Als Inka Stampfl 1992 zur 1. Vorsitzenden des Tonkünstlerverbandes Bayern und schon ein Jahr später zur Präsidentin des Deutschen Tonkünstlerverbandes gewählt wurde, war das ein Paukenschlag: Sie war jeweils die erste Frau in beiden Ämtern. Ohne Zeit zu verlieren, begann sie mit der Modernisierung des Verbandes. Denn dass für sie Tempo wichtig war, zeigte sie schon durch ihren äußeren Auftritt: Sie reiste gerne auf dem Motorrad oder im Porsche an.
Wie „im Teilchenbeschleuniger“, so Dominik Schweighofer in der Passauer Neuen Presse, war zuvor ihre Karriere verlaufen: Mit 14 wurde sie Jungstudentin am Münchner Konservatorium, mit noch nicht ganz 30 Oberstudienrätin und mit 31 Professorin für Musikpädagogik an der neu gegründeten Universität Passau – damals die jüngste Professorin in Bayern.
Von ihren Studenten forderte die coole Lehrstuhlinhaberin einerseits höchste Leistungen, andererseits pflegte sie einen persönlichen Umgang. Das Musizieren war ihr wichtig. Sie leitete das Hochschulorchester und gründete zusammen mit Joe Viera die Uni Big Band. Neben der Musikpädagogik wirkte sie am Aufbau des neuen Studiengangs Kulturwirtschaft mit, erforschte und lehrte die Verflechtungen zwischen Musik, Wirtschaft und Politik. Sie wurde dadurch zu einer Pionierin der Ausbildung von Musikmanagern.
Inka Stampfl machte ihr Wissen für Gesellschaft und Politik auf vielfältige Weise fruchtbar. 1983 gründete sie den Passauer Tonkünstlerverband und wurde ab 1984 Beisitzerin im Vorstand des Bayerischen Landesverbandes. In den 90er-Jahren gab sie in der Doppelfunktion als Vorsitzende des Bayerischen Landesverbandes und Präsidentin des Deutschen Tonkünstlerverbandes entscheidende Impulse: Nach innen professionalisierte sie die Verbandsarbeit, nach außen trat sie für die Musik in Gesellschaft und Politik mit großem Engagement ein. Sie öffnete den Verband für neue Themen wie Digitalisierung, Globalisierung oder neue Berufsfelder. 1997 veranstaltete sie zum 150-jährigen Jubiläum das erste gesamtdeutsche Musikfestival, dessen Schirmherr der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl war. Mit der Gründung des Bayerischen Kulturrates, dessen erste Präsidentin sie wurde, strebte sie eine starke Vertretung aller Kulturschaffenden und Kulturverbände in Bayern an.
Intensiv setzte sich Inka Stampfl für den Aufbruch in eine neue Zeit ein. Doch mit ihrem Tempo konnten viele nicht mithalten. Auch formierten sich manche Widerstände. 2000 trat sie als Vorsitzende des Bayerischen Landesverbandes, 2004 als Präsidentin des Deutschen Tonkünstlerverbandes zurück. Viele Projekte und Ideen, die sie entwickelt hatte, konnten erst Jahre später realisiert werden und andere harren noch immer ihrer Verwirklichung.
Diese charismatische Musikerin, Musikpädagogin und -politikerin schied allzu früh am 12.06.2022 aus unserer Welt. Das Musikleben hat mit Inka Stampfl eine seiner außergewöhnlichsten Persönlichkeiten verloren.