Die Arbeitsbedingungen für die Musik an der Thomaskirche sind untragbar und „der Cantor tuet nichts!“ Da reißt Johann Sebastian Bach der Geduldsfaden und er schreibt am 23. August 1730 einen Brandbrief an den Rat der Stadt Leipzig:
„Jedoch ist zu consideriren, daß Sie theils emeriti, theils auch in keinem solchen | exercitio sind, wie es wohl seyn solte.“ Zudem ist den studentischen Aushilfen ein Honorar „succeßive gar entzogen worden, so hat hiemit sich auch die Willfährigkeit der Studiosorum verlohren; Denn wer wird ümsonst arbeiten, oder Dienste thun?“
Zwei Jahre zuvor schon beklagt Johann Mattheson die schwarzen Schafe unter den geschätzten 150 Musiklehrern in Hamburg: „denn es sind gar saubere Vögel und lustige Kumpen darunter, die in einer guten Republick mehr Unheil stiften können, als man meynen sollte. Wer hat die Aufsicht darüber?“ (Johann Mattheson, „Der Musicalische Patriot“, 1728)
Faire Honorare und Musikpädagogik als geschützter Beruf – die unendliche Geschichte: diese Themen führten Mitte des 19. Jahrhunderts zur Gründung der Tonkünstlerverbände. Die Ziele sind bis heute dieselben: Aufführung zeitgenössischer Musik, Auftrittsmöglichkeiten für Interpret*innen, Wertschätzung der Akteure durch gesellschaftliche Anerkennung, angemessene Honorare und soziale Absicherung sowie eine umfassende, qualitätvolle musikalische Ausbildung von Beginn an.
Es hat sich viel getan seither und der Deutsche Tonkünstlerverband mit seinen Gliederungen war hier vielfach initiativ: Künstlersozialkasse, Umsatzsteuerbefreiung, Musikfonds des Bundes, Hilfen in der Pandemie. Jugend musiziert, vor 60 Jahren ins Leben gerufen „als eine Maßnahme gleichermaßen zur Anregung für das eigene Musizieren der Jugend wie zur Förderung des musikalischen Nachwuchses und der Auslese musikalischer Frühbegabungen“.
Nie ist es gelungen, trotz zahlreicher Anläufe, unsere Profession als geschützten Beruf zu etablieren, um Einkommen und Qualität zu gewährleisten... Ersatzweise bemühen wir uns um Honorarleitlinien und Zertifizierung. Ein Stipendiensystem für Schüler*innen könnte soziale Härten abfedern. Selbstverständlich müsste alles besser sein, schneller gehen, umfassender wirken. Letztlich hinken wir immer dem Wünschenswerten hinterher. Aber wir bleiben dran!
Edmund Wächter, 2. Vizepräsident