Banner Full-Size

Es ist gut, ein Zeichen zu setzen

Untertitel
Ein Interview zum Stand der Dinge bei „Jugend musiziert“ 2021
Publikationsdatum
Body

„The Same Procedure as Every Year?” Davon kann, was die Regional- und Landeswettbewerbe von „Jugend musiziert“ angeht, in diesem Jahr wahrlich keine Rede sein. Wir sprachen mit Friederike Haufe – seit 2020 für den DTKV im Projektbeirat von „Jugend musiziert“ – über die mehr als spannenden Vorbereitungen für den diesjährigen Bundeswettbewerb und die Notwendigkeit, weiter von einer Veranstaltung in Präsenz zu träumen ...

neue musikzeitung: Wie ist die Stimmung im Projektbeirat?

Friederike Haufe: Die Stimmung im Beirat ist positiv. Wir alle wünschen uns, dass der Bundeswettbewerb an Pfingsten wie geplant durchgeführt werden kann. Neben der edukatorisch-ethischen Idee für eine musikalische Elite geht es dieses Jahr auch darum, dass „Jugend musiziert“ als immerhin größtes Bundesjugendprojekt überhaupt stattfindet. Es wäre furchtbar, wenn die Teilnehmer*innen ihre vorbereiteten Stücke nicht auch abliefern könnten. Auch das Engagement der Lehrkräfte sollte nicht ins Leere laufen. Viele haben die Zeit, in der andere Freizeitaktivitäten wegen Corona weggefallen sind, gut genutzt. Das Musikmachen im Lockdown hat eine besondere Bedeutung bekommen.

nmz: Wie laufen die Vorbereitung für den Bundeswettbewerb in den Regionen und Ländern?

Haufe: Unterschiedlich ... Der Regionalwettbewerb in Bremen-Mitte zum Beispiel hat zu meiner großen Freude im Februar in Präsenz stattgefunden. Alle waren sehr begeistert, was mich nicht wundert: Die Wichtigkeit von „Jugend musiziert“ bei den Teilnehmenden, Eltern und Lehrkräften ist unglaublich hoch. Die meisten Länder haben aber ihre Regionalwettbewerbe abgesagt und bewerten alle, die sich angemeldet hatten, gleich auf Landesebene. Dabei ist es auch immer noch möglich, dass Landesverbände abspringen und ihre Wettbewerbe ganz ausfallen lassen. Das alles hat natürlich Einfluss auf den Bundeswettbewerb, von dem wir hoffen, dass er zumindest als Hybridveranstaltung wird stattfinden können.

nmz: Haben sich die geänderten Bedingungen des „Corona-Jahrgangs“ auf die Anzahl der Anmeldungen ausgewirkt?

Haufe: Das ist, so wie ich informiert bin, unterschiedlich. Es gibt Beispiele wie in Bremen, wo es beim Regionalwettbewerb in Mitte nur 30 Wertungen gab. Das sind natürlich Zahlen, die sich andere Wettbewerbsorte gar nicht vorstellen können. In Hamburg hingegen gab es teilweise ein Drittel mehr Anmeldungen  als im Jahr zuvor.

nmz: Wie gehen die Verantwortlichen mit den unterschiedlichen Bedingungen um?

Haufe: Unterschiedliche Bedingungen in den Ländern sind bekannt und entsprechen der Normalität. Ich sehe das insbesondere aus Sicht des DTKV kritisch. In Bundesländern mit hohem Anteil an Privatmusikerzieher*innen und den entsprechend hohen DTKV-Mitgliedszahlen ist die Balance zwischen dem VDM und den anderen Trägern von Jugend musiziert ausgeglichener als in den Bundesländern, in denen der Anteil an Privatunterricht eher verschwindend gering ist. In diesem Jahr sieht der Projektbeirat die föderal bedingten Unterschiede mit besonders großer Gelassenheit und Empathie. Trotzdem kann es passieren, dass mehr Teilnehmende als sonst weitergeleitet werden, weil ja die wichtige Wertschätzung der Breitenpädagogik im Instrumentalunterricht, für die die Regionalwettbewerbe auch stehen, nicht stattfindet. Und auf der anderen Seite wird womöglich niemand weitergeleitet, wenn z.B. gar kein Landeswettbewerb stattgefunden hat. Der Beirat plädiert deshalb hier für eine Mischung aus Wertschätzung und Augenmaß. Der Bundeswettbewerb sollte nicht an seine organisatorischen Grenzen stoßen, weil zu viele Teilnehmende weitergeleitet wurden. Ich glaube, Gerechtigkeit im profanen Sinn können wir dieses Jahr nicht erwarten, Gerechtigkeit in einem höheren Sinn schon.

nmz: Gerechtigkeit in einem höheren Sinn?

Haufe: Ich denke, dass der Bundeswettbewerb einfach als unglaublich schönes Fest wahrgenommen werden wird. Und wenn er stattgefunden hat, werden alle sehr dankbar sein, dass sie dieses Zeichen haben setzen können.

nmz:  Könnte eine Online- oder Hybridversion von „Jugend musiziert“ das Modell der Zukunft sein?
Haufe: Nein, Live-Musik wird immer Live-Musik bleiben. Aber die Erfahrungen aus der Corona­zeit könnten ein Beispiel für neue, auch internationale Wettbewerbsformen sein. Spannend wird das dann, wenn Wettbewerbsbeiträge live gestreamt werden können. Wozu dann allerdings auch das entsprechende technische Equipment zur Verfügung stehen müsste. Das könnte uns sicherlich neue Formate bescheren.

Interview: Stephanie Schiller

Print-Rubriken
Unterrubrik