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 Kolumne

Untertitel
Gelbe Violinen, grüne Celli
Publikationsdatum
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Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie machen sich Sorgen um das nächste Klassenvorspiel? Könnte das Programm zu langweilig sein? Oder Ihr neunjähriger Geigenschüler schlecht vorbereitet? Ich habe die Lösung! Machen Sie‘s wie unsere Fernsehanstalten.

Im historischen Saal des Wiener Konzerthauses, erbaut 1913, gibt es ein feines Konzert in der Weihnachtszeit mit Solisten, Chören und Orchester. Christmas in Vienna. Nein, nicht nur Musik, sondern auch Lichtdesign: „Tochter Zion“ in rot. „Schlaf süß“ in lila. „I´m dreaming of a white (!!!) Christmas“ in rosa, lila und blau. Händels „Halleluja” in lila. „Joy of the world“ in rot. Toll.
Dieses lässt sich noch steigern. Übertragung des Silvesterkonzerts der Staatskapelle aus der Dresdner Semperoper: effektreicher Wechsel zwischen weiß und blau, die Köpfe des Publikums in dunkelblau. Wahnsinn. Doch, es gab auch Musik. Steigerungsfähig wäre das Ganze noch gewesen, hätte man dem Dirigenten Herrn Thielemann einen leuchtend gelben Dirigierstab (im Rhythmus blinkend) in die Hand gegeben. Es würde sich auch anbieten, die Violinen gelb zu streichen, die Bratschen orange, die Celli grün und die Kontrabässe blau. Die Blechblasinstrumente bleiben, wie sie sind, denn sie reflektieren so wunderbar diese Kaufhaus- und Kirmesatmosphäre. Oder wie wäre es, die Schuhe der Musiker mit LEDs auszustatten? Besonders passend bei Bruch, Tschaikowsky und Rossini.
Auch das Neujahrskonzert aus dem Musikverein in Wien war bunt, dort allerdings waren es mehrere Tonnen Blumengestecke. Bei der Einweihung der Elbphilharmonie in Hamburg gab`s innen – wie wohltuend – keinen Farbfirlefanz. Dafür außen. Das stört dann aber auch keinen beim Musikgenuss im Saal.
Wie beruhigend, dass Sie solche Spektakel nicht brauchen. Denn Ihre Schüler und Sie selbst sind perfekt vorbereitet, Ihre Musikauswahl ist faszinierend, und das Publikum lässt sich von wunderbaren und berührenden Klängen mitreißen. Nur Musik, das reicht. Darauf kann man vertrauen. Bitte weitersagen an SWR, ZDF, ORF und 3sat.
Damit Sie weiterhin gescheite Verträge bekommen, arbeiten wir an Honorarstandards – in Kooperation mit „Art but fair“ und anderen – und an revidierten Unterrichtsverträgen. Dann kann der Frühling kommen. Der darf sehr bunt sein.

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