Andächtiges, auch ein wenig nervöses Schweigen herrscht unter den Teilnehmern des Meisterkurses für Tuba. Das mag an den durchaus herrschaftlichen Räumen der Hochschule für Musik und Theater liegen oder daran, dass keiner so genau weiß, was ihn erwartet. Denn Meisterkurse für Tuba sind nach wie vor eher eine Seltenheit und auch für die Organisatoren vom Bayerischen Tonkünstlerverband ein Novum.
Doch Kursleiter Andreas Martin Hofmeir begrüßt erst einmal alle Anwesenden per Handschlag und vertreibt mit seiner sympathischen Art im Nu alle Beklommenheit. Auch die Tatsache, dass nur vier aktive Teilnehmer angemeldet sind, bringt ihn nicht aus der Ruhe: Der Tubaspieler an sich sei halt eher gemütlich und scheue sich davor, Ansprüche zu erfüllen. Da wirke der Titel „Meisterkurs“ möglicherweise abschreckend. Zum „Schnupperkurs“ für tiefes Blech am nächsten Tag kommen dann tatsächlich auch fast zwanzig Teilnehmer.
Dass sich Gemütlichkeit und Meisterschaft nicht ausschließen, dafür ist Hofmeir selbst das beste Beispiel, aber auch dafür, dass man mit Gemütlichkeit alleine nicht weit kommt. Gerade bei einem verhältnismäßig jungen Instrument wie der Tuba, deren Unterrichtshistorie wenig mehr als 50 Jahre umfasst, lohnt es sich zu hinterfragen und zu forschen. Denn viele Elemente der Blastechnik wurden einfach etwa von der Trompete auf das tiefe Blech übertragen, ohne die physikalischen Voraussetzungen dafür zu überprüfen. Das funktioniert zwar, klingt aber nicht unbedingt gut. Daher hat sich Hofmeir auf die Suche nach dem „schönen Ton“ gemacht und sich dafür Anregungen oder Vergleichsgrößen bei Streichinstrumenten und Sängern geholt. Herausgekommen ist eine in bestechender Logik hergeleitete, beinahe sängerische Methode, deren „A“ und „O“ – im wahrsten Sinne des Wortes – der möglichst große Resonanzraum im Mundraum und eine besonders aktive Atemtechnik ist. Da Hofmeirs Methode zum Teil in krassem Widerspruch zu dem steht, was von zahlreichen Schulen und Lehrern propagiert wird, ist den Kursteilnehmern die Verwirrung deutlich anzumerken. Auch beim Ausprobieren wird schnell klar: Hofmeirs Methode ist erst einmal sehr ungewohnt – wie alles Neue. Und wie immer tun sich die jungen Kursteilnehmer viel leichter als die Erwachsenen. Nach ein paar Minuten ruft ein zwölfjähriges Mädchen am Tenorhorn triumphierend: „Jetzt hab ich’s kapiert!“ Wenn es doch nur so einfach wäre …!
Wie es klingen kann, wenn man Hofmeirs Methode verinnerlicht hat, zeigt der Tubist bei seinem Abschlusskonzert mit dem Programm: „Besser ohne Worte“, einem Lieder- und Arienabend arrangiert für Tuba und Harfe mit Werken unter anderem von Schumann, Schubert, Wagner und Puccini. Das Programm gibt Hofmeir Gelegenheit, nicht nur sein musikalisches Können zu zeigen, sondern auch seine kabarettistische Ader. Denn da ja der „störende Gesang“ fehlt, führt der Tubist durch das Programm und erläutert ebenso informativ wie amüsant die Hintergründe und Inhalte der Stücke. Es geht um das Thema Liebe in allen Facetten – glücklich, verzweifelt, triebhaft, sehnsüchtig, blind, melancholisch, leidenschaftlich … Während Andreas Mildner an der Harfe meist den Klavierpart übernimmt und ebenso virtuos wie sensibel begleitet, singt, flötet, schmachtet und brilliert Hofmeir auf der Tuba durch alle Register. Das Konzert ist der beste Beweis dafür, dass es sich lohnt, nach dem schönen Ton zu suchen – ganz ohne Worte.