Was 2014 als CD-Projekt mit dem Titel „Children’s Corner“ entstehen wird, stellte der Gitarrist Stefan Barcsay nun in mehreren Konzerten vor. Anfang Dezember 2013 erklangen dem Interpreten gewidmete Werke von vier Komponisten, die alle auf ihre Art mit Kindheit oder Jugend in Zusammenhang stehen.
Diese Stücke lassen sich trotz des programmatischen Titels in keine Schublade stecken. Weder sind sie kinderleicht spielbar, noch stellen sie eine „Neue Einfachheit“ vor. Hier spielt Dogmatik keine Rolle mehr, nur noch Qualität. So darf Tonales und Rhythmisches neben Atonalem und Arhythmischem stehen und im Fall der „Fünf Verse“, wie auch der „Fünf neuen Verse“ von Alois Bröder (*1961) in modaler Weise den Bogen zwischen absoluter und konkreter Musik spannen. Inspiriert wurde der Komponist durch die Textsammlung des Anthropologen und Sexualforschers Ernest Bornemann, mit auf Kinderspielplätzen gehörten und aufgeschriebenen Versen.
Diese Verse, oftmals Verballhornungen von Sprüchen Erwachsener, werden von den Kindern noch gar nicht verstanden und deshalb oft ohne Sinnzusammenhang wie Abzählreime skandiert. Diese musikalisierte Sprache interessiert Bröder im Kontrast zur rein-musikalischen Sprache.
In die verträumte Welt der Kinder der ersten vier Teile des Charakterstücks „Vom Kindsein“ des Komponisten und Barcsays Mentor Enjott Schneider (geb. 1950) wünscht man sich zurück, sobald die harschen Schlagklänge des fünften – „...endlich erwachsen“ – erklingen. Mit vielen Spezialtechniken, wie Tapping und Flageoletts fühlt man sich tatsächlich „verzaubert“, „verstört“, „verloren“ und – in die Musik –„verliebt“.
„genauso wie die anderen“ von Stephan Marc Schneider (geb. 1970), war gar nicht genauso wie die anderen sondern das Werk mit der kompositorisch größte Bandbreite. Es wechselt abrupt zwischen polytonalen melischen und von der Spielweise der persischen Tombak abgeleiteten rhythmischen, ornamentalen Abschnitten und vermittelt dadurch einen Eindruck des jugendlichen Dilemmas, Trends und Modeströmungen unbedingt mitmachen zu wollen und sich dennoch von der Masse abzugrenzen. Tatsächlich war der junge Sohn des Komponisten Stichwortgeber für den Titel.
„Pling Plong“ ist gleichzeitig Titel und Soundword eines uraufgeführten Werks für Gitarre und Spieluhr von Johannes F.W. Schneider (geb. 1970). Die Spieluhr, ein kleines Kästchen, durch das per Kurbel gemäß der Komposition gestanzte Papierstreifen gezogen werden und dadurch Metall-Lamellen zum Schwingen gebracht werden, kommt im akustisch perfekten Kirchenraum von Maria Stern in Augsburg fast wie eine Celesta zu Geltung und kann so der Gitarre antworten. Was die Gitarre aber nun an Klangfarbenreichtum bietet, beantwortet die Spieluhr, gespielt vom Komponisten, mit komplexen, auf nichtmechanischen Instrumenten unspielbaren Taktcollagen.
Stefan Barcsay trug die Werke mit gewohnt professioneller Gelassenheit bei höchster Konzentration vor, und baute auch die darüberhinaus hörbare „Spieluhr“, nämlich das feine Gebetläuten des Klosters, gekonnt mit ein, was kontemplativ-beruhigend auf das Publikum wirkte, das im akustisch hochsensiblen Kirchenraum mucksmäuschenstill lauschte.