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 Landesvorsitzende im Interview – Teil 1

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DTKV Mecklenburg-Vorpommern e.V. – Prof. Dr. Hartmut Möller
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Prof. Dr. Hartmut Möller, Vorsitzender des DTKV Mecklenburg-Vorpommern e.V., zur Gründung des Landesverbandes

Anno Blissenbach: Als mit der Deutschen Einheit 1990 in den Neuen Bundesländern die Stunde Null für ostdeutsche Tonkünstlerverbände schlug, begann auf DTKV-Bundesebene die Initiative von Prof. Siegfried Palm (Präsident), Brigitte Gmelin (Justiziarin) und Klaus Obermayer (Bundesgeschäftsführer), hier einen Fünf-Länder-Verband ins Leben zu rufen, mit dem Ziel, aus diesem heraus einzelne DTKV-Landesverbände zu gründen. Da sich der DTKV Mecklenburg-Vorpommern e.V. als fünfter gründete, ist er somit jüngster (und kleinster) DTKV-Landesverband. Was hat Sie, Herr Prof. Dr. Möller, dazu bewegt, den Landesverband zu gründen und seitdem dessen Geschicke als Vorsitzender zu leiten?

 
Hartmut Möller: Den Anstoß zur Gründung des DTKV-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern gab ein Besuch der früheren Präsidentin des Bundesverbandes, Prof. Inka Stampfl (Universität Passau), in der Hochschule für Musik und Theater Rostock (HMT), bei dem sie bei mir – damals Rektor der HMT – für diese Gründung warb. Das war Anfang der 2000er Jahre. Vom musikwissenschaftlichen Institut, das damals noch an der Universität Rostock existierte, kannte ich gut die Lehrbeauftragte Dr. Adelheid Krause-Pichler (Vorsitzende DTKV-Berlin), und sie unterstützte mich dann dankenswerterweise bei den vorbereitenden Schritten zur Vereinsgründung. Sie kam dann auch selber zur Gründungversammlung unseres Landesverbandes am 25. Oktober 2003.
 
Blissenbach: Man kann sich vorstellen, dass diese Gründungshilfe der dann langjährigen Schriftführerin, heute Vizepräsidentin, des DTKV-Bundesverbandes willkommen war, und dass der Aufbau eines Landesverbandes aus dem Nichts heraus harte Kärrnerarbeit ist, insbesondere wenn es keinerlei finanzielle Starthilfen – zum Beispiel institutionelle Förderung aus Landesmitteln – gibt. Welcher Stellenwert kommt in diesem Zusammenhang dem seitherigen Sitz des Landesverbandes an der HMT Rostock zu? Gibt es Synergie-Effekte? Oder kann sich die Hochschulnähe auch gegenteilig auswirken, beispielsweise durch Berührungsängste bei „einfachen“ Musikpädagogen aus dem ländlichen Raum?
 
Möller: Von Anfang an war es uns Gründungsmitgliedern ein wichtiges Anliegen, im Vorstand die Breite der Mitgliedschaft aufzugreifen, so dass zunächst ein festangestellter Mitarbeiter einer Musikschule und zwei überwiegend selbständig tätige Musikpädagogen meine Arbeit ergänzten. Die homepage des Verbandes  http://www.dtkv-mv.de/  ist zum Beispiel ganz alleine von unserem heutigen 2. Vorsitzenden, Gitarristen und Dozenten an der HMT, Andreas Gomoll, entwickelt worden, der auch für die seit Jahren erfolgreichen Theorie-Vorbereitungskurse auf die Eignungsprüfung verantwortlich ist. Nach dem Vorbild von DTKV-Landesverbänden in Bremen und anderen veranstalten wir diese in Kooperation mit unserer Hochschule zwei mal jährlich. Sie sind ein Selbstläufer. Andreas Gomoll und das langjährige Mitglied, Penelope Papathanassiou, betreuen die erfolgreiche Serie der Schülerkonzerte jährlich im Mai in der HMT. Dabei wird dieser Austragungsort von den Mitgliedern nicht nur deshalb bevorzugt, weil er so schön ist und örtlich etwa in der Mitte des großen Bundeslandes liegt, sondern weil sie es für ihre Schüler/innen als Herausforderung ansehen, in einer Hochschule aufzutreten. Noch in zwei weiteren Punkten hat sich die Anbindung an die HMT positiv ausgewirkt: Zum einen gibt es immer wieder Studierende und Kollegen, die sich für die DTKV-Mitgliedschaft interessieren, und zum zweiten ist über die Hochschulkontakte der Weg zum Ministerium doch um einiges erleichtert. Wir haben zum Beispiel 2006 mit dem Bildungsministerium eine „Rahmenvereinigung zur Kooperation allgemeinbildender Schulen und Musikpädagogen im DTKV“ unterzeichnet, die die Zusammenarbeit zwischen unseren freien Musikschulen und den Gymnasien erleichtern sollte, und auch in der Frage der Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten haben wir erfolgreich über das Ministerium auf bestimmte Landkreise, wo es klemmte, einwirken können.
 
Blissenbach: Haben Sie ob der buchstäblichen „Mühen der Ebene“ je gedacht: „Es ist nicht zu schaffen“? Schließlich verteilen sich in dem strukturschwachen Nordostland der Republik nur 1,6 Millionen Menschen auf die Weite von immerhin 23.000 Quadratkilometern, so dass Mecklenburg-Vorpommern mit 71 Einwohnern pro qkm das am dünnsten besiedelte Bundesland ist.
 
Möller: Uns ging es von Anfang an darum, in möglichst sinnvoller Weise die Arbeit unserer DTKV-Mitglieder zu unterstützen. Es ist erklärter Wille der Mitgliederversammlung, den Jahresbeitrag denkbar niedrig zu halten. Dass damit keine großen Sprünge zu machen sind, liegt auf der Hand: Nicht einmal die Reisen zu den bundesweiten DTKV-Organtagungen (Bundesdelegiertenversammlung, Länderkonferenz) sind davon zu finanzieren. Dass es dafür längerfristig keine Unterstützung gibt, mussten wir zur Kenntnis nehmen.
 
Blissenbach: Viel leichter hat man es natürlich in einem Stadtstaat, wie das Beispiel DTKV-Bremen zeigt, welcher den mit weitem Abstand höchsten Organisierungsgrad aller DTKV-Landesverbände im Verhältnis zur Einwohnerzahl aufweist. Ist es ein Problem beim Aufbau Ihres Landesverbandes, dass Mecklenburg-Vorpommern nur eine einzige Großstadt hat (Rostock 203.000 Einwohner / einzige Musikhochschule des Landes) aber bereits die Hauptstadt Schwerin (trotz Landtag, Schloss und einzigem Drei-Sparten-Theater des Landes) mit 95.000 Einwohnern lediglich eine – übrigens wunderschöne! – Kleinstadt ist?
 
Möller: Ich glaube, ein strukturelles Problem für den Bedarf nach Unterstützung durch den DTKV liegt auch in einer äußerst positiven Qualität der Förderung der Musikschulen durch das Land: Es unterstützt seine Musikschullandschaft in vergleichsweise großer Intensität, und viele Honorar-Lehrkräfte sehen (noch) nicht die Vorteile, die ihnen eine Mitgliedschaft im DTKV bringen kann. Jedoch: Nach unseren Schülerkonzerten und der entsprechenden Berichterstattung in den Medien gibt es immer wieder aus heiterem Himmel einzelne DTKV-Anmeldungen aus Schwerin, Wismar, Stralsund, Neubrandenburg und so weiter. Auch die Lehrbeauftragten an der HMT nehmen übrigens die bundesweite Lehrbeauftragten-Initiative an den deutschen Musikhochschulen nur vereinzelt zur Kenntnis, trotz großer Medienpräsenz in den letzten Monaten.
 
Blissenbach: Es ist ja ein großes Verdienst des DTKV-Bundesverbandes, diese Initiative mit ins Leben gerufen und ihr eine dauerhafte Plattform geboten zu haben. Wie wichtig war und ist der Rückhalt, den die Existenz einer starken DTKV-Bundesebene Ihrem jungen Landesverband gibt? Ist das hohe Ansehen des DTKV-Bundesverbandes und die Wirksamkeit von dessen Lobby-Arbeit im politischen Berlin bei der Akquise neuer Mitglieder hilfreich?
 
Möller: Wir geben uns im Vorstand große Mühe, an unsere Mitglieder das zu kommunizieren, was wir an entsprechenden Aktivitäten mitbekommen. Aus den Gesprächen bei den Mitgliederversammlungen haben sich in einigen Fällen auch Nachfragen ergeben, die jedes Mal von DTKV-Bundesgeschäftsführerin Elisabeth Herzog bestens betreut wurden. Wir blicken erwartungsvoll in die Zukunft.
 
Blissenbach: Und wie sieht es mit den DTKV-Grundleistungen für die Mitglieder aus, also nmz, kostenlose Rechtsberatung, GEMA-Ermäßigung, Berufshaftpflicht-Versicherung, Homepage, Musiklehrer-Plattform und so weiter: Welchen Stellenwert haben diese Leistungen nach Ihrer Erfahrung dafür, dass neue Mitglieder in den DTKV eintreten?
 
Möller: Die nmz wird von einigen Mitgliedern gerne bestellt, andere können sie zum Beispiel in den Musikschulen, in denen sie auch tätig sind, einsehen. Die Rechtsberatung ist, soweit ich weiß, – anders als in anderen Landesverbänden – bisher noch von keinem unserer Mitglieder in Anspruch genommen worden, ich halte das aber für ein gutes Angebot, ebenso wie die GEMA-Ermäßigung, die gerne genutzt wird. Da die Berufshaftpflicht leider länderweise statt bundesweit organisiert ist, bedeutet sie für das einzelne Mitglied eines kleinen DTKV-Landesverbandes wie unserem einen unangemessen hohen Kostenfaktor: Wir wünschen uns – hoffentlich bald – eine entlastende bundesweite Regelung. Bis dahin haben wir zusammen mit dem DTKV-Landesverband Brandenburg eine gemeinsame Lösung gefunden, die sich bestens bewährt hat. Not macht erfinderisch.
 
Blissenbach: Ja, herrschen doch im Land Brandenburg gleichschwierige strukturelle Voraussetzungen für den DTKV, wie in Ihrem Bundesland. Wie gehen Sie da heran, wie gestaltet sich die politische Lobby-Arbeit des DTKV in der Landeshauptstadt Schwerin, den Kreisen und Kommunen? Und welche Bedeutung hat hierbei die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden der Musik-Branche, wie VdM, bdpm, VDS oder Landesmusikrat?
 
Möller: Mit dem Kultusministerium in Schwerin bestehen gute Kontakte, sichtbar auch an der mehrmaligen Unterstützung unseres Modellprojektes „Musikarawane“ an ländlichen Schulen (nmz 6/09, S. 45). Inzwischen reicht dafür das Geld im Land leider nicht mehr, aber wir denken gerne an die Unterstützung auch der beteilig-ten Landkreise Ludwigslust und Vorpommern zurück. Mit dem Verband der Musikschulen und dem Schulmusiker-Verband bestehen langjährige gute Kontakte, mit beiden arbeiten wir auch im Landesmusikrat gut zusammen. Besonders eng und vertrauensvoll ist auch die langjährige Zusammenarbeit mit dem NDR Schwerin, der im Rahmen der NDR-Orchesterförderung unseren jährlichen Meisterkurs mit David Geringas auf Schloss Stolpe, Insel Usedom, maßgeblich fördert, in Kooperation mit  dem Usedomer Musikfestival und seinem Intendanten Thomas Hummel.
 
Blissenbach: Und wie bewerten Sie in dem Zusammenhang das auf Bundesebene zu beobachtende Zusammenrücken der Verbände? Stichwort „Lübecker Erklärung“ von VdM / VDS / AfS oder die jüngste Erklärung von DTKV und VdM, künftig bei gemeinsamen Interessen in verbandspolitischen Fragen mit gemeinsamen Verlautbarungen an die Öffentlichkeit treten zu wollen?
 
Möller: Das sind beides Signale in höchst erfreuliche Richtungen der Zusammenarbeit, die schnellstens mit konkreten Inhalten gefüllt werden sollten. Ich bin gespannt!
 
Blissenbach: Und die Zusammenarbeit mit den geografisch angrenzenden Nachbar-Tonkünstlerverbänden?
 
Möller: Über die gute Zusammenarbeit mit Brandenburg sprachen wir bereits, auch manchen Gedankenaustausch mit den Landesvorsitzenden der benachbarten DTKV-Verbände Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein schätze ich. Mit Dänemark, Polen und Schweden Kontakt aufzunehmen, würde von einer Hochschule aus, die Mitglied der „Baltic  Academies of Music“ ist, also aller Musikhochschulen rund um die Ostsee, geöffnete Türen finden. 
Nur hier wie dort: vieles ist denk- und  wünschbar, aber was können wir im Rahmen unserer ehrenamtlichen Möglichkeiten realisieren?
 
Blissenbach: Vielen Dank für das Gespräch.
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