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Fragmentarische Melancholie im Jagdfieber

Untertitel
Ein spannungsvoller Abend, der das Publikum im Galopp eroberte
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Am Montag, den 27. Juni, konnte das Publikum in München Werken Heinz Winbecks und seiner Schüler im Rubinsteinsaal lauschen, die meisterhaft vom Leo­pold Mozart Quartett interpretiert wurden.

Zu Anfang schwebten, wie der Titel bereits ankündigt, mit Markus Lehmann-Horns Komposition „Clouds & Fragments“ wolkengleich fragmentarische Melodien durch den Raum. Sanfte Motive in den Geigen wurden gepaart mit tiefen Klängen im Cello, das von Johannes Gutfleisch bravourös gespielt wurde. Vor dem geistigen Auge bewegten sich die Wolken am Himmel, denen durch leichte Pizzicati, Flageoletts und Glissandi noch mehr Ausdruck verliehen wurde. Schnelle atonale Läufe durch alle Stimmen störten diese Idylle; abreißende Linien und fallende Glissandi ließen die Fragmente erahnen. Steigernde Dynamik und affektgeladene Imitationen zeugten von einem fokussierten Zusammenspiel, das in einem ruhigen, trübsinnigen Nichts ein Ende fand.

Das vier Sätze umfassende Streichquartett Nr. 3 mit dem Beinamen „Schumann“ von Tobias PM Schneid folgte. Harmonisch-lyrische Akkorde kombiniert mit rhythmischer Komplexität brachten die Gefühlswelt Schumanns zwischen Wahn und Genialität in den Konzertsaal.
Dynamische Steigerungen schraubten sich mit wilden Läufen in den Geigen, die von Mariko Umae und Aleksandra Manic meisterhaft beherrscht wurden, nach oben. Flageoletts und ein im Spiccato hüpfender Bogen verliehen dem Ganzen noch mehr Intensität. Eine lyrische Solopassage der Viola, der Christian Döring besondere Ausdruckskraft verlieh, gepaart mit crescendierenden erneut aufwärts laufenden Linien ließen den ersten Satz beenden. Der zweite Satz wechselte zwischen harmonischer Melancholie und ungestümer Wildheit hin und her. Das tadellose Zusammenspiel des Leopold Mozart Quartetts war durchweg zu erkennen. Die Präzision der Fingertechnik aller Musiker, verknüpft mit großer Ausdruckskraft, verliehen die besondere Note.

Das „Jagdlied“ des dritten und der „Abgesang“ des vierten Satzes wurden ebenso meisterhaft umgesetzt. Hüpfende Melodik und Pizzicati im Cello machten die Zuhörer förmlich zu einem Teil der Jagdgesellschaft. Eine Besonderheit war der knarzende Klang im „Abgesang“, der durch Drehen des Bogens am Rücken des Instruments erzeugt wurde. Harmonische Klänge wurden durch diesen immer wieder durchbrochen und verbreiteten eine innige und doch düsterhafte Stimmung. Die Begeisterung der Zuschauer zeigte sich in einem unaufhörlichen Beifall.

Der Abend fand mit Heinz Winbecks drittem Streichquartett, dem sogenannten „Jagdquartett“, ein Ende. Königlich schreitende Harmonien wurden von einem fortissimo Tremolo aufgeschreckt und ließen das verfolgte Reh erahnen.

Die Zuhörer fanden sich in einem Jagdgeschehen wieder und wurden mit punktiert davon galoppierenden Rhythmen mitgerissen. Unentwegt und in extremer Dynamik demonstrierten die Musiker ihr Können. So abrupt wie die Jagd begonnen hatte, so plötzlich endete diese und hinterließ ein begeistertes wie staunendes Publikum.
 

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