Der Berliner Stadtteil Charlottenburg beherbergt derzeit beide großen Berliner Opernhäuser. In unmittelbarer Nähe der im Schiller Theater untergebrachten und – mangels eines neuen Wiederöffnungstermins für das Haus unter den Linden vorerst dort auch verbleibenden Staatsoper – gibt es nunmehr auch einen sehr reizvollen neuen Studio des DTKV Landesverbands Berlin. Eingeweiht als öffentlicher Konzertort wurde die imposante Räumlichkeit am 18. Oktober mit einem Liederabend von Melanie C. Horner.
Inspiriert begleitetet vom portugiesischen Pianisten David Santos, versinnlichte die junge Sopranistin mit geschmeidiger Stimmführung und sauberen Spitzentönen Berlioz’ 1841 vollendetes Opus 7. Gerade in dieser Version mit Klavier – im Gegensatz zur späteren Orchestrierung des Komponisten – wurde der intime Charakter der Minitaturszenen deutlich. Gleichwohl hätte dies die von Berlioz intendierte Aufteilung der Gesänge für Männer- und Frauenstimme noch deutlicher hervorgehoben.
Die sechs vertonten Gedichte von der Dichtungsform der Villanelle über die Topoi Lagune und Friedhof bis hin zur unbekannten Insel, stammen von Theophile Gautier. Im Wagner-Jahr spannt Lyrik dieses Dichters selbstredend den Bogen zu Gautiers schöner, exzentrischer Tochter Judith, Wagners Geliebter in der Entstehungszeit des „Parsifal“.
Berlioz’ Titelgebung der Sammlung ist ein Tribut an sein dichterisches Idol, denn „Nuit d’Été“ ist auch der französische Titel von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“.
All diese Querverweise schwangen durchaus mit beim ersten Konzert in jenem Studio. Die von der Decke bis zum Boden reichenden grauen Samtvorhänge ermöglichen eine differenzierte, aber unbestechliche Akustik für unterschiedliche Kammermusik-Literatur.
Die neu geschaffene Räumlichkeit scheint mir für CD-Aufnahmen optimal geeignet, denn das Studio befindet sich, völlig ungestört von Straßenlärm, zu ebener Erde im Hinterhaus des Anwesens Schillerstraße 64. Erforderliche Nebenräume für Garderobe und ein weiterer separater Raum für die Aufnahmetechnik sind vorhanden. Dass sich dieses Studio auch für Sprachaufnahmen eignen könnte, wurde deutlich bei den leise vorgetragenen, aber ohne Verstärkung gut verständlichen Worten des Pianisten, der dem Publikum nach jeweils zwei Liedern Inhalt und Besonderheit der Kompositionen erläuterte. Die von Melanie C. Horner und David Santos mit großem Einfühlungsvermögen (wenn auch leider nicht auswendig), durchaus differenziert und mit Schwelltönen vorgetragenen Lieder sorgten bei den Anwesenden für viel Zuspruch.
Für künftige CD-Aufnahmen in diesem Konzertsaal bedarf es allerdings eines besseren Flügels als jenem dort derzeit als Leihgabe genutzten Blüthner-Instrumentes.