Vor 75 Jahren, am 1. Dezember 1946, wurde Walther Prokop als Sohn des Malers Karl Prokop in Rosenheim geboren. Auch der jüngere Bruder Gerhard wurde Maler, Walther aber Musiker: Er studierte Schulmusik und Komposition an der Münchner Musikhochschule, war lange Zeit Musiklehrer am Gymnasium Gars und ist nach seiner Pension wieder nach Rosenheim zurückgekehrt. Von 1986 bis 2004 bereicherte er als Vorsitzender des Tonkünstlerverbandes Südostbayern das Konzertleben in Rosenheim. Jetzt hat er wieder mehr Zeit für seine eigentliche Berufung: das Komponieren. Dafür erhielt er 1981 den Förderpreis der Stadt Rosenheim und 2011 den Sudetendeutschen Kulturpreis für Musik.
73 Werke umfasst aktuell sein Werkverzeichnis, das bislang letzte ist ein „Te Deum“ für Sopran, Tenor und Orgel. Das Opus 1 entstammt dem Jahr 1964, es handelt sich um „Acht gemischte Chöre auf chinesische Gedichte“.
Komposition wollte Prokop eigentlich beim verehrten Günter Bialas studieren, landete aber bei Franz Xaver Lehner. Der brachte ihn „von der Kopfmusik zur Hörmusik“, wie Prokop selber sagt: „Aus Noten wurden Töne.“ Später war Wilhelm Killmayer sein Lehrer; Bialas aber blieb sein „ferneres Vorbild“.
Vier Komponisten zählte er zu seinen maßgeblichen Vorbildern: Francis Poulenc, Frank Martin, Anton Webern und Leoš Janácek. Was schätzt er an ihnen so? Esprit und Eleganz bei Poulenc, noblen Ernst und mitreißende Klanglichkeit bei Martin, das zarte Gespinst der organisch gewachsenen Stimmen bei Webern und berstende Vitalität bei Janácek.
Walther Prokop ist ein Komponist der Kommunikation. Seine Musik richtet sich auf Mitteilsamkeit aus, antwortet auf andere Komponisten, erzählt oder vertont Geschichten, lässt sich von Gedichten und auch bildenden Künstlern anregen und reagiert auf gesellschaftliche und künstlerische Phänomene. Das zeigen schon die Titel einiger Werke: „Attention please, Miss Marple!“ heißt eine der „Drei Stories für Klavier zu vier Händen“, „Adieu à Germaine Tailleferre“ ein Stück für Klavier solo, ganz modern erscheinen die „Fünf Emails an Francis Poulenc“.
In „‘Good Morning, Mr. Morley!‘ Vier elisabethanische Miniaturen für Orchester“ verarbeitet er Lautenstücke aus der englischen Renaissance von Thomas Morley. Es handelt sich um farbenfrohe Musik mit ironischem Augenzwinkern und fröhlicher Grundhaltung.
Das meiste aber schrieb er für die menschliche Stimme: Fünf Messen, ein „Stabat Mater“ und ein „Ave Maria“ komponierte Prokop und vertonte viele Lieder, bei denen man seine tiefe Liebe zur Literatur spürt: Etwa „Suleika – zwölf Lieder aus dem West-Östlichen Divan“ von Goethe, „Lob des Weines – sieben Gedichte von Georg Britting“ oder die sonnenglühenden „Lieder der Liebe“ auf Gedichte von Odysseas Elytis. „Der Text stiftet Zusammenhang, schafft eine zusätzliche Verständnisebene“, begründet Prokop seine Vorliebe für Lyrik-Vertonungen.
Schon 1983 hatte der damalige Musikkritiker Klaus-Jörg Schönmetzler geschrieben: „Walther Prokop macht der Lust am Musizieren sehr reelle Angebote. Er macht Mut zu neuer Musik“. Man möchte Walther Prokop noch viel Zeit für viel Mut zu viel neuer Musik wünschen.