Am internationalen Frauentag lud der DTKV Braunschweig ein zum 3. Teil der Reihe „Die Klänge der Frauen“, die sich den extrem vernachlässigten Komponistinnen widmet.
DTKV-Mitglied Claudia Bigos hat sich auf Spurensuche gemacht und ist auf vielfältige Benachteiligungen, die Komponistinnen erfahren mussten und noch erfahren müssen, gestoßen: Sie sollten in erster Linie Hausfrau und Mutter sein, nur zum Zeitvertreib komponieren, oder nur ein Konzert im Jahr, und das nur als Wohltätigkeitsveranstaltung gestalten. In Konzertprogrammen tauchen sie höchst sporadisch auf.
Anders in diesem Konzert: DTKV-Mitglied Claudia Bigos und die Pianistin Rosa Maria Günter stellten sechs Komponistinnen von der Frühromantik bis zur neuen Musik vor.
Emilie Mayer (1812–1883) der „weibliche Beethoven“ konnte sich durch eine Erbschaft ganz der Komposition widmen, schuf ein großes Werk mit Klavier- und Kammermusik sowie acht Sinfonien und eine Faust Ouvertüre. Sie war gut im gesellschaftlichen Leben Berlins etabliert, und ihre Werke wurden europaweit aufgeführt. Bald geriet sie jedoch in Vergessenheit. Leider war das dargebotene Stück „Marcià“ in A-Dur eher belanglos und nicht dazu geeignet, für sich einzunehmen.
Mel Bonis (1858–1937) durfte auf Anraten Cesar Francks am Conservatoire studieren, musste aber das Studium abbrechen, um auf Wunsch der Eltern zu heiraten. Der Spagat zwischen einer Familie mit fünf Stiefkindern, drei eigenen ehelichen, einem in einer Pflegefamilie aufwachsenden unehelichen Kind und dem Komponieren gelang ihr, auch dank des gut situierten Ehemannes, recht gut. So konnte sie viele ihrer Kompositionen verlegen, und die musikpädagogischen Werke warfen auch Gewinn ab. Aus den berühmten „Legendes des femmes“ war „Salomé“ zu hören, mit den sehr tiefen Bässen und der sehr hohen Oberstimme ein ausdrucksstarkes Werk.
Amy Marcy Beach (1867–1944) galt als Wunderkind, das mit 16 mit Moscheles Klavierkonzert debütierte und die erste amerikanische Sinfonie schrieb. Bekannt wurde sie als musikalische Vertreterin auf der Weltausstellung 1893 in Chicago. Das Stück „Morgendrossel“ faszinierte im spätromantischen Stil: Vogelgezwitscher über Quinten.
Lili Boulanger (1893–1918) ist vielleicht die bekannteste unter den Frauen, einerseits familiär privilegiert und gefördert, andererseits durch Krankheit beeinträchtigt. Auf einen Schlag berühmt wurde sie, nachdem sie den legendären Rom-Preis gewonnen hatte. Die Stücke „D’un vieux jardin“, „D’un jardin clair“ und „Cortege“ wechseln auf spannende Weise zwischen avantgardistischen, impressionistischen und französisch spätromantischen Momenten.
Galina Ustvolskaja (1919–2006) lernte und lehrte am St. Petersburger Konservatorium und wurde von ihrem Lehrer Schostakowitsch mehr geschätzt als sie ihn schätzte. Ihr Stil ist vollkommen ungewöhnlich: karg, fast schroff, sie kommt mit sehr wenigen Tönen aus, aber die Spannung zwischen diesen ist atemberaubend! Die „Preludes“ waren in diesem Sinne packend und machten Lust, sich mehr mit dieser Komponistin auseinander zu setzen.
Die Pianistin und Komponistin Barbara Heller (geb. 1936) mit großem Engagement für neue Musik (zeitweise im Vorstand des Darmstädter Institutes für Neue Musik und Musikerziehung) und für Komponistinnen (Serie Frauen komponieren) hat einen eigenen, sehr modernen Stil: Ihr sind die Intervalle wichtig, jedem wird eine Farbe zugeordnet, die Quinte etwa ist gelb, ihre Werke beinhalten auch improvisatorische Elemente, teils notiert sie graphisch. Die Klaviersonatine, aus dem Jahr 2010, atonal und quartenbasiert, war ein Beispiel, wie schön Neue Musik in einer alten Form klingen kann!
Als Pianistin bestach Maria Rosa Günter durch transparentes, lebendiges und jedem Stil vollkommen gerecht werdendes Spiel. Die zahlreich erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer fühlten sich reich beschenkt!
Friederike Leithner, die Autorin des Artikels, ist 1. Vorsitzende der Bezirksgruppe Braunschweing des DTKV Niedersachsen.