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Kolumne

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Sommerpause – musikalisch betrachtet
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Jetzt beim Schreiben dieser Kolumne beginnen in Bayern die Ferien, denen seit Wochen viele entgegenfiebern, und wenn Sie diesen Text im September lesen, ist die Sommerpause schon wieder vorbei. Manche von uns fragen sich dann, was sie gebracht hat: Haben sich die Urlaubsträume erfüllt? Ist die Erholung eingetreten? Gehen wir gestärkt in die neue Runde?

Pausen, das wissen wir Musiker am besten, zählen zum Schwierigsten: Wer noch spielt, wenn die Pause schon begonnen hat, oder zu früh weiterspielt, fällt auf und ist blamiert. Auch der Familienurlaub gehört zu den heikelsten Unternehmungen, wie ich jüngst in einer Studie gelesen habe: für ein Drittel aller Eltern in Deutschland ist er offenbar die Hölle.  

Aber wir Musiker wissen auch, dass Pausen wichtig sind; denn um Musik als solche zu erkennen, ist Stille notwendig, wie John Cage in seinem Stück „4’33’’“ demonstrierte: ein Instrumentalist betritt genau 4 Minuten und 33 Sekunden lang die Bühne, ohne zu spielen: plötzlich werden absichtslose Nebengeräusche wie zum Beispiel das Knarren des Holzbodens als „Musik“ empfunden. Ich frage mich, ob mir die Stille der Sommerpause in diesem Jahr helfen wird, Dinge wahrzunehmen, die ich im Arbeitsgetriebe übersehen habe, und ob ich so zu neuen, unerwarteten Erkenntnissen gelange. Jedenfalls bin ich froh auf die Aussicht, dass der rasante Rhythmus des Arbeitsalltags ein Ritardando erfährt und vielleicht ein wenig Zeit besteht, um in aller Ruhe in sich hineinzuhorchen oder sich treiben zu lassen.

Pausen können, wie die Musikwissenschaftlerin Zofia Lissa schrieb, in einem musikalischen Werk unterschiedlichste Funktionen haben: „als Interpunktion, als Aufhaltung der Spannung, als Trugschluss, als Kulmination der Spannungswoge, als Entladung der Spannungsdynamik oder als Erlöschen der klanglichen Bewegung“. Wie auch immer: Wenn Sie beim Lesen dieser Kolumne auf Ihre Sommerpause zurückblicken, dann hoffe ich, dass sie Ihnen geholfen hat, Ihren Weg nun erfrischt weiterzugehen oder guten Muts eine neue Richtung einzuschlagen. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen nach den Ferien einen guten Start.

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