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Das Cover zeigt ein Proträt von Ben-Haim. Ein Mann mit Halbglatze im hellen Anzug mit runder Brille.

Komponistinnen und Komponisten in Bayern: Band 68 - Paul Ben-Haim

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Ein zerrissenes Leben

Untertitel
Komponistinnen und Komponisten in Bayern, Band 68: Paul Ben-Haim
Vorspann / Teaser

Dem Leben und Schaffen des jüdischen Komponisten Paul Ben-Haim ist Band 68 der Reihe „Komponistinnen und Komponisten in Bayern“ gewidmet, erschienen ist das Buch im Allitera Verlag und wurde herausgegeben von Franzpeter Messmer. Das sehr umfassend gestaltete Werk enthält alles, was man zur Person eines Komponisten wissen will: einen biografischen Artikel (von Tobias Reichard), einen Bildteil, ein Werkverzeichnis sowie Artikel zu den wichtigsten Werken (von Liran Gurkiewicz, Tobias Reichard und Oliver Fraenzke) und sogar Interviews mit der Hauptperson des Buches.

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Die Zerrissenheit dieses Lebens kommt schon im Namen zum Ausdruck. Der Komponist wurde als Paul Frankenburger in München geboren; er nannte sich später Paul Ben-Haim, als er im Jahre 1933 nach Palästina emigrierte. In den Artikeln zu seinen wichtigsten Werken wird schlüssig nachgezeichnet, auf welche Weise sich seine Hinwendung zum „mediterranen Stil“ vollzog, denn es war Paul Ben-Haim bestimmt, der Vater der Musik Israels zu werden. In zwei ausführlichen Interviews mit Tamar Eden und Jehoash Hirshberg kommt der Komponist selbst zu Wort. Dankenswerterweise wurden diese Gespräche für den gedruckten Text nicht grammatikalisch geglättet – der Leser erhält dadurch einen sehr unmittelbaren Eindruck von jener Person, um die es geht.

Eine musikwissenschaftliche Würdigung seitens mehrerer Autoren darf in solchem Buch natürlich nicht fehlen. Breiten Raum nimmt eine Besprechung des Oratoriums „Joram“ durch Liran Gurkiewicz ein. An diesem großen Werk kristallisieren sich Tragik und Zerrissenheit dieses Lebens heraus. Das Oratorium wurde trotz seiner jüdischen Thematik ursprünglich auf Deutsch komponiert; für Israel wurde später eine hebräische Übersetzung angefertigt. Dieser Weg von der Originalsprache zu Übersetzung allein zeigt die Risse in diesem Leben. Hier wird deutlich, wie ein jüdischer Mitmensch, der eigentlich in der deutschen Sprache und Kultur verwurzelt war, durch eine finstere Politik gezwungen wurde, sich von diesen Wurzeln zu trennen und weit entfernt von diesen völlig neu anzufangen. Das kammermusikalische Schaffen Paul Ben-Haims erfährt ausführliche Würdigung durch zwei Kapitel des Autors Oliver Fraenzke. Der Autor schafft es, dass seine Analysen der Werke nicht über die Köpfe der Leser hinweg gehen. Sie sind sehr gut lesbar und somit brauchbar auch für ein Publikum, das sich nicht dauernd mit musikalischen Analysen beschäftigt. Den Abschluss des Buches bildet ein vom nämlichen Autor geführtes Interview mit der jungen Geigerin Liv Migdal, die das Werk Paul Ben-Haims aus nachschöpferischer Sicht beleuchtet.

Fazit: Band 68 über Paul Ben-Haim bietet einen rundum gelungenen Blick auf Leben und Werk des Künstlers. Auch deshalb, weil kein Aspekt des Komponistenlebens ausgelassen wurde. Der Leser hat nach der Lektüre tatsächlich viel über diesen außergewöhnlichen Künstler erfahren und, was vielleicht noch wichtiger ist: Man wird ausgesprochen neugierig auf Paul Ben-Haims Musik. Dies ist umso erfreulicher, als seinem Werk eine angemessene Würdigung endlich von Herzen zu gönnen wäre; allein insofern erfüllt das Buch einen wichtigen Zweck.

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