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Exzellent, aber unterbezahlt

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Lehrbeauftragte im Fach Musik an Universitäten arbeiten unter dem Existenzminimum
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Seit vielen Jahren setzt sich der Tonkünstlerverband Bayern dafür ein, dass Lehrbeauftragte im Fach Musik eine angemessene Honorierung erhalten. Im Bereich der Musikhochschulen konnten dabei durch die Bundeskonferenz der Lehrbeauftragen an Musikhochschulen Fortschritte erzielt werden.

Doch die Lehrbeauftragten an Universitäten sind von dieser positiven Entwicklung ausgeschlossen. Es konnte zwar plausibel dargelegt werden, dass Lehrbeauftragte an Musikhochschulen eine tragende Aufgabe für die Ausbildung haben. Dagegen werden Lehraufträge an Universitäten eher als eine Imagepflege angesehen: wenn bekannte Persönlichkeiten aus der Wirtschaft an der Universität lehren, wertet das die Universität auf, und umgekehrt: Wer zum Beispiel als Jurist einen Lehrauftrag an einer Universität hat, erhöht damit sein Renommee. Dass diese Lehrbeauftragten unbezahlt oder nur gering bezahlt lehren können, ist nachvollziehbar. Doch im Bereich Musikpädagogik entwickelten sich die Lehrbeauftragten – genauso wie an den Musikhochschulen – zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Lehre: Sie übernehmen den Unterricht in den praktischen Fächern wie Gesang, Klavier und anderen Instrumenten.

Ohne sie wäre die musikpädagogische Ausbildung nicht sicherzustellen – vorausgesetzt man wünscht Grund-, Haupt- und Realschullehrer, die für Musik durch eigenes Musizieren begeistern können. Dass dieser Unterschied zwischen „normalen“ und Musik- Lehrbeauftragten an den Universitäten besteht, muss endlich anerkannt werden.

Dies hat zu einer höchst schiefen Realität geführt: die Lehrbeauftragten im Fach Musik erhalten zum Beispiel an der Universität Erlangen-Nürnberg 22 Euro pro Stunde und müssen als Freiberufler damit auch ihre Sozialabgaben bestreiten. Im Fall von Krankheit oder Schwangerschaft erhalten sie keine Fortzahlung. Doch von den Lehrbeauftragten wird höchste Exzellenz, angemessen dem Niveau einer Universität, erwartet. Dass dies unsozial und nicht der aufwändigen Ausbildung angemessen ist, liegt auf der Hand. Hier wird also eine Ausbildung hoher Qualität auf dem Rücken von Menschen realisiert, die am Anfang ihrer Karriere hofften, über den Lehrauftrag eine feste Stelle zu erhalten und die nun oft Angst haben, um eine Besserstellung zu kämpfen, da sie dann durch Jüngere ersetzt werden könnten. Lehrbeauftragte sind nicht in den Universitätsgremien vertreten. Sie sind also von der Mitgestaltung des Lehrbetriebs ausgeschlossen.

Dieses unfaire System zu ändern, ist nicht einfach. Denn die geringfügige Bezahlung von Lehrbeauftragten spart den Universitäten viel Geld. Allerdings könnte das Fehlen von Lehrbeauftragten den Unterrichtsbetrieb gefährden. Auch könnte dann nicht das Ziel erreicht werden, Singen und Musizieren in den Schulen attraktiver zu machen.

Doch es gibt auch Licht am Ende des Tunnels. Seit Jahren engagieren sich an der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen Musiklehrbeauftragte, allen voran Ingrid Krieger und Wayne Lempke, für eine Besserstellung der Lehrbeauftragten. Zäh und geduldig versuchen sie, Lehrbeauftragte an den verschiedenen bayerischen Universitäten zu vernetzen und Politiker auf dieses drängende Problem aufmerksam zu machen. Eine Hürde wurde nun übersprungen: In Bayern entscheiden die Universitäten autonom über ihre Finanzen. Das Verständnis in den Universitätsgremien für die besonderen Belange der Musik hält sich nämlich sehr in Grenzen. Deshalb ist der unter anderem vom Präsidenten des Bayerischen Musikrats, MdL Dr. Thomas Goppel und vom stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Wissenschaft MdL Oliver Jörg initiierte Landtagsbeschluss vom 16. März 2016 ein wichtiger Schritt: Die Staatsregierung wird aufgefordert, in zukünftigen Verhandlungen sicherzustellen, dass im nächsten Doppelhaushalt 2017/18 zusätzliche Lehrauftragsmittel zweckgebunden den Universitäten zur Verfügung gestellt werden.

Wenn die Universitäten diese zusätzlichen Mittel hoffentlich in ausreichender Höhe erhalten, muss die nächste Hürde genommen werden: Lehrbeauftragte an Universitäten müssen dasselbe Honorar wie an Musikhochschulen bekommen, also statt 22 bis 25 Euro pro Stunde 41 Euro. Sie müssen in die Universitätsgremien eingebunden werden und im Fall von Krankheit und Schwangerschaft müssen faire Lösungen erzielt werden. Der Tonkünstlerverband Bayern appelliert an alle Beteiligten – an die Universitäten, die Staatsregierung und den Landtag –, dass endlich eine faire und tragfähige Lösung verwirklicht wird!

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