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„… für Kenner und Liebhaber …“

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Clavichordkonzert mit Gerald Hambitzer
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Gerald Hambitzer, Professor für Alte Musik an der Musikhochschule in Köln, spielte das dritte Konzert in der Konzertreihe „Klavier, Klavier und nochmals Klavier“ im Musikstudio und Galerie von Gabriele Paqué. Hambitzer benutzte hier ein Clavichord: eine Kopie nach Christian Ernst Friederici (Gera 1765) erbaut von Dietrich Hein.

Das Programm war sehr abwechslungsreich, in sich harmonisch gestaltet und gab einen sehr schönen Überblick in die unterschiedlichen Kompositionsweisen und Charaktere der Familie Bach. Schon der „alte“ Bach liebte das Clavichord sehr und so taten es auch seine Söhne. Zum 300. Geburtstag bildete Carl Philipp Emanuel Bach mit drei Werken aber den Mittelpunkt des Konzertes. Zu Beginn war es für alle Zuhörer eine große Herausforderung, den besonderen und leisen Klang des Clavichords in sich aufzunehmen.

Den Fingern freien Lauf lassen

Zunächst spielte Hambitzer eine Fantasia in F-Dur Wq 57 von C.Ph.E. Bach. Die Fantasia klang wie improvisiert, manchmal etwas zerrissen in der Struktur, die musikalischen Gedanken kamen willkürlich daher und ließen den Fingern freien Lauf. Schon hier zeigte Hambitzer sein Können und bewies, dass er ein hervorragender Clavichordspieler ist, der mit den Besonderheiten und Tücken des Instruments hervorragend umzugehen weiß. Als zweites Stück spielte er eine Suite von Händel in F-Dur (HWV 427) und zeigte bei allen Sätzen ein sehr feines, nuancen- und facettenreiches Spiel.

C.Ph.E. Bach hat als Komponist nicht nur Beethoven in seiner Zeit beeinflusst, sondern auch Haydn, der die von Bach neu herausgebrachten Sonaten sofort studierte. Erst relativ spät ab 1770 war es Bach möglich so zu komponieren, wie es ihm sein Herz sagte, ohne es aus finanziellen Gründen zu müssen, was am Hofe von Friedrich dem Großen nicht der Fall war, da er dort sehr spärlich bezahlt wurde. Erst mit der Anstellung in Hamburg veränderte sich seine finanzielle Situation erheblich und somit auch die Möglichkeiten nach eigenem Gusto zu komponieren. Die Fantasia c-Moll Wq 63/6, ein Werk aus seiner Klavierschule, versah er mit besonderen Spielanweisungen und Fingersätzen. Um dem Spieler noch mehr Freiheiten im Spiel sowie flexible Interpretationsmöglichkeiten zu geben, gibt es keine Taktstriche in dieser Komposition.

Gar lieblich und empfindsam

Ein besonderes Zeichen für die „Bebung“ (ein besonderer Anschlag/ Druck auf die Taste, so dass die Saiten besonders in Schwingung versetzt werden, dem Vibrato ähnlich) findet man auch in diesem Stück. Die Dynamik, das heißt das Laut-und-leise- Spielen sind überaus gut auf diesem Instrument zu hören. Gerade zu Bachs Zeit liebte man das „gar lieblich und empfindsam Instrument“ sehr. Hambitzer spielte diese Fantasia äußerst spannend, mitreißend und präzise. Der Wechsel von ruhigen zu virtuosen Passagen, mal nachdenklich, fragend, akkordhaft fortschreitend und erzählend dargeboten. Dennoch sehr einfühlsam und technisch versiert sowie ruhig und klanglich ausbalanciert im Spiel.

Bemerkenswert wie Hambitzer auch während des Konzertes mit dem Thema „Kadenz“ umging. Nicht viele Spieler beherrschen heutzutage die Kunst der Kadenzierung und zeigen dabei ihr Können im Umgang mit der Improvisation sowie ihr harmonisches Verständnis und ihren Erfindungsreichtum mit ihren melodischen und virtuosen Möglichkeiten.

Hambitzer gelang in diesem Konzert, diese alte Kunst auf besondere Weise wieder aufleben zu lassen. Ein Könner im wahrsten Sinne des Wortes. Als nächstes Werk spielte Hambitzer die Suite in Es-Dur BWV 815 von Johann Sebastian Bach. Auch hier stellte er in den verschiedenen Sätzen die einzelnen Charaktere durch seine Spielfreude, der Artikulation und den besonderen unterschiedlichen Klangmöglichkeiten dieses Instrumentes deutlich heraus. Es war ein Genuss, ihm zuzuhören. Die Fantasia e-Moll von Wilhelm Friedemann Bach war ein weiterer Höhepunkt in diesem Programm. Der älteste Sohn Bachs war nicht so erfolgreich wie sein jüngerer Brüder. Bekannt ist, dass er das Improvisieren besonders liebte. Vielleicht ist das auch mit der Grund, warum relativ wenige Kompositionen von ihm überliefert sind. Er hat natürlich alle neuen Musiktendenzen miterlebt und ist trotzdem/auch dem „Bach’schen“ verbunden geblieben. So ist diese Musik sehr freigeistig, fast unstrukturiert, eine Momentaufnahme der Emotionen. Diese Fantasia ist sehr fragmentarisch in der Kompositionsweise, aufrührerisch, introvertiert, verträumt-erzählerisch, höchst virtuos, eine Klangmalerei der Gefühle. Sie wirkt fast wie ein moderne Komposition. Hambitzer spielt diese Fantasia grandios in der Vielfalt der musikalischen und artikulatorischen Möglichkeiten, die dieses Stück und das Instrument zu bieten haben.

Das letzte Stück, eine Sonate von C.Ph.E. Bach in A-Dur Wq 55/4 beginnt mit einem „Allegro assai“. Schon beim ersten Ton wurde der Zuhörer in den Bann der Musik hineingezogen. Ein Satz mit einem fast orchestralen Klang, den Hambitzer durch sein rhythmisch-tänzerisch- virtuos klangvolles Spiel, vollkommen zum Ausdruck brachte. Der zweite Satz, ein „Poco Adagio“, faszinierte durch die verschiedenen Klangnuancen und eine hervorragende Ausbalancierung der Anschlagstechniken, die Hambitzer wunderbar hörbar werden ließ. Der dritte Satz ein „Allegro“ enthält kompositorisch sehr unterschiedliche Ausdrucksformen, wobei das Thema immer wiederkehrt. Spieler und Zuhörer wird Einiges in diesem Satz abverlangt. Das Publikum war aber am Ende restlos begeistert von dem großartigem Spiel und dem Klang des Instrumentes.

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