Die Pandemie hat unser gesamtes Leben verändert. Konzerte, Musikunterricht, Studium, Ausbildung, Home-Office, Freizeit und sogar das soziale Miteinander fanden in den letzten Monaten digital statt. Studierende saßen nicht mehr dicht gedrängt in Vorlesungen, sondern besuchten Online-Vorlesungen von zu Hause aus, die Verwaltungen arbeiteten aus dem Home-Office und stimmten sich über Video-Konferenzen ab, Konzerte gab es über vielerlei digitale Kanäle und der Musikunterricht fand über Youtube, Zoom, WhatsApp und andere Plattformen statt.
Wir im Tonkünstlerverband haben tatsächlich einen Digitalisierungsschub erhalten und eine große Umstellung in kürzester Zeit vollzogen. Es war auch entschleunigend, da viele Sitzungen und Besprechungen über die Video-Konferenzen kürzer und effizienter gestaltet werden konnten und lange Bahnfahrten entfielen.
Doch mit den Lockerungen und der schrittweisen Rückkehr zur „normalen“ Arbeitswelt gibt es auch ein Aufatmen. „Endlich wieder eine Präsenzveranstaltung“, so der Originalton unserer Kursteilnehmer*innen, „endlich wieder eine Präsenzberatung“, so der Wortlaut einiger unserer Mitglieder. Sind wir nicht reif für die virtuelle Welt oder was steckt dahinter? Die Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet, sind immens. Wir telefonieren über Skype mit Freunden und der Familie aus der ganzen Welt, wir schreiben SMS und WhatsApp über alle Grenzen, die der Austausch und das Miteinander eigentlich gar nicht mehr kennt. Und doch werden uns mit der Pandemie neue Grenzen aufgezeigt, Einschränkungen werden erlassen und plötzlich können wir in die von uns geliebte Stadt nicht mehr so einfach fahren, da sie zum Risikogebiet erklärt wurde. Es ist fatal. Einerseits sind wir dankbar über die vielen virtuellen Kommunikationsformen, andererseits ersetzen diese nicht den wunderbaren zwischenmenschlichen Austausch. Wir sind starr in der Videokonferenz: Gestik, Mimik und Körperhaltung verlieren an entscheidender Bedeutung. Wir müssen gerade noch schauen, dass zumindest unser Oberkörper ein gutes Erscheinungsbild zeigt, unten können wir rein theoretisch ohne Hosen in der Videokonferenz kommunizieren. Geht es Ihnen nicht ebenso? Wir sehnen uns nach dem gemeinsamen Austausch, nach der Kommunikation mit Händen und Füßen und dem gemeinsamen Kaffeetrinken in der Pause. Bitte denken Sie jetzt nicht, die Geschäftsführerin ist ein Digitalisierungsmuffel. Nein, das bin ich sicher nicht. Dennoch sollten wir uns gut überlegen, wo die Digitalisierung Sinn macht und wo sie für uns neue Welten erschließt. Ich sehe sie als Ergänzung, als Zusatzmedium und teilweise auch als große Entlastung, da uns der streng durchgetaktete Alltag und die Pandemie schließlich zur Zwangs-Entschleunigung drängten und wir neue Kommunikationswege finden mussten. Und dennoch: Sie fehlen mir – auf unseren Veranstaltungen, auf unseren Fortbildungen, in der Beratung und im persönlichen Gespräch. Ich möchte in keiner digitalen Blase leben und freue mich auf jede Lockerung. Bis bald, herzlichst, Ihre Andra Fink, Geschäftsführung