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Ein philosophisch-poetischer Blick auf das Unterrichten

Untertitel
Über das Buch „Deine Musik bewegt“ mit Anregungen aus dem Unterrichtsalltag von Monika Mandelartz
Publikationsdatum
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Was können wir unseren Schülern beibringen?

Natürlich haben wir ein breites Wissen anzubieten: Spieltechnik, Übemethoden, Griffe und Fingersätze, Klangfarben, Intonation, Agogik, Ausdruck … Doch wie können wir Kinder und Jugendliche wirklich und nachhaltig für Musik begeistern und ihnen diese Form des Ausdrucks liebevoll und ernsthaft zugleich näher bringen? Diese Frage hat sich Monika Mandelartz gestellt. Seit vielen Jahren unterrichtet die studierte Musikerin Harfe, Blockflöte, Cembalo und Ensemblespiel an der Staatlichen Jugendmusikschule in Hamburg, ist Mitglied des DTKV Hamburg und tritt mit ihren drei Instrumenten in diversen Ensembles auf. Zusammen mit ihren Schülern hat sie ein Ensemble gegründet, The Muses’ Fellows, das kürzlich bereits seine zweite CD auf den Markt gebracht hat. Und Monika Mandelartz hat ein Buch unter dem Title „Deine Musik bewegt“ veröffentlicht, in dem sie auf die essenziellen Dinge des Musikmachens und -erlernens eingeht. Sie tut das auf eine sehr achtsame Art und Weise. Gedanken sind hier zusammen gefasst, die sich mit den vielen Facetten kreativer Prozesse beschäftigen. Es sind recht kurze Texte, die in beinahe philosophischer Art und Weise versuchen, das Wesentliche einzufangen.

Musik um uns

„Zunächst übernehmen die Eltern eine Vorbildfunktion. Ihre Unterstützung ist am Anfang von wesentlicher Bedeutung. Denn wenn Kinder damit vertraut sind, dass gesungen wird, ein Instrument gespielt oder Musik aufmerksam verfolgt wird, spüren sie, was Musik bedeuten kann: dass sich mit ihr Stimmungen ausdrücken lassen, dass sie fröhlich oder schläfrig macht, man sich zu ihr bewegen oder am liebsten immer mitsingen möchte.“ (S. 31) Neben diesen Texten sind Schwarz- Weiß-Fotos abgebildet, die Steffen Gottschling im Unterricht von Monika Mandelartz aufgenommen hat: ein Schüler hochkonzentriert in sein Spiel vertieft, zwei lachende Kinder, die gemeinsam Blockflöte spielen, zwei jüngere Schülerinnen, die ihre Finger für die neuen Blockflötengriffe zu sortieren versuchen, eine nachdenklich in sich hinein lächelnde Jugendliche, eine andere singend am Klavier. Auf manchen ist auch Monika Mandelartz zu sehen, oft im hinteren, unscharfen Teil des Bildes – was auch die Rolle gut widerspiegelt, in der sie sich selbst sieht: Sie möchte für ihre Schüler „weniger Lehrmeisterin, sondern vielmehr Gefährtin und Helferin auf deren musikalischem Weg“ sein. Und so fasst nicht nur Monika Mandelartz ihre Erfahrungen zusammen, sondern lässt in diesem Buch auch ihre Schüler zu Wort kommen: Nina, 13 Jahre, und Christopher, 16 Jahre: „Wenn wir ein neues Stück bekommen, ist es erst einmal schwierig. Unsere Lehrerin hat eine Vorstellung von dem Stück, wir aber nicht. Also müssen wir uns zunächst an dem, was sie sagt orientieren. Das ist die Basis. Wenn wir das Stück ein wenig kennen, entwickeln wir unsere eigenen Vorstellungen. Einige Male haben wir es geschafft, sie mit unserer Art zu spielen zum Staunen zu bringen. Manchmal versteht sie unsere Version aber auch nicht und wir sind es, die ihr das Stück erklären.“ (S. 103) – Svea, 11 Jahre: „Musikschule ist ganz anders als Schule. Wenn wir auf Musikschulfreizeit fahren, merkt man das besonders. Wir sind dann eine Gruppe und alle gleichberechtigt. Weil die Lehrer nicht ‚Aufpasser‘ sind, sind auch alle Schüler vernünftig.“ (S. 107) Alexa, 13 Jahre: „Ich war auf einer Gruppenfreizeit. Einmal konnte ich nicht mehr schlafen und bin ganz früh aufgestanden. Wir waren auf einer Burg und unser Gruppenraum war der Rittersaal. Dort war so früh am Morgen keiner und ich habe ganz für mich Harfe gespielt. Das war unglaublich, richtig berauschend: der tolle Klang in dem großen Raum, die Stille im Haus, die ganze Atmosphäre war faszinierend. Dazu mein eigenes Spiel, das noch nie so gut klang. Ich habe total die Zeit vergessen und wollte gar nicht mehr aufhören.“ (S. 113) Die Texte und Fotos sind Kapiteln zugeordnet: „Der Anfang“, „Der Unterricht“, „Lehrer sein“, „Spielen und Üben“, „Musik und Gefühle“, „Gemeinsam musizieren“, „Für andere musizieren“, um nur einige zu nennen. Innerhalb dieser Kapitel kommen auch Themen wie Wertung, Ehrgeiz, Perfektion zur Sprache, ebenso wie Neugierde, Authentizität, sich auf sein Gefühl verlassen. Manche Texte sind beinahe kleine philosophische Weisheiten wie man sie auch in den Büchern Paulo Coelhos findet, der in geschwungener Sprache über die großen Fragen des Lebens schreibt. Etwas stiller sind Monika Mandelartz’ Texte, die nie länger als zwei Seiten sind. Sie leben davon, in prägnanten Sätzen Atmosphäre einzufangen, Situationen zusammenzufassen, die sowohl Schüler als auch Lehrer kennen und aus dieser Zusammenfassung heraus Anregungen zu geben. Monika Mandelartz erhebt nicht den Anspruch, eine neue Unterrichtsmethode aufzuzeigen, sondern möchte zum Nachdenken anregen. Ihre durch Schülerfotos ergänzten Texte lesen sich beinahe wie eine Art Tagebuch, zumindest wie die poetische Essenz aus jahrzehntelangem Unterrichtsund Musizieralltag.

Mensch und Musik

„Wir Menschen lieben unsere Kinder. Wir begleiten ihr Heranwachsen, geben Hilfestellungen für das Leben, verzeihen Missgeschicke. Trotz aller Professionalisierung im Berufsleben empfinde ich eine tiefe Zuneigung zu jedem meiner einzelnen Schüler. Dies ist die Basis für die individuelle Begleitung ihres musikalischen Weges über viele Jahre hinweg. Wenn es mein Unterrichtsziel ist, Schüler zu befähigen, wesentliche Dinge wie Liebe, Leid, Hoffnung und Trauer durch Musik ausdrücken zu können, dann muss ich auch zeigen, dass diese Gefühle in meinem Leben wesentlich und durch Musik ausdrückbar sind. Unterrichten kann nicht nur aus der ausgefeilten Unterrichtsdidaktik bestehen. Die Basis allen Tuns des Menschen ist die Menschlichkeit, das sich einander Zuwenden. Es wirkt nie alleine die Musik, sondern die Musik zusammen mit dem Menschen, der sie ausübt.“ (S. 107).

 

Buch-Tipp

Das Buch „Deine Musik bewegt“ von Monika Mandelartz ist erschienen im Findling Verlag, 168 Seiten, Festeinband, 21,50 e, ISBN 978-3-933603- 53-1

Die Autorin Chantal Nastasi ist freie Musikjournalistin, auch für den Hörfunk. Die Pianistin und Klavierpädagogin ist Vorstandsmitglied des DTKV Hamburg.

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