seine Gedanken zur Musik vermittelt er gern in zahlreichen Vorträgen, Gesprächskonzerten und Seminaren.

Im Gespräch erfahren wir unter anderem über seine Arbeitsweise: „Ich beschreite den Weg, traditionelle Impulse mit modernen Ausdrucksmomenten zu verbinden, um so zu einer individuellen Klanglichkeit zu gelangen.“ Er möchte dabei den unmittelbaren Zugang zum musikalischen Geschehen des Klangerlebens von Spieler und Hörer gleichzeitig und jederzeit ermöglichen.

Christoph Keller ist es sehr wichtig, die Möglichkeiten eines Instruments, für das er schreibt, genau zu erforschen: „Denn es ist spannend, die eigene Klangsprache auf das jeweilige Instrument zu übertragen und dabei auch das Instrument genau zu ergründen“, sagt er. Zwischen 1992 (Epigramme) und 1994 entstanden so zahlreiche Werke für Akkordeon in ganz enger Zusammenarbeit mit Akkordeonisten und Lehrern.

Das Interesse der Öffentlichkeit entwickelte sich ab 1995 durch Veröffentlichungen der Druckausgabe vom „Neuen Jugendalbum“(Noetzel) und 1996 „Metamorphosen“(Augemus). Dann wurde auch die überregionale Presse auf ihn aufmerksam und die EPTA (European Piano Teachers Association) analysierte das „Jugendalbum“. Es entstand eine Nachfrage von Ensembles und Musikern und es kamen auch Kompositionsaufträge durch verschiedene Institutionen wie z. B. das Werk „Verantwortung für die Erde“ zur Ossietzky-Preisverleihung der Stadt Oldenburg im Jahr 2002. Diese melodramatische Komposition entstand nach den Anschlägen in den USA am 11.09.2001. Weitere Melodramen, wie die Christophorus-Legende und Schillers Ballade „Der Taucher“ wurden vom „Duo Pianoworte“ mit Bernd-Christian Schulze und Helmut Thiele professionell  aufgeführt und beim NDR eingespielt. Weitere melodramatische Momente finden sich auch in seinem 2008 in Oldenburg uraufgeführten Oratorium „Der Antichrist“ nach einem Text von Vladimir Solovjev für Chor, Solisten, Orgel, Schlagzeug, Trompete und Posaune. Keller bemerkt: „Um immer wieder Neues schaffen zu können, ist die positive Rückmeldung von Publikum, Kollegen und der Fachpresse mit entscheidend!“

Er arbeitet mit vier fachkompetenten Verlagen zusammen, welche durch ihr künstlerisches Interesse sowie durch Mut und Engagement die Arbeit des Komponisten wesentlich unterstützen. Damit bleiben seine Werke nach der Uraufführung nicht in der Schublade liegen, sondern leben weiter und schaffen mittlerweile Verbindung in die ganze Welt.
Dazu ein Beispiel, worüber mir Keller berichtete: Auf der EPTA-Tagung 2010 in Schwerin lernte er die aus den USA stammende Pianistin Dr. Carleen Graff kennen. Sie war nach Deutschland gekommen, um klangexperimentelle Musik für einen Fortbildungstag im US-Bundestaat New Hampshire (in der Region Neuengland) zu finden und war von Kellers klangexperimentellen Miniaturen „Kaleidoskop“ und anderen Notenheften vom Inventio-Musikverlag begeistert. Die Fortbildung fand im März 2011 im Rahmen des „Contemporary Piano Festival“ an der Plymouth State University statt und es wurden dort zahlreiche Klavierwerke Kellers vorgestellt. Der Vorteil beispielsweise der Inventio-Musikverlag-Veröffentlichungen liegt auf der Hand: die enthaltenen Texte (Vorwort, Spielanweisungen etc.) werden immer zweisprachig abgedruckt: deutsch und englisch. So sind weltweite Anwendungen möglich.

Als die Komposition „Klangwelten“ (1994) als Werk mit vier umfangreichen Sätzen für Klavier entstand, setzte Keller das Zusammenspiel von Licht und Klängen ein. Das musikalische Geschehen stellte er als Wechselspiel der Farben dar, jeder Satz bekam eine Farbnuance als Grundfärbung. Für die Uraufführung entstand extra eine Farbchoreographie, welche mit acht Scheinwerfern und deren zahlreichen Schattierungen bei Aufführungen in Hannover und Oldenburg verwirklicht werden konnte. Im letzten Jahr sind bei Inventio zwei Kammermusikwerke Kellers herausgekommen: Die Partita für Violine und „Inparlando“ für Violoncello solo. Für dieses Jahr ist mit der sinfonischen Dichtung „Atlantis“ für Klavier vierhändig seine mittlerweile dreißigste Notenveröffentlichung in Vorbereitung. Ebenfalls im Jahr 2013 ist eine neue CD von Christoph J. Keller erschienen. Darin spielt er selbst eine didaktisch aufgebaute Übungs- und Vortragsreihe von 46 Klavierstücken. Wir werden noch darüber berichten.

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