1,60 Meter groß ist Esther Bejarano. Viel erlebt hat die eher zierliche Person, die für ihr stattliches Alter von 89 Jahren sehr jung und resolut wirkt. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund. In ihrem Leben hat sie hart kämpfen müssen. Als Jugendliche war die gebürtige Saarländerin nach Auschwitz deportiert worden, spielte dort im Mädchenorchester und hat Auschwitz wie durch ein Wunder überlebt. Wahrscheinlich, weil ihre Eltern sie christlich erzogen hatten, sagt sie. Wegen ihrer christlichen Großmutter durfte sie von Auschwitz in ein anderes Lager wechseln, auf dem Weg dorthin konnte sie gemeinsam mit anderen fliehen.
Bis heute steht Esther Bejarano auf der Bühne, die für sie mehr Heimat ist als eine Stadt wie Hamburg, in der sie seit über 30 Jahren lebt, und als ein Land wie Israel, das sie erstmals nach ihrer Flucht aus Auschwitz kennengelernt hatte und das sie seit ihrem Fortgang aus Israel gemeinsam mit ihrem Mann immer wieder besucht hat. Seit Neuestem ist Esther Bejarano „unter die Rapper gegangen“, wie sie schmunzelnd sagt. Und hat mit der „Microphone Mafia“ eine neue Familie dazubekommen: Ihre rappenden Mitmusiker sehen sich als ihre „Söhne“, tatsächlich spielt auch Esther Bejaranos eigener Sohn Joram mit.
Musik ist für Esther Bejarano ein Teil ihres Lebens, den sie auch im Alter nicht missen möchte, hat sie ihr doch einst auch das Leben gerettet. Im Rahmen des 75. Gedenktages zur Reichsprogromnacht wurde Esther Bejarano im November 2013 zum Ehrenmitglied des Hamburger Tonkünstlerverbandes ernannt.
Im Konzert, das anlässlich dieses Gedenktages ausgerichtet wurde, erklang Musik verfemter Komponisten und eine vom DTKV initiierte Auftragskomposition von Sebastian Sprenger. Nun endlich konnte der viel beschäftigten Musikerin, die im November nicht hatte dabei sein können, Anfang Juni die Ehrenurkunde überreicht werden im Rahmen des Taswir-Seminars, das wöchentlich im jüdischen Café Leonar im Hamburger Grindelviertel stattfindet. Dies gab Gelegenheit, sich über Israel und verfemte Musik zu unterhalten. Darüber, dass Zuhörer und Veranstalter die Musik und die Komponisten ein weiteres Mal ächten, wenn sie fürchten, verfemte Musik sei zu anstrengend, zu traurig anzuhören.
Paradoxe, ja absurde Momente hat Esther Bejarano schon viele erlebt: beispielsweise fröhliche Musik spielen für jene, die dem Tod geweiht waren, wenn sie mit ihrem Akkordeon und ihren fünf Mitmusikerinnen Neuankömmlinge an der „Rampe“ in Auschwitz begrüßte. Gegen das Vergessen – dafür kämpft Esther Bejarano mit Lesungen, in denen sie aus ihren beim Hamburger Laika- Verlag erschienenen „Erinnerungen“ vorliest, mit ihren Besuchen in Talkshows und mit ihren Konzertauftritten. Eine Künstlerin, die hoffentlich noch viele Jahre auf den Brettern der Welt zu erleben ist.