Augsburg. Wo den Komponisten die Trompete zu laut und gleißend spitz wird, die Posaune zu sehr schmettert, das Saxophon wiederum zu wenig „Saft“ geben will, wo andererseits die Tiefe der Tuba unbeweglich knarrt – dort fühlt sich das Euphonium wohl.
Augsburg. Wo den Komponisten die Trompete zu laut und gleißend spitz wird, die Posaune zu sehr schmettert, das Saxophon wiederum zu wenig „Saft“ geben will, wo andererseits die Tiefe der Tuba unbeweglich knarrt – dort fühlt sich das Euphonium wohl.
Wer sonst als der unermüdliche Tüftler Adolphe Sax hat sich um dessen Erfindung (1843) verdient gemacht. In der Familie der Flügelhörner angesiedelt, mit dem Tonumfang der Posaune ausgestattet, hat es seinen Weg in die Brass-Ensembles gefunden, auch Einzug in die Sinfonik gehalten (Holsts „Planeten“, Mahlers Siebte) oder kann für so manche auslegbare „Tuba“-Stimme (Wagner) eingesetzt werden.
Originalliteratur gibt es im zeitgenössischen Schaffen durchaus, wie ein Konzert des Tonkünstlerverbands Augsburg zeigte. Im Pianohaus Hermes & Weger spielte Markus Mikusch mit Johannes Bosch (Klavier) attraktive Musikbonbons, die das Euphonium („schöner Ton“) ins beste Licht rücken Da durfte es in einem klanglichen Zwischenreich singen, poltern, virtuos jagen, in der Tiefe dröhnen, was oft unterschiedlichen (Blas-)Instrumenten zugeteilt ist.
Die Programmauswahl zeigte auch, dass man heute mit dem Euphonium offensichtlich nicht den steinigen Weg avantgardistischer Experimente einschlägt, sondern eher auf Nummer sicher geht: pralle Illustration, fetzige Virtuosität, gefälliger Drive, aufregende Kontrastreize.
Man begann mit dem 72-jährigen rumänischen Filmkomponisten Vladimir Cosma („Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“): Sein Euphonium Concerto gehört zur solistischen Grundausstattung der Euphonium-Spieler. Wie auf Breitwand werden pompöse Themen ausgefaltet, zuckt Flamenco-Rhythmus, gibt es an Ravel/ Mussorgskys „Bydlo“-Passagen erinnernde melancholische Sax-Momente, Triolenkaskaden.
Die „Fantasy“ des Japaners Hiroshi Hoshina (*1936) ist verinnerlichter angelegt; Kadenzen gaben dem wunderbar intonierenden, rhythmisch in sich ruhenden Markus Mikusch Gelegenheit, feinen bluesartigen Sound auszudrücken.
Die „Euphoria“ des Musicalspezialisten Derek Bourgeois (*1941) lebt vom Kontrast aus mechanisch-repetitiven Mustern und schrägen Tonartballungen.
Nach einer Replik ins 19. Jahrhundert, dem arios opernartigen Bravourstück „Cavatine“ von Jules Demersseman (1833–1866), wurde es aufregend: „My Mountain Top“ des walisischen „The Sweet“-Rockmusikers Andy Scott (geb. 1949) schreibt als „Partner“ eine CD vor, in dessen ostinaten Klängen Texte des Underground-Poeten Lemn Sissay auftauchen – halluzinatorische Traumpassagen. Dazu spielte Mikusch genau getimte und präzis notierte Vokalisen.
Ein tolles Gesamtkunstwerk. Zuletzt wurde es hexenmeisterlich: die Tonjagden von Philip Sparke (geb. 1951) „Harlequin“ sind eine Aufgabe für Euphonium-Paganinis, die Markus Mikusch mit hinreißender Bravour meisterte.