An der Spezialmusikschule in St. Petersburg werden hochbegabte Kinder zu Profis ausgebildet. Der Andrang ist enorm, ein Vielfaches an Anmeldungen liegt vor als tatsächlich Schüler aufgenommen werden können. Zur Zeit besuchen 450 Schüler die Talentschmiede, allerdings werden höchstens 25 neue aufgenommen. Dabei sind sie die jüngsten aller Musikstudenten, denn in der Regel wechseln die meisten nach elf Jahren auf das Konservatorium. Obwohl es auch in Moskau, Jekaterinburg, Ufa und Nowosibirsk ähnliche Institute gibt, ist die Hochbegabtenschule in Petersburg einzigartig und die älteste von allen.
Am Vormittag findet Allgemeinunterricht für die 7- bis 11-Jährigen statt, von 14 bis 19 Uhr für die höheren Klassen. Üben, Instrumental- und Vokalunterricht, Ensemblespiel und Theoriefächer werden vormittags für die „Großen“ und nachmittags für die Jüngeren gegeben. Auch ein Internat ist der Schule angeschlossen, in dem derzeit 62 auswärtige Schüler untergebracht sind, darunter 25 Koreaner, zwei Japaner und zwei Chinesen.
Von der Krise draußen im Lande bemerken die Schüler wenig. „Es ist paradox“, sagt Walentina Fedosajewa, die Direktorin der Schule, „je schwerer das Dasein, je härter der Existenzkampf wird, desto begabter sind die Kinder; als würde diese schwierige Zeit solche Begabungen geradezu provozieren. Die meisten Eltern sind kaum in der Lage, das Schulgeld zu zahlen. Nur die Elite der ohnehin Hochbegabten erhält Stipendien.
Die Institution an sich steht aber auch chronisch vor der Pleite, das Gebäude ist in einem desolaten Zustand, die Lehrer unterbezahlt, die Instrumente sind kaputt, und die Kinder, die hier studieren, meist bettelarm. Das Kulturministerium in Moskau überweist seinem einstigen Aushängeschild, wenn überhaupt, bestenfalls die Gehälter: 735 Rubel (ungefähr 50 Mark) für die Direktorin, 390 Rubel für die Lehrer, 116 Rubel für die Erzieher im Internat. Manchmal gelingt es, die Gehälter aus anderen Quellen zu erhöhen, jedoch fehlt es am Geld für Instrumente wie zum Beispiel einem weiteren Konzertflügel. Die vorhandenen Instrumente müssten überholt werden: Von 29 Klarinetten wären noch zehn zu retten, von elf Fagotten sind vier irreparabel verloren, und von den 74 Geigen, die das Haus besitzt, sind nur 15 wirklich bespielbar.
Trotzdem arbeiten alle mit großer Freude und viel Engagement – vielleicht gerade deswegen.
Inka Stampfl
Sollten sich in Deutschland Mäzene finden, die dieser Spezialmusikschule für hochbegabte Kinder helfen wollen, können sie ihre Spende richten an die: Gartow Stiftung, Freunde der Musik St. Petersburg, Schulauer Moorweg 25, 22880 Hamburg-Wedel, Tel. und Fax 04103/123 133, Stichwort: Spezialmusikschule, Konto-Nr. 162, BLZ 270 325 00, Bankhaus C.L. Seeliger Wolfenbüttel