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Im Zentrum steht der Mensch

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Instrumental- und Gesangspädagogik in Cottbus
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Seit nunmehr 27 Jahren werden Musik­lehrer*innen in Cottbus ausgebildet, und das auf höchstem Niveau. Es ist eines der neuen pädagogischen Institutionen der Nachwendezeit, das beispielhaft ist für umfassende Bildung. Wir sprachen mit der Dekanin des FB 4, Prof. Simone Schröder, renommierte Opernsängerin, verantwortlich auch für die Gesangspädagogik sowie mit Prof. Susanne Ehrhardt, die an der Fakultät Klarinette und Blockflöte unterrichtet, ebenfalls bekannte Musikerin ihrer Sparte.

neue musikzeitung: Die Technische Universität Cottbus  verfügt  mit der Fakultät 4 über ein exzellentes Studienangebot im Fach Musikpädagogik. Seit wann gibt es diesen Studiengang ?
Simone Schröder: Der Studiengang IGP wurde im Wintersemester 1995/96 an der Fachhochschule Lausitz in Cottbus in den Räumlichkeiten des Konservatoriums gegründet. Zum Gründungsdekan wurde Prof. Dr. Tibor Istvánffy bestellt. Nun kann der Studiengang auf eine 27-jährige erfolgreiche Geschichte verweisen, die ihre Spuren nicht nur in Deutschland zeigt.
nmz: Die Fakultät verfügt über drei Standorte: Cottbus, Sachsendorf und Senftenberg. Der Studiengang Instrumental- und Gesangspädagogik IGP) befindet sich von Anfang an in Cottbus-Sachsendorf. Wie ist die Arbeit beziehungsweise Wissensvermittlung  der Dozenten / Studenten  aufgeteilt?
Schröder: Auf dem naturnahen und familiären Campus Sachsendorf liegen die gut ausgestatteten Unterrichts- und Übe-Räume für Einzel- und Kammermusikunterrichte sowie ein Konzertsaal mit 100 Plätzen und zwei Faziolo-Flügeln. Genutzt wird dieser Saal auch für die Orchesterarbeit. Ebenso gibt es ein Labor für Bewegungs- und Theaterarbeit und einen großen Combo-Raum für die Bandarbeit. Auf den anderen Standorten findet Wissensvermittlung in Form von Kinder-, Schüler- und Seniorenuni statt sowie Konzerte in unterschiedlichen Formationen.
nmz: Zur musikpädagogischen Ausbildung gehört in Cottbus auch Wissenschaft und Forschung, um Einsichten aus angrenzenden Disziplinen zu bekommen, zum Beispiel Musikphysiologie, Neue Medien, Berufskunde etcetera. Inwiefern sind diese Fächer für die Ausbildung zum/zur Musikschullehrer*in wichtig?
Schröder: Diese modernen Disziplinen sind bei den Studierenden gut nachgefragt und in der künstlerischen und musikpädagogischen Ausbildung unabdingbar. Neben der anwendungsbezogenen Vernetzung musikpädagogischer, musiktheoretischer und musikwissenschaftlicher Perspektiven fußt ein Großteil seiner handlungsorientierten Ansätze auf der fruchtbaren Aufbereitung und Übertragung psychologischer, neurologischer und soziologischer Erkenntnisse zuguns­ten einer möglichst umfassend informierten, künstlerisch-pädagogischen Vermittlungskompetenz.
Das Institut für Instrumental- und Gesangspädagogik bietet neben der grundständigen musiktheoretischen Ausbildung auch einen Schwerpunkt Musiktheorie (SMT) an, der ab dem dritten Studienjahr gewählt werden kann und, das Musikpädagogik-Studium ergänzend, zum Unterrichten der Fächer Musiklehre beziehungsweise Musiktheorie und Gehörbildung an Musikschulen befähigt.
nmz:  Wie hoch ist der Anspruch an künstlerische Leistung auf den Haupt-instrumenten; reicht ein Instrumentalfach?
Schröder: Der Anspruch an künstlerischer Leistung auf den Hauptinstrumenten ist enorm hoch und vielseitig. Alle Studierenden beginnen mit einem Haupt- und einem Nebenfach. Wenn sie im Nebenfach sehr erfolgreich studieren, dürfen sie dieses Instrument oder Gesang zwei weitere Jahre studieren und später Schüler*innen bis zum Mittelstufenabschluss führen.
nmz: Im Lehrplan stehen zudem Orientierungspraktiken, Lehrprobenseminare sowie innovative Kursformate… Wie muss man sich das vorstellen ?
Schröder: Neben der Begleitung eines einführenden Orientierungspraktikums am Konservatorium Cottbus (oder einer anderen frei wählbaren Musikschule) zählen die Lehrprobenseminare im Verlauf der zweiten Studienhälfte zum Herzstück der musikpädagogischen Auseinandersetzung. Hier erhalten die Studierenden die Möglichkeit, Ihre pädagogische Kompetenz anhand von praktischen Lehrproben mit anschließenden Feedbackrunden aufzubauen, zu erweitern und zu verfeinern.
Hinzu kommen praktische Übungen aus den Bereichen Musikphysiologie, Neue Medien, Dirigieren, Improvisation und Berufskunde, durch deren Impulse die Studierenden ihr individuelles Profil weiter ausformen können.
nmz: Ein wichtiger Arbeitsbereich, insbesondere für die Musikschulausbildung dürfte das Verständnis zwischen klassischer Musik und Pop oder Jazz sein. Welchen Stellenwert hat dieses Thema in der Praxis?
Schröder: Das Fachgebiet Musikpädagogik widmet sich in Theorie und Praxis allen wesentlichen Fragen des Lehrens und Lernens von Musik. Im Zentrum seines Interesses steht die Vielfalt klassischer und populärer Musizierformen sowie deren wendige Vermittlung in den unterschiedlichsten instrumental- und gesangspädagogischen Kontexten von Hochschule, Musikschule und Privatunterricht.
nmz: Das Credo der Fakultät 4 heißt: „Im Zentrum steht der Mensch“! Ist dieser Vorsatz maßgebend für die Erweiterung der Musikpädagogikausbildung auch für Kita-Betreuer ? Wird es in diesem Sinne auch bald Musikpädagogik für Senioren, behinderte oder demente Menschen geben?
Schröder: In seiner Betonung von Empathie und Dialog für eine nachhaltige Gestaltung künstlerisch-pädagogischer Lernprozesse fühlt sich der Studiengang IGP dem übergeordneten Credo der Fakultät 4 der BTU Cottbus-Senftenberg tief verbunden: „Im Zentrum steht der Mensch.“
nmz: Wie oft finden Konzerte mit Dozenten und Studenten statt, um auf das hohe Niveau der Ausbildung aufmerksam zu machen? Und wo?
Schröder: Der Konzertbetrieb mit Studierenden, Dozierenden und Gästen nimmt einen breiten Raum ein und wird wöchentlich durch ein Stammpublikum besucht. Auf dem Campusgelände erstrahlt mitten in der Natur ein großer Konzertsaal, der gerade in der dunklen Jahreszeit erleuchtet. In die Stadtmitte-Altstadt geben die Studierenden ebenso ihre Klangbotschaften und ihre Liebe zur Musik weiter.
nmz: Zum Projekt Uruguay: Durch Ihr Engagement, Frau Prof. Ehrhardt, gibt es seit 2018 einen regen Austausch mit dem uruguayischen Jugendorchester  „Des Sodre“.
Susanne Erhardt: Paul Riezler von der uruguayischen Botschaft in Berlin gab den Anstoß, nachdem er sich ein Jahr zuvor mit mir in Berlin getroffen hatte. Die Leitung des Orchesters war auf der Suche nach einem geeigneten Anfangsinstrument, um möglichst viele Schüler auch aus sozial benachteiligten Familien an die Musik heranzuführen. Da fiel die Wahl auf die Blockflöte. Da das Instrument in Uruguay noch äußerst selten gelehrt wird, bat die Leitung des Orchesters mich, das Instrument an Grundschulen des Landes vorzustellen und mit einem Kurs die zukünftigen Lehrer mit der Blockflöte vertraut zu machen. Im Herbst 2018 weilte eine Delegation aus Montevideo unter der Leitung von Claudia Rieiro in Cottbus und hospitierte in verschiedenen Seminaren und Unterrichten.
Im Oktober 2019 war ich ein weiteres Mal in Uruguay und konnte mir über die Fortschritte der Schüler ein Bild verschaffen und Anregungen geben. Für die fortgeschrittenen Studenten hatte ich Altblockflöten und entsprechende Instrumentalschulen mitgebracht. Im Studienjahr 2019/20 hospitierte ein Student aus Montevideo als Gast in Cottbus.
nmz: Die Möglichkeiten, sich in allen Sparten der Musik zu informieren, scheint beispielhaft zu sein. Was macht für Sie die Arbeit an der BTU so interessant?
Erhardt: Alle meine bisherigen Studenten an der BTU waren für ihren zukünftigen Beruf als Musikpädagogen sehr motiviert und alle sind erfolgreich in ihr Berufsleben gestartet. Für mich als Lehrende ist das eine Bestätigung für eine solide Ausbildung. Die deutlich breitere Ausbildung an unserer Einrichtung mit Hauptfach EMP, Neben- und Beifach hat sich in der Praxis bewährt. Die Überschaubarkeit unseres Fachbereichs führt auch dazu, dass sich alle Dozenten persönlicher um die einzelnen Studenten kümmern können.

Die Gespräche führte Adelheid Krause-Pichler.

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