Am 1. Mai 2021 war es endlich soweit: Der Gesamtvertrag des DTKV mit der VG Musikedition trat in Kraft. Ein Vertrag, der von vielen Verbandsvertretern seit langem gefordert wurde und auch den selbständig tätigen Musikpädagog*innen endlich ermöglicht, legal Kopien von Noten im Unterricht zu verwenden.
Der damalige Präsident des DTKV Cornelius Hauptmann feierte den neuen Vertrag mit den Worten: „Was den Musikschulen schon seit einigen Jahren recht ist, sollte auch freiberuflichen Musikpädagoginnen und -pädagogen billig sein! So sind wir dankbar, dass die VG Musikedition nun ein Modell des DTKV aufgegriffen hat, das auch Soloselbständigen in diesem Bereich die legale Vervielfältigung von urheberrechtlich geschütztem Notenmaterial praxisnah für den Unterricht in einem festgelegten Umfang ermöglicht. Durch Abschluss des Gesamtvertrags wird Mitgliedern des DTKV ein Vertragsnachlass von 20 Prozent gewährt.“
Ein Jahr danach müssen wir nun feststellen, dass bislang nur wenige Mitglieder einen Vertrag mit der VG Musikedition abgeschlossen haben. Haben wir den Bedarf derart unterschätzt? Woran liegt es, dass die Möglichkeit die Verwendung von Notenkopien zu legalisieren kaum angenommen wird?
Rechtliche Grundlage für den Vertrag ist § 53 Abs. 4 UrhG, der ein Fotokopier- bzw. Vervielfältigungsverbot für Noten oder Songtexte geschützter Werke und Ausgaben beinhaltet. Auch selbständig tätige Musikpädagog*innen dürfen – genau wie Musikschulen – Notenkopien nur nach Abschluss einer Lizenzvereinbarung mit der VG Musikedition anfertigen und verwenden.
Denn das Gesetz sieht im Gegensatz zu den legalen „Privatkopien“ bei Büchern oder Tonträgern, keinerlei Ausnahmen zu. Selbst das Erstellen von Kopien zum Proben und Üben, zum Mitlesen, zum Werkstudium oder etwa zum Schonen der Originale ist verboten. Die einzige Möglichkeit, legal Notenkopien auch im Unterricht zu verwenden, ist und bleibt also ein Lizenzvertrag mit der VG Musikedition.
Manche werden schlicht und einfach die Einführung des Lizenzvertrags „verschlafen“ haben. Anderen ist nicht bewusst, dass auch die Weitergabe oder auch nur die Speicherung von Notenkopien der selbst erworbenen Noten nicht legal ist. Die einzige legale Möglichkeit des Kopierens von Noten ist das handschriftliche Abschreiben. Selbst die Annahme, dass Noten, die mehr als zwei Jahre vergriffen sind, legal kopiert werden dürfen, sind in Zeiten von Print on demand passé. Denn die Verlage könnten im Prinzip bei Bedarf einzelne Ausgaben ihrer Noten über diesen Weg reproduzieren und zur Verfügung stellen.
Auch die Hoffnung beziehungsweise das Argument von manchen Kolleg*innen, dass die Verwendung von Notenkopien kaum nachzuweisen sei, dürfte sich als Trugschluss erweisen. Man erinnere sich nur an das böse Erwachen, das manchen Eltern mit horrenden Forderungen von großen Film- und Musikkonzernen nach dem illegalen Kopieren von entsprechenden Werken ihrer Kinder beschieden war. Darauf verlassen, dass man schon nicht erwischt werde, sollte man sich nicht.
Vielen Kolleg*innen dürfte dabei die Tragweite ihres Tuns beziehungsweise Nicht-Tuns gar nicht bewusst sein. Denn die Benutzung von Notenkopien egal in welchem Zusammenhang ist kein Kavaliersdelikt: Die rechtlichen Folgen können durchaus gravierend sein. Nochmals ein Gesetzeszitat (§ 106 UrhG): „Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder Bearbeitung (…) vervielfältigt (…), wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (Bereits) der Versuch ist strafbar.“ Denn – auf den Punkt gebracht – illegales Notenkopieren ist Diebstahl, nämlich Diebstahl eines geistigen Eigentums.
Anderen Kolleg*innen ist der Erwerb einer Lizenz schlichtweg zu teuer. Bei der prekären Situation vieler Instrumentalpädgog*innen ist das durchaus nachvollziehbar. Aber mal ehrlich: Die Lizenzgebühren sind natürlich als Betriebsausgabe bei der Steuer ansetzbar und mindern dadurch den Gewinn. Auch ohne den steuerlichen Aspekt sind die Kosten überschaubar: Die Lizenzgebühren sind nach Schüleranzahl gestaffelt. Für den recht unwahrscheinlichen Fall, dass nur ein Schüler betreut wird, sind sie im Verhältnis am teuersten. Selbst in diesem Fall würde ich als DTKV-Mitglied nicht mehr als 6,50 Euro pro Monat brutto für die Lizenz ausgeben, das sind 22 Cent pro Tag. Bereits mit einer Schüleranzahl von mindestens sechs Schülern kommt man dann schon deutlich günstiger weg.
Was bekommt man für sein Geld? Es werden 99 Prozent des verfügbaren Notenmaterials mit einer Lizenz abgedeckt, da die VG Musikedition über 800 deutsche Musikverlage sowie die deutschen Subverlage internationaler Verlage vertritt und durch Gegenseitigkeitsverträge mit ausländischen Verwertungsgesellschaften auch deren Repertoire von der Lizenz erfasst wird. Und aufgrund einer gesetzlichen Neuregelung, die im Laufe dieses Jahres in die Praxis umgesetzt wird, wird ein Lizenzvertrag mit der VG Musikedition auch das Repertoire von Dritten (Außenstehenden) umfassen, die kein Mitglied der Verwertungsgesellschaft sind. Würde man die entsprechenden Noten alle selbst erwerben, müsste man deutlich mehr in die Tasche greifen. Kleinere Werke bis 5 Minuten Spieldauer kann man komplett kopieren, größere Werke bis zum Umfang von 20 Prozent Spieldauer. Aus Sammelbänden 20 Prozent in Bezug zur Seitenzahl kann man legal kopieren, und sowohl für den Unterricht als auch bei Aufführungen verwenden. Dabei gibt es keine Obergrenze für die Anzahl der angefertigten Kopien. Wer sich gerne noch persönlich informieren möchte, dem seien die regelmäßig stattfinden Informationsveranstaltungen der VG Musikedition ans Herz gelegt.
Weitere Informationen auch online unter:
www.vg-musikedition.de/vervielfaeltigungen/musikpaedagogen