In meinem Umfeld agieren viele Musiker*innen, die eine feste Teilzeitstelle an einer Musikschule innehaben und trotzdem regelmäßig Konzerte spielen, komponieren, Performances entwickeln und damit künstlerisch und kreativ höchst aktiv sind.
Eine harmonische Balance finden
Die feste Stelle garantiert eine gewisse finanzielle Stabilität: die Miete ist bezahlt, der Kühlschrank gefüllt. Bei Krankheit ist diese Versorgung weiterhin gewährleistet. Auch die Zahlungen in die Rentenkasse finden weiterhin statt. Die Festanstellung fördert die Freiheit, sich künstlerisch auszuleben. Man muss nicht jede „Mucke“ annehmen, man kann auswählen. Eine Honorarstelle bietet diese Sicherheit nicht. Sie bedeutet Honorarausfall in den Ferien und bei Krankheit.
Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die finanzielle Einstufung der Tätigkeit. Bei kommunalen Musikschulen muss nach Tarif E 9b bezahlt werden. Das ist kein gutes Gehalt und führt auch nicht zu einer üppigen Rente, aber es wäre ein Anfang. Übrigens: Der VdM fordert die Einstufung in E 10 wie in Hamburg.
In Hessen sieht es allerdings ganz anders aus: Viele Musikschulen in Hessen sind vereinsgetragen. e.V.-Musikschulen oder private Musikschulen bieten jetzt Stellen nach einem „Haustarif“ an, der deutlich unter E 9b liegt. Daher ist es unser Anliegen, eine angemessene Bezahlung für unsere hochqualifizierten Lehrkräfte zu fordern. Die Kommunen und das Land müssen ihre Haushalte so aufstellen, dass die Musikschulen und auch alle qualifizierten Anbieter*innen von Musikunterricht eine ausreichende Finanzierung erhalten, um die Lehrkräfte tarifgerecht zu bezahlen.
Die Politiker*innen müssen sich entscheiden, ob sie ein lebendiges Musikleben nur in Sonntagsreden oder auch in der Realität haben wollen. Die Tätigkeiten als Künstlerin, Künstler und als Lehrende treten in einen lebendigen Dialog und befruchten sich gegenseitig. Deshalb muss es auch für Musikschulleitungen wichtig sein, diesen Dialog bei den Lehrkräften zu unterstützen. Konkret bedeutet das: Es müssen von beiden Seiten wohlwollende Absprachen zu Arbeitszeiten und Zusammenhangstätigkeiten getroffen werden. Wenn man den Unterricht verlegen möchte, weil man ein Konzert oder eine Tournee hat oder in einer Theaterproduktion mitwirkt, müssen kreative Lösungen gefunden werden. Arbeitszeitkonten und offene Unterrichtskonzepte für Lernende und Lehrkräfte könnten eine Möglichkeit sein.
Momentan verbindet sich für einige Honorarkräfte der Begriff „Festanstellung“ mit dem Bild von „Leibeigenschaft“. Wenn beispielsweise eine Beschäftigung als Teilzeitkraft an der Musikschule eine weitere Tätigkeit als Ensembleleitung in einem Verein ausschließt, oder Über- und Mehrarbeit sowie Wochenend-, Sonn- und Feiertagsarbeit gefordert wird, kann einem schon angst und bange werden. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften muss hier unbedingt eingefordert werden.
Der Verbleib in der KSK für den freiberuflichen Anteil der Arbeit ist möglich. Dafür muss das Einkommen aus selbständiger Arbeit mindestens 3.900 Euro im Jahr betragen. Ist das Einkommen durch die feste Stelle höher als das erzielte künstlerische Honorar, ist man über die KSK nur noch in der Rentenversicherung versichert. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden dann nur für das Einkommen aus der Festanstellung berechnet. Bei der Ausgestaltung der Stellenangebote liegt leider vieles im Argen.
In einigen Bereichen ist es aber auch wichtig und sinnvoll, dass Honorartätigkeiten weiterhin ermöglicht werden: etwa bei einer bereits bestehenden Festanstellung, bis zu einer Stundengrenze von etwa vier Stunden oder bei begrenzten Workshops. Deshalb unterstütze ich die aktuelle Stellungnahme des Deutschen Kulturrates vom 6. Oktober 2024.
Den Kommunen und Ländern muss Zeit gegeben werden, in ihren Haushalten zusätzliche Mittel für kulturelle Bildung einzustellen und diese zu verabschieden. Eine harmonische Balance zwischen einer festen Teilzeitstelle und künstlerischer Tätigkeit ist möglich und führt zu einem erfüllten Leben zwischen Lehre und Kunst.
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