Herbert Baumann zählt zu den bedeutendsten deutschen Theaterkomponisten des 20. Jahrhunderts. Er arbeitete mit so wichtigen Regisseuren wie Wolfgang Langhoff, Boleslaw Barlog, Willi Schmidt, Erwin Piscator, Fritz Kortner, Hans Lietzau, Walter Felsenstein, Kurt Meisel oder Ingmar Bergman zusammen und komponierte Bühnenmusiken zu über 500 Theaterinszenierungen, deren Spektrum von den Dramen Shakespeares, Goethes, Schillers, den Komödien Molières bis zu modernen Stücken eines Anouilh, Peter Shaffer oder Friedrich Dürrenmatt reicht. Einem großen Publikum wurde er durch die Musik zu über 40 Fernsehspielen bekannt.
Außerordentlich erfolgreich sind seine großen Ballette „Alice im Wunderland“ und „Rumpelstilzchen“ (über 200 Aufführungen an großen Opernhäusern). Doch der überaus fruchtbare Komponist trat ebenso erfolgreich mit absoluter Musik hervor. Er wurde mit Aufträgen für Orchester- und Kammermusik überhäuft, deren „pikante Klangeffekte, frischer Witz, Fülle von thematischen Einfällen und präzise Form“ von den Kritikern begeistert gelobt wurde. Der Umfang seines Werkverzeichnisses erstaunt: über 30 Kompositionen für großes Orchester, über 60 Kammermusikwerke, zahlreiche Chorwerke, Lieder und die zwei bereits erwähnten Ballette.
Damit nicht genug: Er ist einer der wenigen Komponisten des ausgehenden 20. Jahrhunderts, der auch Musik für Laien geschaffen hat. „Nischt jemacht, alles geworden“ fasst Herbert Baumann bescheiden und mit Berliner Ironie seinen Lebensweg zusammen. Wie seine Musik ganz natürlich wächst, so entwickelte sich auch sein Leben. Seine Kindheit in Berlin verlief, soweit das während des Krieges möglich war, glücklich. Nach einem kurzen Studium am Internationalen Musikinstitut Berlin bei Paul Höffer, Boris Blacher (Komposition) und bei Sergiu Celibidache (Dirigieren) wurde er bereits im Alter von 22 Jahren Leiter der Schauspielmusik am Deutschen Theater. 1953 – nach dem 17. Juni – erfolgte der Wechsel an die Staatlichen Berliner Bühnen Schiller- und Schlossparktheater. 1970 erhielt er ein Engagement an dem Bayerischen Staatsschauspiel Münchner Residenztheater. Ab 1979 arbeitete er freiberuflich. In dieser Zeit war er auch im Münchner Tonkünstlerverband als zweiter Vorsitzender aktiv und leitete zusammen mit Carlos Veerhoff und Meinrad Schmitt das „Studio für Neue Musik“.
Herbert Baumanns Musik hat einen unverkennbar eigenen Charakter. Sie ist immer handwerklich gekonnt, wohlproportioniert in ihrer Form, betont rhythmisch und voller melodischer Einfälle. Sie steht in einer Tradition, die über Hindemith, Bartók und Strawinsky zurückreicht bis zu Schubert und Mozart und dabei das Große, Monumentale und Kolossale ausspart. Seine Musik gibt sich so bescheiden wie er selbst ist: „Es gibt so viele sehr gute Symphonien. Da komme ich doch gar nicht mit“, sagte er in einem Interview 1995. Er schuf lieber Musik für außergewöhnliche Besetzungen (zum Beispiel für die Philharmonischen Geigen Berlin: 10 Violinen und Klavier oder für das Ensemble Cello X 12) und für vernachlässigte Instrumente wie Gitarre und Mandoline. International bekannte Virtuosen wie Siegfried Behrend oder Michael Tröster spielen diese Werke mit großem Erfolg bei ihren Konzerten.
Das stilistische Spektrum Baumanns reicht von der Volksliedbearbeitung und vom Jazz (im Bereich der angewandten Musik) bis hin zu modernsten Avantgarde-Techniken wie Zwölftönigkeit, Aleatorik und elektronische Musik. Allerdings stehen bei ihm diese neuen Techniken nie im Vordergrund, sind vielmehr Teil der Geschichten, die seine Musik erzählt.
Herbert Baumann erhielt 1998 das Bundesverdienstkreuz für sein Lebenswerk. In diesem Jahr errichtete er die Herbert-Baumann-Stiftung mit dem Ziel der Förderung der Musik, insbesondere der Zupfmusik durch Wettbewerbe, Kompositionspreise, Konzerte und CDs. In seinem Jubiläumsjahr 2005 wird er mit zahlreichen Konzerten gefeiert. Zu den Höhepunkten wird die Premiere seines Balletts „Alice im Wunderland“ am Theater Hof zählen. Aktuell berichtet darüber die Homepage des Komponisten www.komponisten.net/baumann. Über Leben und Werk informiert die im Verlag Hans Schneider, Tutzing erschienene Monographie „Herbert Baumann“ („Komponisten in Bayern“ Bd. 32).
Herbert Baumann ist einer der wenigen Persönlichkeiten, die mit ihrem positiven Wesen und ihrer lebensbejahenden Kunst in unserer schwierigen, von Zukunftsängsten bedrängten Zeit Mut machen. Dafür danken ihm gleichermaßen Musiker und Hörer.