Von Ludwig van Beethovens Lehrer Gottlob Neefe ist die Anekdote überliefert, dass er sich über ein Konzertprogramm wunderte, bei dem bis auf eine Ausnahme nur Werke von bereits verstorbenen Komponisten gespielt wurden.
Heute kann man froh sein, wenn zumindest die gegenteilige Konstellation angetroffen wird. So sehr wir uns alle auf das nun begonnene Beethoven-Jahr und damit auf wunderbare (Wieder-)Begegnungen mit auch unbekannteren Werken freuen, so wichtig ist es zu bemerken, dass eine Beschäftigung mit dem Vergangenen immer auch ein Abgleich mit dem Zeitgenössischen sein sollte. Dabei können ganz neue Erkenntnisse in einem vielfach durchleuchteten Werkkatalog lauern oder gar in ein so wunderbares Projekt wie den „250 Pieces for Beethoven“ der Pianistin Susanne Kessel münden, bei dem sich 250 lebende Komponisten mit Klavierminiaturen dem Großmeister näherten.
Beethovens Werk wäre aber auch ein anderes geworden, wenn seine Musik damals in eine solche Nische gedrängt worden wäre, wie es mit der sogenannten ernsten Musik heute geschieht oder in die sie sich selber verzieht. Umso mehr freut es mich, dass gerade im TKV Bayern beziehungsweise bei den Tonkünstlern München zwei Leuchtturmprojekte angesiedelt sind, die dem zumindest entgegenwirken: Zum einen erschien in diesen Tagen der sechste Band der Reihe „Neue Töne“ für Flöte, der hoffentlich dazu geeignet ist, die Schwellenangst gegenüber der heutigen Musik gerade von Schüler/-innen und Student/-innen zu senken.
Zum anderen bin ich schon jetzt wieder auf unsere jungen Musiker/-innen von Ju[mb]le
gespannt, mit denen wir uns in diesem Jahr unter anderem Mauricio Kagel und Enjott Schneider widmen werden. Und trotz dieser intensiven Beschäftigung mit der neuesten Musik, der pädagogischen Arbeit mit den Kindersinfonikern soll in diesem Jahr auch noch genügend Zeit bleiben, sich dem Jubilar hinzugeben: Eines meiner absoluten Lieblingswerke ist die wundervolle Kantate „Meeresstille und glückliche Fahrt“, die ich Ende Juni zusammen mit dem Werk unseres bayerischen Jubilars Carl Orffs (125. Geburtstag) dirigieren darf.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine allseits „glückliche Fahrt“ durch das Beethoven/Orff/Fauré/Bruch/Muffat-Jahr 2020.
Johannes X. Schachtner, Komponist